Gruppenfoto auf dem Grillplatz: Ein wegen Terrorverdachtes Angeklagter will alle Polizeifotos und -videos offengelegt wissen. Die Landesregierung sperrt sich dagegen – und kritisiert Polizeigewerkschaften, weil die sich gegen eine unwissenschaftliche Extremismus-Studie sperren. Foto: StN/StN

Baden-Württembergs Landesregierung bekämpft Extremismus besser mit transparenten Ermittlungen als Gewerkschaften zu kritisieren, kommentiert Franz Feyder.

Das baden-württembergische Innenministerium sperrt für das laufende Gerichtsverfahren Videos und Fotos, die Polizisten bei ihren Ermittlungen gegen die mutmaßliche Rechtsterrorgruppe S. gemacht haben. Zur selben Zeit regt sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann darüber auf, dass die Gewerkschaften der Polizei sich einer „Studie“ verwehren, mit der Motivation, Einstellungen und Gewalt im Alltag von Polizisten untersucht werden sollen. Im Kern geht es hier auch darum, extremistische Strömungen in der Polizei erfassen zu wollen. Abgesehen davon, dass vor allem Journalisten dazu neigen, jeden Aufsatz eines Wissenschaftlers, jede irgendwie formulierte Hypothese zu einer „Studie“ hochzustilisieren: Der methodische Ansatz der Deutschen Polizeihochschule für ihre Untersuchung ist aus wissenschaftlicher Sicht mehr als zu hinterfragen. Das haben die baden-württembergischen Polizeigewerkschaften getan, der wissenschaftlich ausgebildete Landesvater offenbar nicht.

Es taugt nicht automatisch alles im Kampf gegen rechts, gegen Extremismus generell, was sich selbst so betitelt. Im Kampf gegen Extremismus tragen aber zweifelsohne jene Observationsfotos bei, die das Innenministerium Baden-Württembergs sperrt. Gerade in einer Phase des sehr komplexen Terror-Gerichtsverfahrens, in der unvermittelt ein mutmaßlicher V-Mann im unmittelbaren Umfeld der Männer auftaucht, denen vorgeworfen wird, sie hätten Moscheen überfallen, Politiker ermorden, einen Bürgerkrieg anzetteln wollen. Zur Sperrerklärung seines Innenressorts aber schweigt der Ministerpräsident.

Dass unabhängige Richter Angeklagte freisprechen könnten, weil Sperrerklärungen Zweifel an deren Schuld begründen oder zumindest nähren, scheint sich Politik und Sicherheitsbehörden nicht zu erschließen. Ob mit den zurückgehaltenen Fotos, Videos und Tonaufnahmen wirklich Einsatzgrundsätze der Polizei – und damit das Wohl des Bundeslandes – geschützt werden, ist mehr als fraglich. Deshalb ist Baden-Württembergs Landesregierung besser beraten, Ermittlungsergebnisse ihrer Behörden für Gerichtsverfahren offenzulegen, als polternd gegen Gewerkschaften auszukeilen.