Der Aufwand für die Trinkwasserversorgung in Stuttgart ist groß. Hier der Hochbehälter Hasenbergsteige. Foto: Netze BW

Die Stadt will das Trinkwassernetz von der EnBW zurückkaufen. Nun aber erst 2042? Im Gemeinderat gibt es Streit.

Der von Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU) beworbene Kompromiss mit dem Energiekonzern EnBW über das Eigentum am Trinkwassernetz überzeugt die Mehrheit des Gemeinderats bislang nicht. Die SPD lehnt die Einigung nach neun Jahren Gerichtsstreit (bisher ohne Urteil) rigoros ab, das Linksbündnis zeigt sich deutlich reserviert. Nach der nichtöffentlichen Einbringung der Vertragsinhalte im Rat sind laut Grünen und der Fraktion Puls entscheidende Fragen ungeklärt. Einig ist sich das Gremium in der Zielsetzung, die ein Bürgerbegehren aufnimmt: Das zur Jahrtausendwende im Zusammenhang mit Aktienverkäufen an die EnBW übergegangene Netz soll zurück an die Stadt.

132 Millionen Euro trennten die Streitparteien

Ende 2020 hatte das Landgericht, vor dem die Stadt klagt, 348 Millionen Euro als Kaufpreis für das Wassernetz angesetzt. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Stadt einen neuen Wasserbetrieb steuersparend unter dem Dach ihrer SVV-Holding (Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft) platzieren könnte. Die 348 Millionen seien der „subjektive Ertragswert“, stellte Richter Bernd Schendzielorz fest und riet zur Einigung. Da die EnBW auf 480 Millionen pochte, trat das Verfahren weiter auf der Stelle.

Wäre die Einigung 2042 rechtssicher?

Nun soll die EnBW das Netz offiziell durch eine von der Stadt neu vergebene Konzession noch 20 Jahre betreiben, der Konzern räumt der Kommune 2042 ein Vorkaufsrecht ein, den Preis solle ein dann gemeinsam bestellter Wirtschaftsprüfer ermitteln. Obendrein streicht die EnBW die von ihr erhobene Forderung von 40 Millionen für Löschwasser.

„Ob ein Verkauf an die Stadt wirklich rechtssicher gestaltet werden kann, ist offen“, sagt Petra Rühle, Fraktionschefin der Grünen. Man brauche „ausreichend Zeit und vor allem Informationen“, um entscheiden zu können. Antworten, die die Verwaltung bisher geliefert habe, reichten „bei Weitem nicht aus“. Natürlich gehöre das Netz in kommunale Hand, so Rühle. Aber stellt Noppers Roadmap das sicher? Das sei „genauso fraglich wie der Ausgang des Rechtsstreits mit der EnBW“.

Bereits in zwei Wochen soll entschieden werden

Der von Nopper und der EnBW gemeinsam präsentierte Vorschlag bedeute „den Konflikt um 20 Jahre zu schieben, in dieser Zeit kann aber an vielen Stellschrauben gedreht werden“, sagt Christoph Ozasek von der Faktion Puls. Bei der jährlichen Preisfindung für das Trinkwasser zum Beispiel solle die Stadt der EnBW den höchstmöglichen Aufschlag zubilligen. Dadurch steige der ominöse subjektive Ertragswert mit Zinseszinseffekt. Am Ende koste die Infrastruktur eine Milliarde, befürchtet Ozasek. Und das Land, das 46,75 Prozent an der EnBW auf Pump erworben hat, werde für Zins und Tilgung auf gute Erträge pochen. Auch würden in 20 Jahren „nicht betriebsnotwendige Grundstücke“ vom Verkauf an die Stadt ausgenommen. Um welche Flächen geht es? Der Gemeinderat, sagt Ozasek, habe der Verwaltung kein Mandat für diese Einigung erteilt. Letztlich sei die Frage, ob man sich von Nopper und der EnBW so unter Zeitdruck setzen lassen solle. Am 14. Dezember soll das Wasserthema erstmals öffentlich aufgerufen werden. Bereits am 15. Dezember soll der Gemeinderat abstimmen.