Die Fahnen (hier geschwenkt von SSB-Angestellten in Stuttgart) können wieder eingerollt werden – der Tarifstreit im baden-württembergischen Nahverkehr ist zu Ende. Foto: dpa/Marijan Murat

Die Gewerkschaft Verdi einigt sich mit den kommunalen Arbeitgebern in Baden-Württemberg auf ein Tarifpaket. Von den ursprünglich weitreichenden Zielen musste sie sich – auch wegen der erhöhten Corona-Gefahren – allerdings verabschieden.

Stuttgart - Die Gewerkschaft Verdi und der kommunale Arbeitgeberverband (KAV) haben sich in zweitägigen Verhandlungen auf eine Tariflösung für den Nahverkehr in Baden-Württemberg geeinigt. Weitere Streiks im ÖPNV sind damit erst einmal gebannt.

Konkret wurde die Übernahme des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst vom vorigen Wochenende vereinbart. Insbesondere die Corona-Prämie von bis zu 600 Euro wurde übernommen, so dass sie nun für alle Fahrer und fast alle Werkstattbeschäftigten gilt. Damit erhalten die Beschäftigten noch in diesem Jahr eine steuer- und abgabenfreie Sonderzahlung, ebenso das volle Weihnachtsgeld. Zudem wird das Urlaubsgeld um 120 Euro erhöht, und von 2022 an wird ein sogenannter Entlastungstag bei mehr als zehn Jahren Betriebszugehörigkeit eingeführt.

In gut zwei Jahren soll ein neuer Anlauf erfolgen

Der Verdi-Verhandlungsführer Andreas Schackert sieht den Tarifabschluss als „ersten Schritt“ hin zu besseren Arbeitsbedingungen. „Die für einen Manteltarifvertrag sehr kurze Laufzeit gibt uns schon in gut zwei Jahren die Chance, dann hoffentlich ohne Pandemiebedingungen den notwendigen zweiten Schritt zu machen.“ Dass die Arbeitgeber mit dem Corona-Argument versucht hätten, Beschäftigte und Bevölkerung gegeneinander auszuspielen habe die Tarifrunde erheblich belastet.

Verdi sei trotz der Pandemie mit Forderungen wie der Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 35 Stunden, der Einführung von fünf zusätzlichen Entlastungstagen pro Kalenderjahr, der Festsetzung eines Weihnachts- und eines Urlaubsgelds in Höhe von 100 Prozent des individuellen Monatsgehalts sowie mit weiteren Forderungen angetreten, kritisierten die kommunalen Arbeitgeber. Entsprechend zufrieden reagierten sie nun auf den Kompromiss. „Damit wird den Nahverkehrsbetrieben die notwendige Zeit gegeben, sich schrittweise von den einschneidenden pandemiebedingten Fahrgastrückgängen und massiven Einnahmeverlusten in der Pandemie wieder erholen zu können“, hieß es am Sonntag.

Verdi musste den Rückzug antreten

Verdi musste infolge der vielstimmigen öffentlichen Kritik an den Nahverkehrsstreiks in Corona-Zeiten, aber auch wegen der heiklen Wirtschaftslage der kommunalen Betriebe von den weitreichenden Zielen Abstand nehmen und rascher als geplant auf Einigungskurs einschwenken. Auch auf dem juristischen Weg hatten die Arbeitgeber stellenweise Druck gemacht, um Ausstände zu verhindern. In Baden-Württemberg gilt der Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N) für rund 6400 Beschäftigte in sieben kommunalen Verkehrsbetrieben in Stuttgart, Karlsruhe, Baden-Baden, Freiburg, Konstanz, Esslingen und Heilbronn.