Die Bläserakademie Baden-Württemberg richtet sich mit einem Angebot im Plochinger Musikzentrum ausdrücklich an ältere Menschen. Das Interesse an dem dreitägigen Seminar „Tage der Seniorenmusik“ ist so groß, dass nicht alle einen Platz bekommen.
Ein langes Leben bei guter Gesundheit – wer wünscht sich das nicht? Sport zu treiben, ist hierbei ein wichtiger Faktor, doch auch kreatives Tun ist für Seniorinnen und Senioren von essenzieller Bedeutung. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem aktiven Musizieren zu: Das Spielen eines Instruments wirkt sich auf die Gesundheit im Alter in vielfacher Form positiv aus.
Hier setzt die Bläserakademie Baden-Württemberg an, die im Plochinger Musikzentrum beheimatet ist und sich jetzt mit einem speziellen Angebot ausdrücklich an die älteren Musikerinnen und Musiker der zahlreichen Musikvereine im Südwesten Deutschlands gerichtet hat: Sie bot unter dem Titel „Tage der Seniorenmusik – Blasmusik im besten Alter“ ein dreitägiges Seminar an – das auf großes Interesse stieß.
„Musik ist ein Jungbrunnen für Körper, Geist und Seele“, sagt Heiko Schulze, der Direktor für Musik und Bildung im Plochinger Musikzentrum. Es ist für ihn deshalb ein zentrales Anliegen, in dem vielfältigen Bildungskanon der Bläserakademie regelmäßig Veranstaltungen für die älteren aktiven Mitglieder der Musikvereine anzubieten.
Im Blasmusikverband Baden-Württemberg wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Seniorenblasorchester gegründet, wobei einige sogar auf Kreisverbandsebene organisiert sind. So verwundert es nicht, dass nach der Ausschreibung die Anmeldungen zum Seminar sprudelten. „Wir mussten leider einigen Interessenten absagen, da ansonsten eine sinnvolle Orchesterarbeit nicht möglich gewesen wäre“, sagt Schulze bedauernd.
Mit der Verpflichtung von Ernst Hutter als Seminarleiter gelang dem Akademiedirektor ein Glücksgriff: Der Blasmusikexperte erwies sich als Zugpferd. Der Posaunist, Komponist und Arrangeur ist insbesondere als langjähriger Chef der international gefragten Blasmusikformation „Ernst Hutter & Die Egerländer Musikanten“ bekannt, mit der er im nächsten Jahr auf einer Tournee in 50 Städten die Tradition der Egerländer Blasmusik auf die Bühne bringen wird.
Von dem unermüdlichen Einsatz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist Hutter begeistert. „Es war eine sehr angenehme, wissbegierige und aufnahmebereite Truppe, die auch nach vielen Stunden anstrengender Probenarbeit noch voll mitzog“, zieht der 66-Jährige Bilanz. Die mehr als 40 Blasmusikerinnen und Blasmusiker, die aus einem Umkreis von mehr 100 Kilometern nach Plochingen gekommen waren, seien stark gefordert gewesen. Und sie hätten sich von Probe zu Probe enorm gesteigert. „Wir haben intensiv an der Stilistik der Egerländer Musik gefeilt, aber auch Intonation, die Balance und das saubere Spielen der Phrasenschlüsse standen auf dem Programm“, erzählt der Kursleiter, der auch von den fachlichen Möglichkeiten des Plochinger Musikzentrums begeistert ist.
Umgekehrt kam Hutter bei den Bläserinnen und Bläsern, deren Altersspanne sich zwischen 60 und 85 Jahren bewegte, sehr gut an. Neben der Expertise wurde besonders die Ruhe und sympathische Ausstrahlung des Blasmusikfachmanns geschätzt. „Es waren lehr- und erlebnisreiche Tage“, zog die Flötistin Barbara Kimmich, die in einem Musikverein nahe Rottweil aktiv ist, ein positives Fazit. „Ernst Hutter lebt für die Musik – er hat sein musikantisches Feuer an uns weitergegeben.“ Der Kursleiter habe hervorragend erklärt und den Musikerinnen und Musikern wertvolle Tipps gegeben.
Neben der harten musikalischen Arbeit spielte auch das Gemeinschaftsgefühl eine wichtige Rolle. Es war so gut, dass der Wunsch entstand, sich im nächsten Jahr in einem ähnlichen Kurs wieder zu treffen. Doch zunächst stand am Freitagmorgen das Abschiedskonzert auf dem Programm. Als der letzte Takt des finalen Marsches „Füreinander da“ verklungen war, stand für alle fest: Wir sehen uns wieder.
Musik und Gesundheit
Musizieren
Selbst Musik zu machen, hat auf jeden Menschen einen besonderen Einfluss. Wenn wir Musik machen, werden Körper und Geist spürbar aktiviert. Das Gehirn wird in vielfacher Weise beansprucht, wobei neue Synapsen (Verbindungen der Nervenzellen) gebildet werden. Auch die beim Musizieren wichtige körperliche Feinmotorik wird gestärkt. Darüber hinaus fördert die Zugehörigkeit zu einem Ensemble das Gemeinschaftsgefühl und soziale Bindungen.
Demenz
Musizieren beugt kognitiven Verfallsprozessen vor. Bewegung und Koordination werden dadurch unterstützt und Angstzustände gemildert. Musiktherapie wird auch zur Schmerzlinderung eingesetzt. Bei demenziell erkrankten Menschen können Lieder oder Melodien aus der Jugendzeit emotionale Erinnerungen aktivieren. Regelmäßige musikalische Aktivitäten geben dem Tag zudem Struktur, was für Menschen mit Demenz oft beruhigend ist.
Musikermedizin
Dieses Fachgebiet beschäftigt sich mit den gesundheitlichen Bedürfnissen von Musikerinnen und Musikern. Neben der Hörgesundheit und psychischen Belastungen werden körperliche Probleme wie Sehnenscheidenentzündungen, das Karpaltunnelsyndrom oder Muskelverspannungen therapiert. An mehreren Hochschulen gibt es Spezialambulanzen. Betreuung bietet auch die im Kulturzentrum Schloss Kapfenburg beheimatete Initiative für Musikermedizin.