Stephanie Aeffner im Bundestag. Foto: IMAGO/Political-Moments

Zum Protesttag der Menschen mit Behinderung: Stephanie Aeffner kämpft als Bundestagsabgeordnete für mehr Rechte. Was wünscht sie sich?

Stephanie Aeffner hat lange, blonde Haare, trägt roten Lippenstift und hat ein sympathisches Lächeln. Doch das ist es nicht, was vielen Menschen als erstes an ihr auffällt. Es ist ihr Rollstuhl, in dem die 47-Jährige wegen eines Gendefekts seit 24 Jahren sitzt. Und es ist oft das Einzige, was sie an ihr sehen.

Dabei gibt es so viel mehr, was Stephanie Aeffner ausmacht. Die studierte Sozialarbeiterin engagiert sich seit vielen Jahren für die Grünen und vertritt seit 2021 den Wahlkreis Pforzheim im Bundestag. Als erste Frau im Rollstuhl. Dort ist sie Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales und Berichterstatterin für Sozialpolitik.

Darüber hinaus macht sie sich für die Belange von Menschen mit allen Arten von Behinderung stark. Das wirkt manchmal wie zwangsläufig, gibt Aeffner selbst zu. „Da macht die behinderte Politikerin Behindertenpolitik. Darauf möchte ich nicht reduziert werden“, sagt sie. Denn ihr Rollstuhl für Stephanie Aeffner ursprünglich nicht der Auslöser, in die Politik zu gehen. Sie sei schon immer ein politisch interessierter Mensch gewesen, sagt sie. Besonders Gerechtigkeit sei ihr sehr wichtig.

Keine Einstiegshilfe in der Bahn

Doch nun hat Stephanie Aeffner ihr Thema gefunden – oder das Thema sie. Deswegen ist der heutige 5. Mai ein besonderes Datum für die Grünen-Politikerin: Es ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.

In der Politik ist diese Gleichstellung längst nicht erreicht. Dass natürlich auch Menschen mit Behinderung in der Politik Karriere machen können, darauf müsse hin und wieder aufmerksam gemacht werden, sagt Aeffner. „Normalität haben wir dann, wenn auch mal eine Verteidigungsministerin blind ist“, findet sie. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung hätten eine Behinderung, dennoch seien sie nicht häufig genug in der Politik vertreten. „Nicht die Behinderung ist das Problem, sondern die Welt mit Barrieren“, sagt Aeffner im Gespräch mit dieser Zeitung.

Fehlende Barrierefreiheit bekommt sie in der Ausübung ihres Mandats öfter zu spüren. Das Netzwerken im Plenarsaal des Bundestages sei ein bedeutsamer Teil im politischen Alltag. Doch einfach dazusetzen könne sie sich nicht. „Es gibt genau einen Stuhl, der passend für mich ausgebaut ist“, erklärt die Abgeordnete. Bei Stehempfängen könne sie nur hoffen, dass jemand auf sie zukomme oder sie jemanden am Ärmel zu fassen kriege, berichtet sie. Ihre Mitarbeiter müssten in der Zusammenarbeit nun umdenken. Ab einer bestimmten Uhrzeit gebe es in der Bahn keine Einstiegshilfe mehr. Damit sie noch nach Hause komme, müssen Besprechungen rechtzeitig enden.

„Kannst du das überhaupt?“

Externe Veranstaltungen müssen im Vorfeld gut geplant werden. Wie kommt sie dorthin? Hat die Bühne einen barrierefreien Zugang? Nicht immer ist das der Fall. In solchen Situationen mangele es noch an Bewusstsein für die Bedürfnisse behinderter Menschen. „Das liegt daran, dass unsere Gesellschaft nicht inklusiv denkt“, sagt Stephanie Aeffner.

Auch mit Vorurteilen musste sie schon kämpfen. „Kannst du das überhaupt?“, habe sie zu hören bekommen. So ein Job als Abgeordnete sei sehr anstrengend, sei ihr von Journalisten gesagt worden. Zu einem Politiker ohne Behinderung würde man das nicht sagen, vermutet sie. Es sei auch nicht im Bewusstsein angekommen, dass es bereits jemanden vor ihr gab, der im Rollstuhl saß. „Wolfgang Schäuble wurde nicht als der rollstuhlfahrende Minister gesehen“, sagt die Grünen-Politikerin.

Gleichstellung als Menschenrecht

Zu der Demonstration zum 5. Mai am Brandenburger Tor reist sie nach Berlin. Sie möchte, dass sich Menschen mit Behinderung gesehen und vertreten fühlen. „Menschen mit Behinderung sind auch Teil der Gesellschaft und zahlen auch Steuern“, sagt sie. Zu oft würden diese Menschen von der Politik ignoriert, sagt Aeffner. Das darf nicht so bleiben, findet sie. Schließlich sei Gleichstellung ein Menschenrecht.