Im Brandfall sind die Treppen des Treffpunkts Rotebühlplatz problematisch. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko - Lichtgut/Max Kovalenko

Das Foyer im Treffpunkt Rotebühlplatz war über Jahre eine Bühne für Vereine und Künstler. Aus Brandschutzgründen ist dies nicht mehr möglich. VHS und Stadt ringen um eine Lösung.

StuttgartGerade eben ist die Festmusik zum 100-Jahr-Jubiläum der Volkshochschule (VHS) verklungen, da dringen Misstöne an die Öffentlichkeit. Das Foyer im Treffpunkt Rotebühlplatz darf während des regulären Volkshochschulbetriebs nicht mehr für Veranstaltungen genutzt werden. Im Brandfall, so fürchtet man bei den Ämtern der Stadt, hätten die Besucher dort keinen sicheren Fluchtweg. Das hat Auswirkungen auf geplante Ausstellungen, Börsen und aktuell auch auf den Tag der Kulturen. Er sollte am kommenden Sonntag, 20. Oktober, stattfinden und ist nun ersatzlos gestrichen.

Bisher hat die VHS ihr großzügiges Foyer als Marktplatz und kulturelles Zentrum genutzt. Es ist barrierefrei zu erreichen, liegt mitten in der Stadt und ist groß genug selbst für Veranstaltungen mit Verköstigung, Tanz und Theater. Vor zweieinhalb Jahren gestatteten die Behörden noch die Kinder- und Jugendbuchwochen im Foyer, „Voraussetzung war die Anwesenheit einer Brandwache der Feuerwehr“, so Gudrun Hähnel, eine VHS-Abteilungsleiterin.

Doch seit einer Rauchsimulation im Jahr 2018 halten das Amt für Liegenschaften und Wohnen, Vermieter der Immobilie, und die Ordnungsbehörde Veranstaltungen im Foyer parallel zum Regelbetrieb für nicht genehmigungsfähig. Damals hatte sich gezeigt, dass der Rauch im Brandfall nicht über die Entlüftung der Gebäudedecke abzieht, sondern sich in den Balkonen verfängt und es für die Besucher der oberen Stockwerke keinen rauchfreien, sicheren Fluchtweg geben würde.

Die Leiterin des Baurechtsamts, Kirsten Rickes, bedauert den Verlust der Veranstaltungsfläche. Sie sagt aber auch klipp und klar: „Im Rauch verliert man die Orientierung und nach einem Atemzug das Bewusstsein. Das könnten wir nicht verantworten.“ Ihre Behörde riet deshalb zu den außen angebrachten Fluchttreppen zur Fritz-Elsas-Straße hin, eine der jüngsten Sicherheitsinvestitionen von insgesamt 2,5 Millionen Euro, die seit einer Brandverhütungsschau im Jahr 2008 vorgenommen worden sind. Allerdings, so Rickes, „waren die Fluchttreppen nur auf den Regelbetrieb ausgelegt“. Tummeln sich bei einer Zusatzveranstaltung mehr Menschen im Gebäude, reichten die Kapazitäten der Treppen nicht aus.

Die Treppen sind zudem nur über Büros und Musikräume der oberen Etagen zugänglich. Sonderveranstaltungen genehmigen die Behörden daher nur im Einzelfall und nur, wenn diese Räume nicht belegt sind. Dies wäre am kommenden Sonntag beim lang geplanten Fest der Kulturen der Fall gewesen. Laut Gudrun Hähnel habe die VHS „mit dem Verein Forum der Kulturen nach Lösungen gesucht, damit die Veranstaltung stattfinden kann“. Doch da alle 60 angemeldeten Vereine ihre Info- und Essensstände sowie Bühnen nicht erst am Sonntag, sondern schon am Freitag und Samstag hätten aufbauen und am Montag abbauen müssen, wären die Brandschutzauflagen während dieser Tage nicht erfüllt gewesen. Auch die Suche nach einem Ausweichquartier scheiterte. Wegen der Stuttgart-Nacht an diesem Samstag hatten die Wagenhallen, das Rathaus und die Liederhalle keine Kapazitäten. Der Veranstalter teilt dazu schriftlich mit: „Wir, das Forum der Kulturen Stuttgart als Dachverband der Stuttgarter Migranten(kultur-)vereine, bedauern die Absage sehr. Der Tag der Kulturen war von Anfang an eine bedeutsame Möglichkeit für unsere Vereine, sich und ihr gesellschaftliches und kulturelles Engagement jedes Jahr einem breiten Publikum vorzustellen, sich mit anderen Initiativen und Organisationen zu vernetzen und auszutauschen.“

Eine Absage erhielten außerdem drei Künstlerinnen, die im Rahmen des 100-Jahr-Jubiläums der VHS am 10. Oktober eine Ausstellung zum Thema Kunst des Handwerks geplant hatten. Die Kinder- und Jugendbuchwochen müssen für Frühjahr 2020 ebenfalls ein anderes Domizil suchen, und die Selbsthilfegruppe Kiss hat sich schon abgemeldet. Eine Hoffnung bleibt: Im Zuge fälliger Sanierungen wird laut Kirsten Rickes in den nächsten Jahren auch der Brandschutz aktualisiert.