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Ein Arzt wird in seiner Praxis mit Messerstichen getötet. Der Angreifer bestreitet die Tat, doch die Beweise sind eindeutig. Nun muss der Mann in die Psychiatrie.

Offenburg (dpa/lsw)Der Mann auf der Anklagebank hat während des gesamten Mordprozesses seine Unschuld beteuert. Doch die Beweise und Zeugenaussagen waren eindeutig. Dass der mutmaßlich 27-jährige Asylbewerber aus dem afrikanischen Dschibuti der Täter ist, hat das Landgericht Offenburg am Dienstag in seinem Urteil festgestellt. Zweifel daran gebe es nicht, sagt der Vorsitzende Richter Heinz Walter in der Urteilsbegründung. Der nun Verurteilte habe in Offenburg im vergangenen August einen 52 Jahre alten Allgemeinmediziner mit zahlreichen Messerstichen getötet und eine Arzthelferin verletzt.

Ins Gefängnis muss der Mann, dessen Alter nicht eindeutig geklärt werden konnte, dennoch nicht. Da er unter einer schweren psychischen Krankheit und Wahnvorstellungen leide, sei er nicht schuldfähig, urteilt das Gericht. Es hat ihn daher zwangsweise und auf unbestimmte Dauer in die Psychiatrie eingewiesen - auch weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit sei, wie der Richter betont. Er leide unter einer paranoiden Schizophrenie und Verfolgungswahn. Dies hat ein vom Gericht beauftragtes Gutachten bestätigt. In Freiheit werde der nun Verurteilte erst wieder kommen, wenn jedes Restrisiko ausgeschlossen sei.

"Tat eines Wahnsinnigen"

"Es war die Tat eines Wahnsinnigen, eines kranken Menschen", sagt Walter. "Es war der Wahnsinn, der ihn zu dieser Tat getrieben hat." Einen anderen Grund gebe es nicht. Getroffen habe es einen Unschuldigen, der als Arzt Menschen helfen wollte. Die Bluttat hatte in der mehr als 60.000 Einwohner zählenden Stadt für Unruhe gesorgt und Betroffenheit ausgelöst.

Mit dem Urteil folgt das Gericht den Anträgen des Staatsanwaltes, der drei Vertreter der Nebenkläger sowie den zwei Verteidigern. Die Frage einer psychischen Erkrankung spielte in dem Prozess eine wesentliche Rolle. Die Fakten hingegen, wie sie die Polizei ermittelt hatte, waren durch die Gerichtsverhandlung "in seltener Deutlichkeit" und eindeutig bestätigt worden, wie der Richter bilanziert.

Asylbewerber aus Dschibuti

Der junge Mann, der seit 2015 in Deutschland lebte und sich hier als Asylbewerber legal aufhielt, war demnach Mitte August vergangenen Jahres in die Praxis des Arztes in Offenburg (Ortenaukreis) gestürmt und tötete ihn ohne Vorwarnung mit mindestens 20 Messerstichen in Kopf und Hals. Zudem verletzte er eine Arzthelferin, die den Angriff auf den Mediziner verhindern wollte. Danach flüchtete er. Das Küchenmesser mit der 13 Zentimeter langen Klinge blieb im Bauch des Arztes stecken.

Der Mediziner starb am Tatort. Er sei von dem Angriff überrascht worden und habe keine Chance zur Gegenwehr gehabt, sagt Staatsanwalt Kai Stoffregen. Die Polizei ging Blutspuren am Boden nach. Diese führten laut Gericht vom Tatort zur Wohnung des Mannes. Blut des Arztes klebte an seinem Schuh.

Dem Urteil zufolge wollte er sich für eine aus seiner Sicht fehlerhafte ärztliche Behandlung rächen. Er hatte demnach die Wahnvorstellung, von dem Mediziner bei einer vorangegangenen Blutentnahme vergiftet worden zu sein. Belege für mögliche medizinische Fehler hat das Gericht aber nicht gefunden.

Angeklagter beteuert seine Unschuld

"Ich habe nichts getan. Ich bin unschuldig!, sagt der Mann, als ihm am Dienstag vom Gericht das letzte Wort vor dem Urteil erteilt wird. "Offensichtliche Tatsachen und Beweise will er nicht zur Kenntnis nehmen", sagt der Richter später: "Und er hat nicht den Versuch unternommen, die Tat zu erklären." Das mache es schwer, den gewaltsamen Tod des Mediziners zu verarbeiten.

"Für Hinterbliebene muss es sich anfühlen, wie vor einer unüberwindbaren Mauer zu stehen", sagt der Richter, weil der nun Verurteilte keine Reue gezeigt und keinen Beitrag zur Aufklärung geleistet habe. Die Familie des Getöteten leide. Der Arzt hinterlässt eine Frau und die gemeinsame, zehn Jahre alte Tochter.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die am Prozess Beteiligten haben nach Angaben des Gerichts eine Woche Zeit, Revision einzulegen. Zur Frage, ob sie dieses Rechtsmittel möglicherweise nutzen, wollten sie sich am Dienstag nicht äußern.