Sollte es in diesem Winter zu einem Blackout kommen, hätte dies fatale Folgen für das Land. Foto: IMAGO/Bihlmayerfotografie

Ein paar Minuten ohne Strom lassen sich einfach überbrücken. Was aber, wenn der Strom über Stunden oder Tage ausfällt? Untersuchungen zeigen: Die Prognosen fallen düster aus.

Die Krisenmanagementübung LÜKEX zum Thema Stromausfall 2004 hat gezeigt, was bei einem längeren Stromausfall passieren würde. Mehrere Bundesländer nahmen teil, aus den Erkenntnissen von damals wurden drei Szenarien erstellt. Sie gelten noch heute als aktuell, ebenso wie eine Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) aus dem Jahr 2011, beauftragt vom Bundestag.

Stromausfalldauer: unter acht Stunden

Unter acht Stunden – das klingt fürs Erste kurz. Doch was, wenn man mit fast leerem Tank an der Autobahnraststätte tanken möchte? Oder im Supermarkt an der elektronischen Kasse steht – wenn es grade noch ein Kunde durch die Schiebetür schafft? Was, wenn der Herd sich nicht einschalten lässt, der Wasserkocher nicht funktioniert, die Beleuchtung ausfällt? Die Heizung bleibt kalt, Babynahrung ebenfalls. Ampeln zeigen nichts mehr an. Stadtbahnen und Züge können auf freier Strecke stehen bleiben. Familie, Freunde, Bekannte anrufen und sich gestrandet auf irgendeinem Feld abholen lassen: kaum möglich, denn das Netz wird nicht mehr verfügbar sein. In Industriebetrieben ohne Notstromversorgung steht die Produktion still. Selbst eine Störung der Wasserversorgung hält das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) für denkbar. Die Erklärung ist einfach: Pumpen jener Wasserversorgungsunternehmen, die nicht per Notstrom versorgt werden, fallen aus. Der Wasserdruck sinkt, besonders bei langen Leitungen im ländlichen Raum ist schnell Schluss mit der Versorgung. Selbst wenn noch eine Zeit lang versorgt werden kann: Stehendes Trinkwasser verliert an Qualität, Speicheranlagen können nicht mehr aufgefüllt werden.

„Da Krankenhäuser über eine geeignete Notstromversorgung verfügen müssen, die den Betrieb essenzieller Systeme für 24 Stunden aufrechterhält, bleibt die stationäre medizinische Versorgung in Kernbereichen weitestgehend funktionsfähig“, heißt es in der Publikation „Autarke Notstromversorgung der Bevölkerung“ der BBK. Anders bei niedergelassenen Ärzten oder häuslicher Pflege ohne Notstrom: Elektronische medizinische Geräte fallen aus – darunter lebenswichtige Beatmungsgeräte.

Stromausfalldauer: 8 bis 24 Stunden

Um noch teilweise mit Kraftstoffen zu versorgen, gibt es Schwerpunkttankstellen mit Notstrom und Pumpen. Die Produktion und Kühlung von Arzneien ist kaum noch möglich, Lagerungs- und Kassensysteme der Apotheken fallen aus. Ein weiterer kritischer Punkt: der Ausfall von Toiletten im Haushalt. Milchprodukte und Fleisch im Kühlschrank verderben nach einiger Zeit, Gefrorenes taut langsam auf.

Stromausfalldauer: mehr als 24 Stunden

„Die Wasserversorgung und alle weiteren kritischen Infrastrukturen, die mit Notstromversorgung betrieben wurden, fallen spätestens nach fünf Tagen aus, einige bereits nach zwei Tagen“, warnt das BBK. Begründet wird dies mit dem Mangel an Treibstoff. Die Abwasserentsorgung steht still, die Kanalisation verstopft. Tief gelegene Straßen oder Unterführungen können überflutet werden. Seuchengefahr und Hygieneprobleme drohen. Ärztliche Notdienste sind nur noch eingeschränkt erreichbar. In Krankenhäusern können nach einiger Zeit Kühlanlagen, Klimaanlagen, Aufzüge, Heizungen und Beleuchtung ausfallen.

Tiere in Ställen werden nicht mehr automatisiert mit Futter versorgt, Milchkühe nicht elektrisch gemolken, es fehlt an Wasser, womöglich an Durchlüftung. Gemüse im Gewächshaus wächst ohne Wärme, Bewässerung und Licht nicht weiter. Die Belieferung der Lager des Handels fällt ebenfalls aus, weil Treibstoff fehlt – selbst die Kommunikation zwischen Lieferant und Abnehmer wäre unmöglich.

Das TAB schreibt von Folgen, die einer Katastrophe nahekämen, wie es im Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zum Thema Stromausfall an den Bundestag heißt. Von Sammelverpflegungseinrichtungen ist die Rede, von einzelnen Ausgabestellen für Lebensmittel, von der Ausgabe warmer Mahlzeiten durch Technisches Hilfswerk, Deutsches Rotes Kreuz oder durch die Bundeswehr.

Altenheime oder Dialysezentren müssten geräumt werden, Apotheken könnten keine Arznei mehr ausgeben. „Dramatisch wirken sich Engpässe bei Insulin, Blutkonserven und Dialysierflüssigkeiten aus.“ Das TAB wird deutlich und schreibt mit Blick auf die Krankenhäuser: „Spätestens am Ende der ersten Woche wäre eine Katastrophe zu erwarten, das heißt, die gesundheitliche Schädigung beziehungsweise der Tod sehr vieler Menschen sowie eine mit lokal beziehungsweise regional verfügbaren Mitteln und personellen Kapazitäten nicht mehr zu bewältigende Problemlage.“