Ein Plakat zeigt den syrischen Präsidenten Assad vor einem zerbrochenen Fenster in der Provinz Hama in Zentralsyrien. Foto: AP/dpa/Omar Sanadiki

Ein von Islamisten geführtes Bündnis hat syrische Regierungstruppen aus Aleppo verdrängt. Irans Außenminister sagt Syriens Präsidenten bei einem Treffen Hilfe zu, um gegen die Rebellen vorzugehen.

Nach der Einnahme der Stadt Aleppo durch Rebellen hat Syriens Machthaber Baschar al-Assad den von Islamisten angeführten Kräften den Kampf angesagt.

Assad gibt sich martialisch

Die „Zerschlagung des Terrorismus“ diene der Stabilität und Sicherheit der gesamten Region, sagte Assad nach Angaben der syrischen Präsidentschaft bei einem Treffen mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi in Damaskus.

Irans Außenminister sagte Syrien derweil weiterhin Unterstützung dabei zu. Er warf Israel und den USA vor, hinter dem Vormarsch der Rebellen zu stecken. Der Iran ist neben Russland der wichtigste Verbündete von Assad.

Einem von der Islamistenorganisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) geführtem Bündnis war es gelungen, syrische Regierungstruppen in kürzester Zeit aus der Stadt Aleppo zu verdrängen und am Wochenende die Kontrolle über die Stadt zu übernehmen.


Westen ruft zu Deeskalation auf

Die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben zu einer „Deeskalation“ in Syrien aufgerufen. Angesichts der dschihadistischen Großoffensive gegen die Regierungstruppen forderten sie in einer gemeinsamen Erklärung am Sonntag den Schutz von Zivilisten und Infrastruktur.

„Die aktuelle Eskalation unterstreicht nur die dringende Notwendigkeit einer von Syrien angeführten politischen Lösung des Konflikts“, heißt es in einer vom US-Außenministerium veröffentlichten Mitteilung.

Der syrische Präsident Baschar al-Assad (li.) erhofft sich weitere Militärhilfe von dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Foto: Pool Sputnik Kremlin/AP/Valery Sharifulin/dpa

Hunderte Tote

In Syrien sind bei der Großoffensive dschihadistischer Kämpfer gegen die Regierungstruppen von Machthaber Baschar al-Assad nach Angaben von Aktivisten mittlerweile mehr als 400 Menschen getötet worden. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilt, wurden seit Beginn der Kämpfe und Luftangriffe vor fünf Tagen insgesamt 412 Tote verzeichnet.

Getötet wurden demnach 214 Kämpfer der dschihadistischen Gruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündeter Gruppierungen, 137 Soldaten und andere Kämpfer der Regierungsseite sowie 61 Zivilisten.

Explosion in Aleppo. Foto: Imageslive/Zuma Press Wire/Juma Mohammad/dpa

Islamisten bringen Regime in Bedrängnis

Die Dschihadistengruppe HTS, der syrische Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, und ihre Verbündeten hatten am Mittwoch (27. November) eine überraschende Großoffensive gegen die Streitkräfte der syrischen Regierung gestartet und waren insbesondere auf die zweitgrößte syrische Stadt Aleppo vorgerückt.

Nach Angaben der Beobachtungsstelle verlor die syrische Regierung am Sonntag erstmals seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 vollständig die Kontrolle über Aleppo.

Die Lage im Bürgerkriegsland Syrien. Foto: dpa-Infografik

Rebellen bringen immer mehr Regionen unter ihre Kontrolle

Am Samstag (30. November) hatte auch die syrische Armee bestätigt, dass die Dschihadisten in „große Teile“ von Aleppo einmarschiert seien. Der mit der syrischen Regierung verbündete Iran erklärte, „bewaffnete terroristische Gruppen“ hätten das iranische Konsulat in Aleppo angegriffen.

Vor Beginn ihrer Großoffensive hielten die Dschihadisten der HTS im Norden und Westen Syriens weite Teile der Region Idlib unter ihrer Kontrolle sowie Teile der Nachbarprovinzen Aleppo, Hama und Latakia.

Die Dschihadisten nahmen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge neben Aleppo „dutzende“ strategisch bedeutende Orte in den Provinzen Idlib und Hama ein, auch dort seien sie auf „keinerlei“ Widerstand gestoßen.

Bewaffnete syrische Oppositionskämpfer stellen ihre Füße auf ein Plakat mit einem Foto des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, nachdem sie die Stadt Kafr Naya in der Umgebung von Aleppo unter ihre Kontrolle gebracht haben. Foto: dpa/Anas Alkharboutli

Syrische Armee bunkert sich in Hama ein

Demnach verstärkte die Armee zudem ihre Stellungen rund um die in der Mitte des Landes gelegene Provinzhauptstadt Hama. Die Armee habe zudem in Vororten von Hama neue Kontrollstellen eingerichtet und weitere Soldaten in „strategische Orte“ im Norden der Provinz Hama entsandt.

Das syrische Verteidigungsministerium spricht allgemeiner von einer Verstärkung der „Verteidigungslinien mit unterschiedlichen Waffengattungen, Ausrüstung und Personal“ im Kampf gegen „terroristische Gruppen“.

Auf diesem von der offiziellen Website des Büros des iranischen Obersten Führers veröffentlichten Foto vom 30. Mai 2024 spricht der Oberste Führer Ajatollah Ali Chamenei (re.) mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad bei einem Treffen in Teheran. Foto: Uncredited/Office of the Iranian Supreme Leader/AP/dpa

Bürgerkrieg tobt seit 2011

Der syrische Bürgerkrieg hatte 2011 begonnen, nachdem Assad Proteste gegen die Regierung mit Gewalt niederschlagen ließ. Eine halbe Million Menschen wurden getötet und Millionen weitere vertrieben.

Mit der Unterstützung ihrer Verbündeten Russland und dem Iran erlangte die syrische Regierung 2015 die Kontrolle über weite Teile des Landes zurück. Auch die Großstadt Aleppo eroberte Assad im Jahr 2016 mit Unterstützung der russischen Luftwaffe mittels massiver Bombenangriffe zurück.

Im Norden Syriens gilt seit 2020 ein von der Türkei und Russland vermittelter Waffenstillstand. Dieser war zwar immer wieder gebrochen worden, hatte die Region in den vergangenen Jahren aber weitgehend beruhigt.