Das Haus Magdalena in Wangen ist ein Vorzeigeprojekt. Foto: /Decksmann

Hohe Baustoffkosten, gestiegene Zinsen und kein günstiges Bauland: Die Aussichten für Wohnungsbau in Stuttgart sind nicht gut. Die Caritas-Stiftung setzt daher noch mehr auf Stuttgarter, die etwas stiften.

Das ging gerade noch einmal gut. Die 14 neuen Seniorenwohnungen in der Höhbergstraße 65 in Stuttgart-Wangen sind fertig geworden, kurz bevor der Ukraine-Krieg eine zusätzliche Verteuerung von Rohstoffen und Baumaterialien in Gang setzte. Darum war für Heinz Wolf, den Geschäftsführer der Caritas-Stiftung, und für den Zustifter Klaus Lang gut feiern, als sie unlängst mit den Bewohnern das erste Sommerfest vor dem Wohnhaus begingen, das zugleich die Einweihungsfeier war, die sich durch die Pandemie verzögert hatte.

Noch als im Oktober 2020 der Grundstein für die 14 betreuten Wohnungen gelegt wurde, hätte keiner gedacht, dass man im Sommer 2022 so trübe Aussichten haben würde. Plötzlich aber sind die Hürden für Wohnungsbauprojekte in der von chronischem Wohnungsmangel geplagten Landeshauptstadt schiergar unüberwindbar hoch, jedenfalls für Investitionen, an deren Ende bezahlbare Wohnungen stehen sollen. Wie die in Wangen, wo die Caritas- und die Dr.-Klaus-Lang-Stiftung zusammen mit Fördermitteln des Landes 3,7 Millionen Euro einsetzten und in den 13 geförderten Wohnungen – die oberste ist für eine Zustifterin frei finanziert – vergleichsweise günstige Kaltmieten von 8,80 Euro pro Quadratmeter erreicht werden konnten.

Bleiben die Gönner der Stiftung treu?

Nicht nur die Lieferschwierigkeiten und die Baupreise haben krass zugenommen und den Eigenkapitalbedarf erhöht, auch die Zinsen, die bei Kreditaufnahmen fällig werden, stiegen. Schon jetzt sind gut zwei Prozent fällig, wo die Caritas-Stiftung vor kurzem noch 0,8 Prozent zu berappen gehabt hätte. Damals konnte Heinz Wolf auch noch leichter die Stifter umwerben, denn bei den Banken erhielten sie damals für ihr Geld ja nichts, eher mussten sie sogar Negativzinsen bezahlen. Nun können sie für Geldanlagen bei den Geldhäusern wieder Erträge bekommen. Bei der Caritas-Stiftung hofft man dennoch mit Zuversicht, dass die oftmals langjährigen Stifter ihr die Treue halten.

Das ist auch nötig, denn der Bedarf an geeigneten Seniorenwohnungen und an Sozialwohnungen wird nicht nur hoch bleiben, wenn viele Investoren auf dem Wohnungsmarkt gerade pausieren und anstehende Ausgaben überdenken. Der Bedarf wird steigen, „der Wohnungsnotstand wird sich in Stuttgart verschärfen“, meint man bei der Caritas-Stiftung. Sie hatte zunächst zwar auch entschieden, dass ein wirtschaftliches Bauen – zumal im herausfordernden Umfeld in Stuttgart mit knappem und teurem Bauland – zurzeit nicht möglich sei. Nun aber sagen Heinz Wolf und seine Mitstreiter: „Jetzt erst recht. Zusammen mit den Stuttgartern, die guten Willens sind, können wir trotz der Widrigkeiten sozialen Wohnraum schaffen. Wir lassen uns von den aktuellen Schwierigkeiten nicht aufhalten.“ Wie es aussehe, gebe es bei den Baukosten momentan zwar wieder eine „Seitwärtsbewegung“, also eine Stagnation, aber mit einem Fallen rechnet Wolf eher nicht mehr.

Es gibt viele Wege, etwas zu stiften

Bei ihrer Offensive besinnt sich die Stiftung auf das komplette Arsenal der Angebote, wie man Gutes tun kann. Es ist nämlich keineswegs so, sagt Heinz Wolf, dass für Stiftungen nur die Übergabe von Geld oder die komplette Übertragung von Hauseigentum in Frage komme. Man wolle nicht um jeden Preis neues Eigentum für die Stiftung generieren; „wir generieren in erster Linie Quadratmeter zum Zweck des sozialen Wohnens“, heißt es bei der Stiftung. Auch Pachtverhältnisse oder Erbpacht auf einen längeren Zeitraum könnten eine Lösung sein. Und die Stiftung übernimmt auch Immobilien, die baulich oder energetisch saniert werden müssen, deren Eigentümer sich beispielsweise wegen ihres Alters nicht mehr an so herausfordernde Projekte wagen möchten.

Gestiftet wird manchmal auch wertvolle ehrenamtliche Arbeit – wie von zwei jungen Personen mit ausgewiesener Immobilienerfahrung. Sie bringen ihren Rat ein bei Kaufentscheidungen, Finanzierungen und Abwicklung der Prozesse.

Ein Kita-Projekt hat Mut gemacht

Ermutigt fühlt sich die Stiftung auch durch Erfahrungen mit einem Kita-Projekt in Mönchfeld: Als sie dafür ein Crowdfunding startete, war das Programm binnen weniger Tage überzeichnet. Mehr als 100 private Darlehensgeber waren bereit, für 1,4 Prozent Zins (zum Startzeitpunkt) oder auch für 1,2 Prozent (in der späteren Angebotsphase) Beträge ab 1250 Euro zu der Finanzierung von einer Million Euro beizutragen. Zudem hielten sich noch Großstifter bereit. Auch die damalige Aktion verstand sich als Aufruf und Angebot, Geld für die Stuttgarter Gemeinschaft in der eigenen Stadt anzulegen statt in Bürotürme irgendwo auf der Welt.

In eine ähnliche Richtung werden im kommenden Jahr voraussichtlich auch die ehemals gemeinnützigen Baugenossenschaften und andere Garanten für soziale, bezahlbare Wohnungen denken. Ihre Arbeitsgemeinschaft hat an ihrem Runden Tisch im Kontext des Bündnisses für Wohnen für 2023 auch eine Art von Stifter-Offensive ins Auge gefasst.

Das macht die Caritas-Stiftung

Tätigkeit
Dieser Spross der Katholischen Kirche hat in den vergangenen 20 Jahren soziale Wohnungsprojekte betrieben und einen Bestand von rund 400 Wohnungen für soziale Zwecke aufgebaut – auch schon mit Unterstützung aus der Bevölkerung.

Wohnungsbestand
Es handelt sich beispielsweise um Wohnungen für Menschen in Armut und Wohnungslosigkeit, für Senioren (auch mit Pflegebedarf), für Klienten der Suchthilfe und der Sozialpsychiatrie, für Menschen mit Behinderungen, für Geflüchtete und Migranten. Um klassische Sozialwohnungen handelt es sich in 32 Fällen. In 14 anderen Wohnungen, darunter eine in Aichtal (Landkreis Esslingen) leben Stifter, die die Projekte ermöglicht hatten.

Dr.-Klaus-Lang-Stiftung
Sie ist vom früheren Ersten Bürgermeister Klaus Lang im Jahr 2009 begründet worden. Aus ihren Mitteln flossen rund 600 000 Euro in das Projekt an der Höhbergstraße in Wangen. Lang erhielt die Namensrechte – das Gebäude heißt daher nun Haus Magdalena, wie seine 2010 im Alter von 101 Jahren verstorbene Mutter. Der 83-jährige Lang denkt zurzeit mit der Caritas-Stiftung über ein neues Projekt nach. Er will der Stuttgarter Stadtgesellschaft etwas dafür zurückgeben, weil er auf seinem Lebensweg durch mannigfaltige Unterstützung viel erreichen konnte.