Von einer Medienausstattung wie an der IT-Schule können andere Stuttgarter Schulen nur träumen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth - Lichtgut/Achim Zweygarth

Lediglich 30 von 178 Schulgebäuden in Stuttgart sind bisher voll vernetzt und digitalisiert. Dabei würden Bund und Land für den weiteren Ausbau Geld bereitstellen. Doch es fehlt an Personal.

StuttgartDer Leiter des städtischen Schulverwaltungsamts, Andreas Hein, hat ein ehrgeiziges Ziel: „Wir wollen unsere Schulen endlich so aufstellen, wie es auch im Bildungsplan vorgesehen ist – das ist bis jetzt an so gut wie keiner Schule der Fall.“ Die Rede ist von der digitalen Ausstattung. Nur eine einzige Schule in Stuttgart habe eine flächendeckende Ausstattung mit WLAN und Endgeräten: die IT-Schule.

Der Bildungsplan von 2016 sieht vor, dass auch allgemeinbildende Schulen den Umgang mit digitalen Medien in mehreren Fächern vermitteln. Voll vernetzt und digitalisiert sind bisher aber nur 30 von 178 Schulliegenschaften in der Landeshauptstadt. Schub in den Ausbau bringen könnte der Digitalpakt von Bund und Ländern: 30 der 585 Millionen Euro, die für Investitionen an baden-württembergischen Schulen bereitgestellt werden, sind für Stuttgart reserviert – aber nur bis Ende April 2022.

Die Antragstellung ist an zwei Bedingungen gekoppelt. Erstens: Der Schulträger, also die Stadt Stuttgart, muss ein Konzept über die Sicherstellung von Betrieb, Wartung und IT-Unterstützung vorlegen. Zweitens: „Wir müssen für jede Schule einen Medienentwicklungsplan konzipieren“, sagt Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) – also ein pädagogisches Konzept für den Einsatz der digitalen Medien. „Das löst bei der Stadt einen Stellenbedarf aus“, so Hein. „Wie der umgesetzt werden kann, hängt vom Willen des Gemeinderats ab.“ Zumal auch die Infrastruktur gestemmt werden müsse. Denn Digitalisierung setzt eine ausreichende Stromversorgung der Schulen voraus. Doch diese wird in vielen Fällen erst im Zuge einer umfassenden Sanierung erreicht. Und da hinkt Stuttgart seit Jahren hinterher – vor allem aufgrund fehlender Personalstellen für die Planung.

„Eine Frage der Planungsprozesse“

Doch beim Digitalpakt geht es nun zudem um die Antragstellung. „Es ist definitiv eine Frage der Planungsprozesse“, sagt Hein – „und es ist vor allem eine Massesache, bei 160 Schulen“. Das sei für Stuttgart im Landesvergleich eine besondere Herausforderung. Fezer erklärt auf Anfrage: „Wir brauchen Menschen, die diese Medienentwicklungspläne mit den Schulen entwickeln. Es ist erst mal ein Stoßgeschäft – wie wir das lösen, ist noch nicht klar.“ Vielleicht lasse sich diese Aufgabe ja auch outsourcen, meint die Bürgermeisterin. Wie viele zusätzliche Stellen erforderlich sind, sagt sie nicht.

Am Königin-Olga-Stift im Stuttgarter Westen hat man nicht gewartet, bis die Stadt mit der technischen Grundausstattung um die Ecke kam. „Bei uns steht in jedem Klassenzimmer und in den Fachräumen ein Rechner, ein Bildschirm, ein Beamer und eine Dokumentenkamera“, berichtet Schulleiter René Wollnitz. Das habe man alles in den vergangenen zwei Jahren Stück für Stück aus dem Schulbudget angeschafft und dabei auch den Software-Dienstleister gewechselt. „Seither läuft die Software wunderbar.“ Schließlich habe die Schule als Mint-EC-Schule Exzellenzstatus. Den internen Medienentwicklungsplan habe das Schulleitungsteam mit einem Kollegen, der auch als Systemadministrator fungiere, zusammen entwickelt. Inzwischen werde die digitale Technik zwar auch in Erdkunde, Sprachen und Wirtschaft eingesetzt – „aber der Bildungsplan konnte bisher nur sehr bedingt erfüllt werden“, räumt Wollnitz ein. Mangels Infrastruktur.

„Es gibt keine Vorschrift“

Die ist nun im Anmarsch. Dieser Tage seien auch 24 Laptops geliefert worden, und er warte noch auf 32 iPads, so Wollnitz. WLAN-Router gebe es bereits in jedem Zimmer. „Wir sind eine der voll vernetzten Schulen.“ Eine der 30 so ausgestatteten Schulliegenschaften – von insgesamt 178 Schulgebäuden. Allerdings, so Wollnitz, hänge es eben vom Menschen ab, der den Unterricht halte, wie gut die neue Technik in den Unterricht Eingang finde. „Nicht jedem Kollegen ist Power Point und Tabellenkalkulation vertraut.“ Der Generationenwechsel im Kollegium habe die Affinität dazu allerdings befördert, sagt der Schulleiter. „Es gibt keine Vorschrift: Du musst jetzt mit dem Rechner arbeiten – er muss sinnvoll eingesetzt werden.“ In der Regel hätten sich die Kollegen das Know-how selbst beigebracht.

Auch an der Bertha-von-Suttner-Gemeinschaftsschule in Freiberg ist man um eine fächerintegrative Medienbildung bemüht, muss dabei aber noch improvisieren. „Ich habe keine Kreidetafeln mehr und in jedem Zimmer Beamer“, sagt Schulleiter Mike Emeling. Und einen Koffer mit iPads. Das heißt: insgesamt zehn Geräte. Die können aber nur am Standort Eschbach eingesetzt werden, wo neun Klassen der Stufen acht, neun, zehn untergebracht sind, denn nur dort gebe es WLAN. Emeling räumt aber ein: „Hier hinkt auch die Unterrichtsmethodik hinterher – weil die Pädagogen da noch etwas Nachholbedarf haben.“ In den Klassenzimmern der jüngeren Schüler beschränke sich das Equipment ohnehin auf Whiteboards, Beamer, Dokumentenkameras. Es werde aber gerade geprüft, ob WLAN möglich sei. Das hänge vor allem von der Stromversorgung ab. Auch der klassische Computerraum werde noch für andere Fächer genutzt, etwa Geschichte. Im Kollegium gebe es eine große Aufgeschlossenheit und überhaupt keine Hemmschwelle in puncto Digitalisierung.