Der neue OB Frank Nopper (links) ist von Bürgermeister Fabian Mayer vereidigt worden – hier die Übergabe der Ernennungsurkunde. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der neue OB kündigt beim Amtsantritt Bürgersprechstunden in den Stadtbezirken an. Er will Arbeitsplätze sichern, den Klimaschutz voranbringen, die Kultur fördern und für den Wohnungsbau nur notfalls auf die grüne Wiese gehen.

Stuttgart - Das Amtsinsignium bleibt Frank Nopper vorerst verwehrt: Die Amtskette wird dem neuen Stuttgarter OB erst dann umgehängt, wenn rechtskräftig über die Klagen dreier unterlegener Konkurrenten gegen das Wahlergebnis vom 29. November entschieden ist. Seit Donnerstagabend ist der CDU-Politiker gleichwohl offiziell Stuttgarter Rathauschef– wenn auch vorerst ohne Stimmrecht im Gemeinderat – und darf die Bezeichnung Oberbürgermeister führen. Der Gemeinderat wählte Nopper einstimmig zum Amtsverweser. In seiner Antrittsrede nach der Vereidigung durch den Ersten Bürgermeister Fabian Mayer sagte er, er habe den Anspruch, Oberbürgermeister für alle Bürger zu sein. Glückwünsche der Landesregierung überbrachte per Video Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Auch die Chefs der Ratsfraktionen und die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats hießen den neuen Mann an der Verwaltungsspitze willkommen. Die Reden in Auszügen.

Der neue OB hat viel vor

Nopper startete dynamisch und mit einem Zehn-Punkte-Programm, mit dem er Stuttgart zum „leuchtenden Stern des Südens“ machen will. Er könne keine Wunder bewirken und bitte um „wohlwollende Behandlung durch das Land“. Der Gemeinderat sei Chef im Ring, er wolle zusammenführen und sehe sich nicht als OB einer einzelnen Partei oder Fraktion.

Stuttgart müsse zur Modellstadt deutscher und europäischer Möglichkeiten werden. Nopper regte einen Jobgipfel an. „Wir brauchen sichere Arbeitsplätze und eine intakte Umwelt“, sagte er. Das vom Rat beschlossene Klimapaket müsse beherzt umgesetzt werden. Die Zusammenkünfte des Rats am Donnerstag müssten zu „Thursdays-for-Future-Sitzungen“ werden. Stuttgart brauche Mobilität für alle, die auch das Auto der Zukunft einschließe. Die Eröffnung von Stuttgart 21 müsse ein großes Versöhnungsfest werden, er sehe die Chancen des Projekts.

Nopper will die Stadt verstärkt digitalisieren und den Bau preiswerter Wohnungen intensiveren. Er setze auf Nachverdichtung, „das Bauen im Außenbereich darf nur die Ultima Ratio sein“, dabei müssten die Bürger einbezogen werden. Kinder und Familien müssten sich wohlfühlen, die Stadt ein soziales Herz zeigen. Nopper versprach mehr Einsatz für Sicherheit und Sauberkeit und eine Zukunftsperspektive für die Staatsoper. Er will die Verwaltung näher an die Bürger rücken und kündigte an, bis zum Sommer alle Bezirke zu besuchen und dort regelmäßige Sprechstunden durchführen.

Corona sei eine einzigartige Herausforderung. Nopper: „Wir dürfen bis zum Ende der Pandemie zwar nicht zusammenstehen, aber wir müssen zusammenhalten.“ Er wolle eine „große Corona-Runde einberufen“, um zu besprechen, wie die Stadt neu belebt werden könne.

Der Ministerpräsident wünscht eine glückliche Hand

Ministerpräsident Kretschmann wünschte Nopper aus der Villa Reitzenstein eine glückliche Hand „zum Wohle der Stadt“. Er umschrieb die Aufgaben, vor denen Stadt und Land stehen: Die Transformation der Mobilität bleibe für Stuttgart ein Megathema, ebenso der Klimaschutz, die Sicherung von Arbeitsplätzen und des Wohlstands. Auch Digitalisierung, Energieversorgung und künstliche Intelligenz seien Zukunftsthemen, an denen man zusammen arbeiten müsse. „Wir tragen da eine gemeinsame Verantwortung“, so der Regierungschef. Auch der Kampf gegen die Coronapandemie erfordere eine enge Partnerschaft.

Die Fraktionen begrüßen Nopper im Amt

Gabriele Nuber-Schöllhammer, Sprecherin der Grünen-Fraktion, nannte die Stadtentwicklung, Wohnen, Klima- und Umweltfragen als zentrale Themen, an denene die größte Fraktion dranbleiben und sich wenn nötig „in harte Auseinandersetzung“ mit dem neuen OB begeben werde. Viel lieber sei ihr aber eine Übereinstimmung.

CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sieht mit Nopper die Chance, den Prozess für eine Vision 2030 für Stuttgart voranzutreiben. Das sei nicht Chefsache gewesen in den vergangenen Jahren, aber dringend nötig mit Blick auf die Herausforderungen bei Bildung, Wirtschaft, Wohnen und Mobilität.

„Die nächsten acht Jahre werden entscheidend für das Klima, wir müssen Schritte nach vorn machen“, sagte Hannes Rockenbauch, der Chef des Linksbündnisses. Seine Fraktion habe klare Vorstellungen – Rockenbauch überreichte eine Flagge der Fridays-for-future-Bewegung.

Für die SPD sicherte Fraktionschef Martin Körner Nopper eine konstruktive Zusammenarbeit zu. Körner verband die Glückwünsche mit der Erwartung, der neue Rathauschef werde beim Thema Wohnungsbau neue Wege gehen.

Sibel Yüksel (FDP) äußerte die Hoffnung, Nopper werde sich gegen jedwede Art der Menschenfeindlichkeit, gegen Rechts und Rassismus klar positionieren. „Ich hoffe, Sie können dazu beitragen, die gesellschaftliche Spaltung auch in unserer Stadt zu überwinden.“

„Wir freuen uns sehr, dass Sie unserer OB sind, wir haben Sie unterstützt“, sagte Rose von Stein für die Freien Wähler. Sie traue Nopper zu, „dass Sie die richtigen Mehrheiten bekommen“.

Christian Köhler sagte, die AfD blicke mit „sehr positiven Erwartungen auf die nächsten Jahre mit Ihnen als OB.“ Nopper solle stärker bürgerliche Akzente setzen.

„In der Verwaltung sind Sie der Chef, im Rat haben Sie, irgendwann jedenfalls, auch nur eine Stimme“, sagte Ina Schumann für das Fraktionsbündnis Puls. Nopper habe sich ein offenes Ohr für frische Perspektiven bewahrt. Eine von Nopper im Wahlkampf angekündigte Imagekampagne sei unnötig. „Sie sind das Gesicht der Stadt, ist das nicht Image genug?“

Der Gesamtpersonalrat äußert einen Wunsch

Die Vorsitzende Claudia Häußler sicherte dem OB ebenfalls eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu, mahnte aber auch gute und vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze in der Verwaltung an. „Die Belegschaft und ihre Arbeitsbedingungen müssen im Rathaus Chefsache werden“, so Häußler. Nur so könne die Stuttgarter Stadtverwaltung zur „begehrenswertesten Arbeitgeberin in der Region werden“.