Das gab es seit vielen Jahren nicht mehr: Ein Weihnachtsmarkt, der im Schnee versinkt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Stuttgarter Weihnachtsmarkt ist nach der Zwangspause wieder in der Stadt angekommen. Die Veranstalterin zieht eine positive Bilanz.

Den Besuchern hat der Stuttgarter Weihnachtsmarkt richtig gut gefallen. Sogar so gut, dass sie unbedingt ein Andenken mit nach Hause nehmen wollten. In der Weihnachtspyramide der Familie Zinnecker haben viele Sachen Beine bekommen. Die Felle, die auf den Bänken lagen sind verschwunden. Die Hirschgeweihe an der Wand sind verschwunden. Die Deko auf den Tischen ist verschwunden. Die aus Holz geschnitzte Statue eines Jägers rettete nur die sehr lange Schraube vor dem Verschwinden. Ein potenzieller Langfinger hatte sie schon halb rausgedreht, dann fehlte offenbar die Geduld, um weiter zu werkeln und die Schraube und die Statue endgültig aus der Holzbank zu lösen.

Drei Millionen Besucher kamen

Also blieb den Zinneckers ihr Jäger erhalten. Weil die Geschäfte gut liefen und sie froh waren, endlich wieder arbeiten zu dürfen, nehmen sie die Diebstähle zwar mit einigem Verwundern, aber doch mit einem Achselzucken hin und buchen die geklauten Sachen ab unter Schwund. „Schon erstaunlich, was die Leute so mitnehmen“, sagt Seniorchef Andreas Zinnecker, „offenbar mögen sie uns und unsere Einrichtung.“

In der Tat, nach zwei Jahren Pause haben sich die Stuttgarter offenbar sofort wieder in ihren Weihnachtsmarkt verliebt. „ Wir haben die Erwartungen nicht nur erreicht“, sagt Andreas Kroll, Chef der städtischen Tochter in.Stuttgart, der Veranstalterin des Weihnachtsmarkts, „wir haben sie übererfüllt.“ Drei Millionen Besucher seien gekommen, nicht gezählt, sondern geschätzt, „damit bewegen wir uns mit den Besucherzahlen nur leicht unter dem Niveau vor der Pandemie.“ Also vom Weihnachtsmarkt 2019, danach waren drei Jahren Pause.

Ein fast normaler Weihnachtsmarkt

Vor drei Monaten noch, sagt Kroll, habe man nicht gewusst, ob und wenn ja wie dieses Jahr ein Weihnachtsmarkt stattfinden könne. Nun war es ein ganz normaler. Ohne Abstandsregeln, ohne Zugangskontrollen, mit Glühwein. Wobei, ganz normal war er immer noch nicht. Das merkte, wer auf dem Marktplatz flanierte und plötzlich feststellte: Hier ist ja richtig viel Platz. 220 Händler waren dieses Jahr nur gekommen, statt wie bisher 280. Viele Händler haben während der Pandemie aufgegeben; andere taten sich schwer, Personal zu finden; andere trauten dem Braten nicht und wollten nach der kurzfristigen Absage des Vorjahres nicht schon wieder auf ihren Weihnachtsartikeln sitzen bleiben.

Weniger Gedränge

Weniger Händler, das bedeutet aber auch, es bleibt mehr für diejenigen, die kamen. „Das war eine verdiente Belohnung für das unternehmerische Risiko“, sagt Kroll, und so seien die Händler auch überwiegend zufrieden. Fürs nächste Jahr seien aber schon wieder Bewerbungen eingegangen, sagt Abteilungsleiter Marcus Christen, und sollte man tatsächlich nicht genügend Markthändler finden, werde man keineswegs mit Gastroständen auffüllen, sondern sich etwas überlegen. Die luftige Anordnung sei nach Beobachtung der Organisatoren gut angekommen. Ohne Gedränge zu stöbern habe den Händlern und dem Publikum gefallen.

Woher kamen die Gäste?

Die Gäste kamen vorwiegend aus der Stadt und der Region. Aber auch 2000 Reisebusse steuerten während der 31 Tage den Weihnachtsmarkt an. Aus der Schweiz, aus Italien, aus Österreich, aus Holland, aus Frankreich kamen sie. Den Beschickern fielen auch viele Kunden auf, die englisch sprachen. Was womöglich daran liegt, dass die Amerikaner sich wieder aus ihren Kasernen in die Stadt wagen.

Noch etwas hat Christen beobachtet. Viele Schweizer seien auf eigene Faust mit dem Auto angereist. Das könnte damit zu tun haben, dass Anfang dieses Jahres noch keiner wusste, ob die Weihnachtsmärkte stattfinden und Veranstalter zwangsläufig sehr kurzfristig Fahrten und Pakete mit Übernachtungen angeboten haben. Für den nächsten Weihnachtsmarkt wird das anders werden. Er wird vom 29. November bis zum 23. Dezember stattfinden. Wieder mit den Zinneckers – sie bringen neue Deko mit.