Seit Jahren eine Institution des politischen Kabaretts: Mathias Richling Foto: /Büro Richling

Dass es Zeitungen gibt, die hinter den Namen stets das Alter in Klammern schreiben, versteht Mathias Richling nicht. Im Interview zu seinem 70. Geburtstag warnt er vor „Altersterrorismus“ und stellt fest: „Es gibt sehr junge 95-Jährige und uralte 25-Jährige.“

Sein Markenzeichen sind verhaspelte Sätze: Als einer der bissigsten Kabarettisten im Land spricht Mathias Richling meist ohne Punkt und Komma. Seine Spezialität sind Politikerparodien. Der in Waiblingen geborene Satiriker machte sein Abitur in Stuttgart, studierte Literaturwissenschaften, Philosophie und Schauspiel. In seiner Magisterarbeit befasste er sich mit Karl Valentin. 1976 ist er mit seinem ersten Soloprogramm aufgetreten. An diesem Freitag wird Richling 70 Jahre alt. Wir sprachen mit ihm auf seiner Tour in Hamburg.

Herr Richling, wie lustig ist es, wenn man 70 wird? Fallen Ihnen dazu noch Pointen ein?

Wie lustig, kann ich nicht sagen. Das hängt vom Wetter ab, vom Arbeitspensum, von Situationskomik. Als ich 64 Jahre, drei Monate und fünf Tage alt wurde, war es zum Beispiel ein sehr lustiger Tag. Ob sich das gerade wiederholt mit 70 Jahren, 0 Monaten und 0 Tagen, weiß ich nicht. Es muss ja auch nicht immer lustig sein.

Also voller Ernst: Rente mit 70 gilt für Sie nicht. So aktiv wie Sie sind. Seit Jahren müssten Sie doch Rente beziehen. Wie hoch ist die denn?

Die Frage haben Sie doch schon selbst beantwortet. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht, und ich habe noch nie gehört, dass man für die Ausübung eines Hobbys ab irgendeinem Zeitpunkt Rente bezieht. Die Rente, die ich bekomme, zahle ich mir selber aus. Und die Summe wechselt täglich.

Wie 70 sehen Sie nicht aus. Nicht mal graue Haare! Wie bleiben Sie so fit?

Erstens durch Genetik. Zweitens durchs Fitnessstudio etwa jeden zweiten Tag: Es sind spezielle Fitnesscenter. Sie sind im Volksmund bekannt als Bühne und Fernsehstudio.

Alter ist nur eine Zahl, sagt man. Was ist für Sie Alter noch? Welche Pläne haben Sie für die nächsten 70 Jahre?

Erstens: nichts und zweitens: älter werden.

Putin ist 70 Jahre alt, Biden ist 80, Scholz gerade mal 64, Merz 67. Was wäre die Welt ohne alte Männer?

Und was wäre sie mit jungen Männern? Aber Ihre Aufzählung impliziert genau das, was Karl Lagerfeld einmal als den Altersterrorismus bezeichnet hat. Diese unglaubliche Sucht, bei jeder unbedeutenden Wasserstandsmeldung der Wetternews das Alter des Moderators in Klammern zu setzen. Wie wenn es etwas aussagte. Ich kenne sehr junge 90-Jährige und uralte 25-Jährige.

Also klammern wir Ihr Alter aus. Was war Ihre schönste Zeit?

Das lässt sich eigentlich ganz leicht beantworten. Es war die Zeit von etwa 0 Jahren – bis jetzt.

Wollten Sie schon als Kind auf der Bühne lustig sein?

Eigentlich wollte ich Dirigent werden. Als Kind wurde ich rot, wenn der Lehrer mich was fragte, obwohl ich die Antwort wusste. Später erkannte ich, dass ich Lehrer gut nachmachen kann. Das machte mich zum Klassenclown. Wenn ich etwas nicht wusste, antwortete ich etwa als Heinz Erhardt.

Wann wird die Politik endlich so gut sein, dass Sie als Kabarettist nicht mehr einschreiten müssen?

Herr Bogen, Sie waren selten komischer. Ich werde diese Frage in meine nächste Show einbauen. Aber ich glaube, ich kann sie vor prustendem Lachen nicht zu Ende sprechen.

Okay, okay, diesen Gag schenk’ ich Ihnen. Sagen wir es so: Der Richling klebt an seinem Amt. Weil die Politik so ist, wie sie ist, hört er nicht auf. Wie feiern Sie Ihren Siebzigsten?

Genauso wie jeden anderen Tag. Es ist nichts Besonderes. Zumal ja die Geburtstagstorte einem Fackelzug ähnelt, je älter man wird. Ich schließe mich diesem Aphorismus von Katherine Hepburn an. Deswegen feiere ich, da ich auf Tournee bin, sogar ohne Geburtstagstorte.

Infos

Die nächste Fernsehshow von Mathias Richling läuft am Dienstag, 2. Mai, 22.30 Uhr, im SWR-Fernsehen. Am 3. Mai, 20 Uhr, tritt er in Kornwestheim auf