Exyte-Chef Wolfgang Büchele sucht weltweit nach zusätzlichen MItarbeitern. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Der Stuttgarter Anlagenbauer Exyte steigert den Umsatz im ersten Halbjahr um mehr als 20 Prozent. Warum muss die Firma trotzdem Aufträge ablehnen?

Der Stuttgarter Anlagenbauer Exyte trotzt den Erschütterungen der Weltwirtschaft und entwickelt sich auf einer steilen Wachstumskurve weiter. Wie der Exyte-Chef Wolfgang Büchele im Stuttgarter Wirtschaftspresseklub darlegte, liegt der Umsatz im ersten Halbjahr „deutlich mehr als 20 Prozent“ über dem Vergleichswert aus 2021.

Im ersten Halbjahr des Vorjahres hatte der Spezialist für den Bau von Chip- und Pharmafabriken, für Batterieproduktionsanlagen und Datencenter 2,25 Milliarden Euro umgesetzt und einen operativen Gewinn von 98 Millionen Euro erzielt. Damals lag die Wachstumsrate bei 34 Prozent.

Die Projekte von langjährigen Kunden können verwirklicht werden

Einziger Hemmschuh derzeit sei weltweit die Schwierigkeit, schnell genug Mitarbeiter zu finden, die bereit sind, örtlich flexibel bei Großprojekten eingesetzt zu werden. „Wir müssen Aufträge ablehnen, weil Mitarbeiter fehlen“, sagte Büchele, der die Firma, die 2018 aus der M&W-Gruppe hervorgegangen ist, seit der Gründung leitet. Langjährige Kunden, darunter die größten Chiphersteller der Welt, könnten sich aber darauf verlassen, ihre Projekte realisieren zu können. „Mit diesen Firmen planen wir ja nicht kurzfristig, sondern auf mehrere Jahre im Voraus“, so der gelernte Maurer und promovierte Chemiker, der zuvor beim Chemieriesen BASF, beim Gasehersteller Linde und den Finanzinvestoren Blackstone und Permira tätig war.

Zu den größten Vorhaben, an denen Exyte momentan beteiligt ist, gehört die erste Fabrik des Batterieherstellers Catl im thüringischen Arnstadt, die erste, die das Unternehmen außerhalb Chinas errichtet. Weitere aktuelle Projekte sind der Bau eines Produktionszentrums für Medizinprodukte auf mRNA-Basis im Auftrag des Chemiekonzerns Wacker in Halle an der Saale und die laut Büchele weltgrößte Chipfabrik in Irland. Allein seit Jahresbeginn ist die Zahl der Mitarbeiter trotz der Rekrutierungsprobleme um 1000 auf rund 8500 gestiegen. Subunternehmen eingerechnet, seien derzeit 42 000 Beschäftigte bei Projekten von Exyte im Einsatz.

Exyte ist global aktiv – außer in Japan und Korea

Die Stuttgarter Firma sieht sich als einzigen Anbieter, dessen Dienste global verfügbar sind. 43 Standorte in 17 Ländern sind die Basis dafür. „Wir folgen den Kunden durch die Welt und sind da, wo man uns braucht“, sagte Büchele. Lediglich in Korea und Japan finde man keinen Zugang zum Markt, da die Aufträge dort an einheimische Anlagenbauer vergeben werden. Überraschend bremst der vielbeklagte Baustoffmangel den Spezialisten für Reinräume und kontrollierte Arbeitsumgebungen nicht bei seinen aktuellen Projekten. Auf dem Weltmarkt sei alles verfügbar, wenn der Kunde bereit ist, den geforderten Preis zu zahlen.

„Bei einer Chipfabrik, deren Bau vier Milliarden Euro kostet, fällt es nicht ins Gewicht, ob die Plastikrohre fürs Abwasser fünfmal so viel kosten wie bisher“, so Büchele. Wichtiger sei, dass die Fabrik schnell produktiv gehen könne. Für alle Baustoffe gebe es alternative Bezugsquellen, man müsse bei Engpässen eben Holz aus Spanien verbauen und Stahl aus England beziehen statt aus der Ukraine. Solche logistischen Herausforderungen seien Alltag im Projektgeschäft: „Die Kunden wollen von uns nicht hören, welche Probleme es gibt, sondern was die Lösung ist.“ Ein Mangel, der nun schon seit zwei Jahren viele Branchen belastet, trifft allerdings auch Exyte: Auch dem Erbauer von Chipfabriken gehen die Halbleiter aus. „Uns fehlen Chips für die Steuerungselektronik der Anlagen“, berichtet Büchele.

Die Messlatte für die kommenden fünf Jahre liegt hoch

Für die kommenden Jahre legt er die Messlatte hoch: Bis 2027 will Exyte den Umsatz auf zehn Milliarden Euro etwa verdoppeln. Der 62-jährige Chef des Unternehmens ist sicher: Das exponentielle Wachstum bei der Nachfrage nach Chips und Biopharma-Produkten habe gerade erst begonnen.