Der Wohnungsbau ist einer der Hauptaufgaben für Kommunen in der Zukunft – nicht nur im Großraum Stuttgart. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Wohnungsbau auf einem Grundstück, das jemand anderem gehört? OB-Chefstratege Martin Körner und Fellbachs Baubürgermeisterin Beatrice Soltys diskutieren mit Vertretern der Immobilienwirtschaft über das Modell Erbpacht.

Wie ist dem Wohnraummangel beizukommen, wenn kaum verfügbare Baugrundstücke und massiv steigende Baukosten aufeinandertreffen? Kann das in diesen Breiten eher unterdurchschnittlich verbreitete Modell des Erbbaurechts ein Ausweg aus der Zwickmühle sein? Darüber haben die Fellbacher Baubürgermeisterin Beatrice Soltys und Martin Körner, Leiter des Referats für strategische Planung und nachhaltige Mobilität der Stadt Stuttgart, mit dem Chef des Heidelberger Bauträgers und Projektentwicklers Epple, Andreas Epple, in dessen neuer Stuttgarter Dependance im Bosch-Areal diskutiert.

Verlockung für klamme Städte

Das Modell könne für „unschwäbisch“ gehalten werden, so die Vermutung des Unternehmers. Schließlich wird dabei Wohnraum auf einem Grundstück geschaffen, dass einem nicht selbst gehört, sondern gegen Zahlung eines regelmäßigen Zinses für einen definierten Zeitraum – meist 99 Jahre – überlassen wird.

Beatrice Soltys wies daraufhin, dass die Verlockung für eine Stadt groß sein kann, ein eigenes Grundstück zu verkaufen und damit zu versilbern und den womöglich gebeutelten Haushalt zu entlasten. „Vergebe ich etwas in Erbpacht muss ich hingegen etwas mehr nachdenken, etwa darüber, was ich eigentlich auf dem Grundstück möchte“. Gleichwohl sei das in Fellbach „ein gebräuchliches Mittel“.

Stuttgart wolle sich auch auf diesen Weg begeben, sagte Martin Körner und erinnerte daran, dass der Gemeinderat die Vorgabe gemacht hat, verstärkt dieses Modell einzusetzen. „Das ist für uns ein Paradigmenwechsel“, sagte Körner auch mit Blick auf den in der Vergangenheit immer wieder praktizierten Verkauf von städtischem Grund. So sollen etwa auf den frei werdenden Gleisflächen Immobilienunternehmen, die nicht dem Bündnis für Wohnen angehören, Grundstücke grundsätzlich nur in Erbpacht übernehmen können.

Noch braucht es ein Umdenken

Das Modell sei ein sozialer Ansatz, so Unternehmer Andreas Epple, da es helfe, die Wohnungspreise in Teilen von der Entwicklung der Grundstückspreise abzukoppeln. In der Abwicklung sei es aber komplexer als ein einfacher Kauf. Die Herausforderungen seien aus seiner Sicht und Erfahrung allerdings beherrschbar. „Das Thema ist aber vielerorts noch nicht in den Köpfen drin – nicht bei den Banken und leider auch noch nicht bei einigen Gemeinderäten“.

Contra gab es etwa von Axel Fricke, Stadtplanungsamtschef in Esslingen, der das Gespräch aus den Zuschauerreihen verfolgte. Eine Stadt müsse es sich erst einmal leisten können, auf die Erlöse aus dem Verkauf von Grundstücken zu verzichten. Da seien Fellbach und Stuttgart sicherlich in einer anderen Lage als viele andere Kommunen.

Die beiden kommunalen Vertreter auf dem Podium, Soltys und Körner, waren trotzdem optimistisch, dass das Modell Erbbaurecht, in Zukunft an Bedeutung gewinnen werde. Wer Innenentwicklung betreiben wolle, also Städtebau im Bestand statt auf der grünen Wiese, „der hält strategische Grundstücke besser langfristig“, empfahl Beatrice Soltys.