Silvesterkarte vom Eisvergnügen auf dem Neckar bei der König-Karls-Brücke zwischen Stuttgart und Cannstatt Foto: Sammlung

Die besten Wünsche zum neuen Jahr werden heutzutage gern per WhatsApp verschickt, sofern das Netz nicht an Mitternacht zusammenbricht. Unser Stuttgart-Album erinnert an historische Silvestergrüße, die Geschichten vom früheren Stadtleben erzählen.

Ein Jahr geht – und wir wünschen uns gegenseitig Glück. Denn das neue Jahr hat eine Chance verdient, besser zu werden. „Herzlichen Glückwunsch zum neuen Jahr“, steht auf einer Postkarte, die vor mehr als 100 Jahren mit einer Neckarszene verschickt worden ist. Man hat sich damals dazu gratuliert, dass man das nächste Jahr erleben darf.

Die Zeichnung auf dieser historischen Silvesterkarte zeigt: Einst war im Winter der Neckar zugefroren. Schlittschuhläufer vergnügen sich bei der König-Karls-Brücke auf dem Fluss. Außerdem ist auf der Karte auf einem Zusatzelement in einem Kreis der Königin-Olga-Bau zu sehen. „Gruß aus Stuttgart“ steht auf der Vorderseite. Damit steht fest, von wann sie stammt. Es muss nach 1905 gewesen sein, denn da erfolgte der Zusammenschluss von Cannstatt und Stuttgart. Sonst hätte dort gestanden: „Gruß aus Cannstatt“. 1933 ist Cannstatt zu Bad Cannstatt geworden.

Wurden damals schon Hundehäufchen entsorgt?

Michael Horlacher, Facebook- Kommentator unseres Stuttgart-Albums, muss gute Augen haben – oder eine gute Lupenfunktion auf seinem Rechner. Auf der Neujahrskarte, die das winterliche Treiben auf dem Neckar bei der König-Karl-Brücke zeigt, hat er einen Mann entdeckt, der sich nach etwas auf dem Boden bückt. „Auch zu dieser Zeit mussten Hundehäufchen entsorgt werden“, schreibt Horlacher.

Ein Prosit auf das alte Stuttgart! Mit Sehenswürdigkeiten der Stadt hat man früher seine Wünsche für das neue Jahr verschickt. Auf einer weiteren Karte stehen vier große Ziffern: 1903. Die Rundungen der Jahreszahl sind mit Fotos oder Zeichnungen gefüllt, die zeigen, worauf die Menschen in Stuttgart damals stolz waren. „Herzlichen Glückwunsch zum neuen Jahr sendet Karl Zing“, steht auf der Vorderseite der Karte in akkurater Schrift.

Die Karte von 1903 zeigt Stuttgarts Sehenswürdigkeiten von damals. /Sammlung Wolfgang Müller

Worauf die Menschen früher stolz waren

Alte Grußkarten erzählen Geschichten. Wer die Fotos in den verzierten Zahlen der 1903er-Karte des Herrn Zing genau betrachtet, kann folgende Orte erkennen: Eugensbrunnen, Nachtwächterbrunnen, die Johanneskirche im Stuttgarter Westen (noch mit vollständiger Turmspitze), Schlossplatz und das Interimstheater.

Ein Interimstheater wird auch in unseren Zeiten notwendig, sobald das Opernhaus saniert wird. Nach dem Brand des Hoftheaters ist die Übergangsbühne von 1902 bis 1912 auf dem Gelände des heutigen Landtags bespielt worden. In nur neun Monaten hatte König Wilhelm II. ein Ersatztheater erbauen lassen.

Diese Karte aus Stuttgart wurde 1902 verschickt Foto: Sammlung Wolfgang Müller

Auf einer weiteren Silvesterkarte, die vom Anfang des 20. Jahrhunderts stammt, sieht man auf einem Tisch eine dampfende Suppenschüssel. Der Rotwein ist zum Anstoßen eingeschenkt. In der Wohnstube, die mit dem Schlossplatz auf der Neujahrskarte abgebildet ist, die 1902 verschickt wurde, sind keine Menschen zu sehen. Und wer Menschen vor dem Neuen Schloss entdecken will, muss ganz genau hinschauen. Die Hügel sind noch weitgehend unbebaut.

Prosit Neujahr! Vieles hat sich geändert in der Stadt – nicht aber der schöne Brauch, seinen Mitmenschen zum Jahresende ein gutes Neues zu wünschen. Damals wie heute gilt: Ein Jahr ist für alle gleich lang. Und niemand von uns weiß, was man daraus machen kann und was nur ein Traum bleibt.

Diskutieren Sie mit unter: www.facebook.com/Album.Stuttgart. Zu unserer Serie sind drei Bücher erschienen. Wer mehr zur Stadtgeschichte erfahren will, kann kostenlos den Newsletter „StZ Damals“ abonnieren unter: stzlinx.de/stzdamals.