Bernhard Bauer, Vorsitzender des Bahnprojektvereins Stuttgart–Ulm, baut auf das Interesse der Menschen am Baufortschritt bei Stuttgart 21. Foto:  

Die Tage der offenen Baustelle für Stuttgart 21 finden auch 2025 statt. Allerdings müssen sich Besucher vorab anmelden. Bahnvereinschef Bernhard Bauer setzt darauf, dass das dem Zustrom keinen Abbruch tut.

Sollte Stuttgart 21 tatsächlich im Dezember 2026 in Betrieb gehen, werden die Tage der offenen Baustelle an Ostern 2025 wohl die letzten ihrer Art sein. Schon jetzt macht der Baufortschritt Einschränkungen bei der Veranstaltung notwendig. Bernhard Bauer, Vorsitzender des veranstaltenden Projektvereins, denkt im Interview jetzt schon über Führungen durch den in Betrieb genommenen Bahnhof nach.

Herr Bauer, es gibt zwar auch im Jahr 2025 wieder Tage der offenen Baustelle. Aber anders als zuvor müssen sich die Besucher in diesem Jahr anmelden, um auf die Baustelle zu kommen, in den Bahnhof selbst gibt es nur eingeschränkte Einblicke. Hätte man es dann nicht auch gleich ganz sein lassen können?

Nein, denn der persönliche, unmittelbare Eindruck vom Bahnhof und dem Umfeld ist das Wichtigste. Das haben die vergangenen Veranstaltungen gezeigt, und das hat uns überzeugt, die Tage der offenen Baustelle nochmals durchzuführen. Und natürlich bekommen die Besucher vom Verteilersteg aus einen großartigen Einblick in die Bahnhofshalle. Man kann über das Bahnhofsdach wandeln und sich in den Lichtaugen widerspiegeln und am Südeingang einen Blick auf die neue Gitterschale werfen, die den künftigen Eingang überspannt.

Ob das reicht, um ähnlich viele Menschen wie in den zurückliegenden Jahren an Ostern auf die Baustelle zu locken?

Wer dieses Jahr zu uns kommt, der wird beeindruckt sein von dem Fortschritt innerhalb eines Jahres. Man sieht, dass im Bahnhof alle Gleise gelegt sind. Man sieht mehrere geöffnete Lichtaugen. Oberleitung, Treppen, Aufzüge werden installiert. Kurz, die Besucher erleben, dass hier ein Bahnhof entsteht. Und ich glaube, die Menschen sind jetzt überzeugt und glauben daran, dass der Bahnhof 2026 im Dezember in Betrieb geht.

Auch das Angebot an Führungen durch den Bahnhof abseits der Tage der offenen Baustelle muss wegen des Baufortschritts reduziert werden. Geht Ihrem Konzept auf den letzten Metern die Luft aus?

Die Baustellenführungen sind weiterhin stark nachgefragt. Vermutlich liegt der Rückgang bei rund einem Fünftel, und am Jahresende haben wir wieder über tausend Führungen gemacht. Zudem haben wir mit unseren Social-Media-Kanälen und der Ausstellung im Infoturm Stuttgart weitere Möglichkeiten. Im vergangenen Jahr hatten wir in der Ausstellung 215 000 Besucher. Das ist eine beeindruckende Zahl, die auch zeigt, dass die Menschen mit den Füßen abstimmen. Wir sind überzeugt, dass einmal sehen besser ist als tausendmal hören oder lesen.

Stand jetzt soll Stuttgart 21 im Dezember 2026 in Betrieb gehen. Welche Konsequenzen hat diese neuerliche Verschiebung für Ihre Arbeit?

Wir haben nach der letzten Verschiebung in der Mitgliederversammlung entschieden, dass der Verein seine Arbeit in jedem Fall bis Ende 2027 fortsetzt. Wir versuchen, einen Teil der Ausstellung im Jahr 2027 in den Bahnhofsturm zurückzubringen. Und wir müssen jetzt schon darüber reden, wie es nach der Inbetriebnahme weitergeht. Wer künftig zum Beispiel für die Ausstellung und auch für Führungen verantwortlich ist, die wir auch noch anbieten wollen, wenn der neue Bahnhof in Betrieb ist.

Nach Inbetriebnahme des Bahnhofs ist vor dem Bau von Stuttgart-Rosenstein, der immer integraler Bestandteil des Gemeinschaftsprojekts war. Aber durch die Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und auch durch die hohen Erschließungskosten ist das zumindest infrage gestellt. Verschiebt sich dieser Teil des Projekts auf Sankt Nimmerlein?

Nein, Stuttgart-Rosenstein gehört zu Stuttgart 21. Es war auch einer von zwei Gründen, das Projekt überhaupt anzugehen. Und es ist richtig, weil es vorausschauend ist, weil es umweltverträglich ist und weil es das schafft, was in Stuttgart und der Region Mangelware ist, nämlich Wohnraum. Ich verstehe nicht, dass es selbst im Gemeinderat noch Stimmen gibt, darauf zu verzichten. Lassen Sie mich als Beispiel den neuen Freiburger Stadtteil Dietenbach nehmen. Dort war im letzten Jahr der Bundeskanzler zum ersten Spatenstich. Dort mussten Bäume gefällt werden, die Fläche liegt im Überschwemmungsgebiet. Und alle sagen, das ist klimaverträglich und umweltfreundlich. In Stuttgart reden wir von riesigen Schotterflächen, auf denen Wohnungen entstehen sollen. Es wird das Verbot von Schottergärten gefordert, aber die größte Schotterfläche, die es in Stuttgart gibt, soll so bleiben?

Nach geltender Rechtslage bleiben die Grundstücke aber Bahnflächen.

Die neue Koalition muss das Gesetz wieder ändern. Es geht ja nicht nur um Stuttgart. Andere Städte haben das Problem auch. Wenn alle Koalitionspartner für bezahlbaren Wohnraum eintreten, dann kommt es hier zum Schwur.

Anhänger der neuen Rechtslage argumentieren, dass für die Verkehrswende wichtige Bahnflächen verloren gehen, wenn man das Gesetz wieder ändert.

Hier geht nichts verloren. Das Gegenteil ist richtig. Wir schaffen eine leistungsfähige Bahninfrastruktur. Auch lokal, in Stuttgart-Rosenstein, kommt die Verkehrswende voran, weil kurze Wege entstehen, weil die Erschließung mit der neuen S-Bahn-Station sehr gut ist. Der Rahmenplan von asp Architekten ist da wirklich eine sehr gute Grundlage. Und je eher man es realisiert, desto weniger teuer wird es.

Die Bahn steht derzeit schwer in der Kritik, weil sie für die Fertigstellung von Stuttgart 21 immer wieder Bahnstrecken in Stuttgart sperren muss. Ist das Thema bei Ihren Besuchern?

Ja, das bekommen wir rückgemeldet. Man muss wirklich sehen, dass es ein sehr komplexes Vorhaben ist. Es ist ja nicht nur der Bahnhof, es ist der gesamte Bahnknoten, der neu geordnet wird. Alte und neue Strecken müssen zusammengebracht werden. Es wird neue Technik eingebaut. Natürlich will niemand, dass die Bahnunternehmen und die Fahrgäste sehr kurzfristig von den Einschränkungen erfahren. Aber alles ist natürlich dem Termin und dem Willen geschuldet, das Projekt im Dezember 2026 in Betrieb zu nehmen. Das erzeugt Zeitdruck.

Die Voraussagen der Bahn waren schon in der Vergangenheit nicht sehr belastbar. Gibt es an Ostern 2027 Tage der offenen Baustelle oder Tage des offenen Bahnhofs?

Ich bin davon überzeugt, da gibt es Tage des offenen Bahnhofs. Es wird so sein, dass dann vielleicht viele Menschen ihren Osterurlaub in Stuttgart verbringen – um den neuen Bahnhof anzuschauen.

Anmeldung für die Tage der offenen Baustelle

Termin
Die Tage der offenen Baustelle von Karsamstag, 19., bis Ostermontag, 21. April, finden jeweils von 10 bis 17 Uhr statt. Letzter Einlass ist um 16 Uhr. 

Anmeldung
Der Eintritt ist zwar kostenfrei, aber eine Anmeldung ist erforderlich. Diese ist möglich ab Montag, 17. März, 10 Uhr unter its-projekt.de. Es stehen pro Tag rund 26 000 Tickets zur Verfügung.