Wo fährt die Gäubahn? Foto: /Lichtgut/Tabea Guenzler

Das Eisenbahn-Bundesamt soll den Streit um die Zukunft der Gäubahn auf dem Stadtgebiet Stuttgart klären, fordert der Landesnaturschutzverband.

Die Auseinandersetzung um den Erhalt der Gäubahn-Strecke bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof nimmt an Schärfe zu. Am Montag forderte der Landesnaturschutzverband (LNV) das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) dazu auf, eine aufsichtsrechtliche Verfügung gegen die DB AG zu erlassen. Der Konzern dürfe die Strecke nicht ohne Stilllegungsverfahren außer Betrieb nehmen. Die Aufsichtsbehörde Eba in Bonn solle außerdem anordnen, dass „keine Maßnahmen getroffen werden, welche die Nutzung der Bahnstrecke erschweren oder unmöglich machen“.

Der LNV ist Dachverband von 36 Natur- und Umweltschutzvereinen in Baden-Württemberg, er kann Beteiligungs- und Klagerechte geltend machen. Zusammen mit vier weiteren Verbänden hatte er Ende April ein Rechtsgutachten präsentiert, in dem der Bahn AG eine Betriebspflicht für die Gäubahn bis zum Hauptbahnhof nachgewiesen wird. Sie dürfe die Strecke nicht „kalt“ stilllegen. Zu diesem Schluss kam bereits im November 2020 ein externes, von der Landeshauptstadt beauftragtes Gutachten, welches die Stadt unter Verschluss hält.

Bahn will Prellbock aufstellen

Die Bahn AG plant, die Gäubahn-Gleise für den neuen Anschluss der S-Bahn an den Hauptbahnhof zu kappen und nicht wieder zusammenzufügen. Der Aufwand dazu liegt laut DB-Rechnung bei weniger als zwei Millionen Euro. Perspektivisch sollen die Gäubahn-Züge aus Zürich/Singen, aber auch jene aus Freudenstadt ab etwa 2035 über einen neuen Tunnel von Böblingen zum Flughafen und dann wieder in den Hauptbahnhof fahren. So lange sieht die Bahn einen Prellbock als Gleisabschluss vor. Gäubahn-Züge würden dann in Stuttgart-Vaihingen enden, alle Reisenden müssten dort auf S- oder Stadtbahnen umsteigen.

„Die DB AG verstößt vorsätzlich gegen ihre Betriebspflicht, die Politik schaut weitgehend tatenlos zu“, sagt LNV-Vorsitzender Gerhard Bronner. Debattiert würden bestenfalls lokalpolitische Folgen. Dabei gehe es in Stuttgart um das internationale Schienennetz. Für das Vorgehen der Bahn gebe es keine Rechtfertigung, so LNV-Verkehrsreferent Stefan Frey. Eine zehnjährige Unterbrechung der Verbindung zum Hauptbahnhof sei bei Stuttgart 21 nie geplant gewesen.

LNV: Verkehrsinfrastruktur ist kostbar

„Eine solch mutwillige Zerstörung öffentlicher Infrastruktur ohne jede Rechtsgrundlage hat die Aufsichtsbehörde zügig zu unterbinden“, fordert Bronner das Eba zum Handeln auf. Die Bahn AG habe mit den bisherigen Baugenehmigungen nicht das Recht erhalten, die Gäubahn dauerhaft zu unterbrechen. Bronner sieht ein „hohes öffentliches Interesse, vollendete Tatsachen zu vermeiden“. Verkehrsinfrastruktur sei kostbar, stets werde beklagt, wie teuer und zeitraubend es sei, sie aufzubauen.

Der LNV stellt ausdrücklich klar, dass er mit seinem Antrag beim Eisenbahn-Bundesamt „die alte Idee, den Kopfbahnhof doch zu erhalten, nicht weiterverfolgt“. Die Gäubahn solle so lange auf bekanntem Weg zum Hauptbahnhof führen, bis der neue fertig sei.