Der künftige Bahnhof am Flughafen: Im großen Schacht sollen zehn Aufzüge Passagiere auf die Bahnsteige bringen, die in den beiden Tunnelröhren liegen werden. Foto: Horst Rudel

Im Talkessel sind alle S-21-Tunnel gebaut, am Flughafen wird hingegen noch unter Tage gearbeitet. Im Bereich des Flughafens wurden die Pläne für die neue Gäubahnführung geändert. Das hat Zeit gekostet.

Es braucht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass dort, wo Robert Berghorn durch Matsch und Pfützen watet, in gut drei Jahre Züge halten und Passagiere ein- und aussteigen können. Sollte sich der derzeitige Zeitplan von Stuttgart 21 als belastbar erweisen, wird es aber so kommen – und Robert Berghorn bis dahin noch eine Menge Arbeit zu erledigen haben. Der Bauingenieur leitet den letzten Stuttgart-21-Abschnitt, in dem noch Tunnel gegraben werden. Die Terminvorgaben in seinem Zuständigkeitsbereich sind nochmals ambitionierter geworden, seit die ohnehin schon komplizierten Pläne jüngst geändert wurden.

Flughafenbahnhof geht in Etappen in Betrieb

Berghorn baut jetzt nicht nur die Bahnstrecke entlang der Autobahn und den Flughafenanschluss. Nun muss er zusätzlich auch noch Abzweigungen in die Röhren bauen an den Stellen, an denen später einmal die Züge der Gäubahn durch einen der längsten Bahntunnel Deutschland – den Pfaffensteigtunnel – das Flughafen- und Messeareal erreichen sollen. Diese Zusatzaufgabe hemmt den übrigen Tunnelbau. Zwar ist bereits einer der beiden 50 Meter langen Tunnelstummel, in die später einmal der Pfaffensteigtunnel münden soll, fertig vorgetrieben, gleichwohl bedeuten die restlichen noch ausstehenden Arbeiten, dass der Flughafenbahnhof von Dezember 2025 an – so die derzeitigen Voraussagen der Bahn – zwar aus Richtung Stuttgart, nicht aber aus der entgegengesetzten Richtung erreicht werden kann. Züge aus Ulm, Tübingen und Reutlingen fahren dann zunächst am Flughafen vorbei. „2027 können wir den Flughafenbahnhof dann komplett in Betrieb nehmen“, sagt Robert Berghorn. Acht Minuten soll die Fahrt aus der Stuttgarter Innenstadt zum Flughafen auf den Fildern dauern.

Im Rohbau ist zu erahnen, wie diese Station einmal aussehen wird. Als Erstes fällt der gewaltige Schacht auf, der 26 Meter in die Tiefe reicht und 20 Meter im Durchmesser misst. Dort sollen einmal zehn Aufzüge dazu beitragen, dass Fahrgäste vom Messevorplatz unmittelbar neben der Endhaltestelle der Stadtbahnlinie U 6 aus in die tief gelegene Bahnstation gelangen. Die beiden Bahnsteige sind jeweils 435 Meter lang und an mehreren Stellen miteinander verbunden – ansonsten liegen sie in separaten Tunnelröhren. Kurz vor dem östlichen Ende der Station führt ein zweiter Schacht an die Oberfläche. In diesem Osteingang sind vier Aufzüge vorgesehen. Treppen sollen nur im Notfall genutzt werden. Die Lage tief unter der Erde und die Erschließung ausschließlich mit Aufzügen wird bis heute häufig kritisiert.

Seit Juni 2020 wird an den Tunneln gearbeitet. Dem Baustart war ein langer Rechtsstreit vorangegangen. Erst als das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Pläne absegnete, machte sich die Bahn ans Bauen. Seitdem sind mehr als 3,8 Kilometer Tunnel entstanden, die zweimal die A 8 unterqueren und auch unterhalb der Messehallen verlaufen. Etwas mehr als 500 Meter müssen sich die Mineure noch durch den Filderboden kämpfen. Was sie aus den Röhren zutage fördern, kann zum Teil für den Bau der Strecke entlang der A 8 verwendet werden, wo später die Züge auf bis zu zehn Meter hohen Dämmen fahren werden. Dort stehen nun auch die Masten, an denen die Oberleitung für die Züge aufgehängt wird.

Ein paar Meter weiter, im Fildertunnel, der hinunter in die Innenstadt führt, liegen bereits Gleise. So weit ist es im Abschnitt von Robert Berghorn noch nicht. Die Gleisbauer arbeiten sich von Osten kommend voran und sind derzeit kurz vor Plieningen. Der Bauingenieur nennt die nächsten Etappenziele: Im Frühjahr will er mit dem Bau des kleinen Bahnhofsgebäudes auf der Messepiazza beginnen, im Sommer sollen die Mineure den Durchschlag feiern, also das Ende des Tunnelvortriebs. Der stellt aber nur das vorläufige Ende des unterirdischen Schuftens dar. Wenn der Pfaffensteigtunnel realisiert wird, gilt es, zwei Röhren mit je elf Kilometer Länge vom Flughafen Richtung Böblingen vorzutreiben. Die baustellengeplagten Plieninger Landwirte, auf deren Fläche sich die Bauleute breitmachen, sind alles andere als begeistert.