Til Schweigers Filme spülen viel Geld in die Kassen. „Keinohrhasen“ war 2008 der erfolgreichste deutsche Film im Kino. Davon wollte auch Drehbuchautorin Anika Decker profitieren. Im jahrelangen Streit hat sie nun einen weiteren Erfolg errungen.
Drehbuchautorin Anika Decker hat jahrelang um eine höhere Beteiligung an den Gesamteinnahmen aus Til Schweigers Kinohits „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ gekämpft. Die hat ihr das Berliner Landgericht nun zugesprochen. Finanziell hat sie davon allerdings deutlich weniger als erhofft - laut Urteil ist ein Großteil ihrer Ansprüche verjährt.
„Sie hätte viel früher Klage erheben müssen, weil sie wusste, dass die Filme im Kino so erfolgreich sind“, sagte der Vorsitzende Richter Rolf Danckwerts am Mittwoch. Angesichts dessen sei es naheliegend gewesen, dass sich der Erfolg auch bei der nachfolgenden DVD-Auswertung, der Pay-TV Auswertung sowie der Video- und der Auslandsauswertung fortsetze, so das Gericht (Az. 15 O 296/18).
Der Deutsche Drehbuchverband bezeichnete diese Argumentation als „extrem ärgerlich“ und nicht nachvollziehbar. „Autor*innen schreiben Geschichten, es zählt nicht zu ihren Aufgaben, sich über die Erfolgsquoten ihrer Werke in unterschiedlichen Verwertungsformen auf dem Laufenden zu halten, wir haben keine Marktbeobachtungspflicht“, hieß es in einer Mitteilung. Zugleich betonte Verbandsgeschäftsführer Jan Herchenröder: „Wir begrüßen, dass der Nachvergütungsanspruch gewährt wird vom Gericht.“ Insofern handele es sich um ein „wegweisendes Urteil“.
Meilenstein geschafft
„Ich freue mich darüber, dass ein weiterer Meilenstein geschafft ist“, teilte Anika Decker der Deutschen Presse-Agentur mit. „Ich danke dem Deutschen Drehbuchverband und der Abteilung Drehbuch der Deutschen Filmakademie für ihre rückhaltlose Unterstützung.“ Sie ließ zunächst offen, ob sie die Entscheidung akzeptiert. „Wir werden das Urteil sorgfältig prüfen und beraten, ob Rechtsmittel eingelegt werden“, sagte ihr Anwalt Nikolaus Reber. Positiv sei, dass mit dem Urteil auch für die Zukunft Ansprüche geregelt seien.
Die Autorin hatte ursprünglich laut Gericht mehr als zwei Millionen Euro von der Produktionsfirma und Rechteinhaberin Barefoot Films sowie dem Medienkonzern Warner Bros. verlangt. Das Gericht sprach ihr nun für die Zeit bis Ende 2020 lediglich einen Gesamtbetrag von gut 180 000 Euro Beteiligung an den zwei Kinohits zu. Für die Nutzung der beiden Filmproduktionen ab dem Jahr 2021 habe sie einen Anspruch an den Nettoerlösen von 3,68 Prozent für „Keinohrhasen“ und von 3,48 Prozent an „Zweiohrküken“, hieß es.
Das Urteil stützt sich auf den „Fairnessparagraf“ im Urheberrecht. Er sieht eine Nachbezahlung vor, wenn die ursprünglich vereinbarte Honorierung und die später erzielten Erträge in auffälligem Missverhältnis stehen. Das ist aus Sicht des Gerichts im vorliegenden Fall so. „Keinohrhasen“ war 2008 der erfolgreichste deutsche Film im Kino. Auch „Zweiohrküken“ lockte später Millionen Besucher.
Jahrelanger Gerichtsstreit
Decker hatte mit einer sogenannten Stufenklage um ihr Recht gekämpft. Zunächst hatte sie eine Auskunft über die Einnahmen aus den Filmen verlangt. Das Landgericht gab Decker im Oktober 2020 Recht mit der Begründung, dass wegen des überdurchschnittlichen Erfolgs beider Filme Anhaltspunkte für einen möglichen Anspruch auf weitere Beteiligung bestünden. Die beklagten Unternehmen gingen gegen dieses Urteil zunächst in Berufung. Diese zogen sie jedoch bei der mündlichen Verhandlung vor dem Kammergericht im Februar 2022 zurück.
Damit war der Weg frei für die zweite Stufe des Verfahrens, in dem nun das Urteil vorliegt. Weil Decker als Klägerin formell in vielen Punkten keinen Erfolg hatte, wird sie laut Urteil für einen Großteil der Gerichtskosten aufkommen müssen.
Der Drehbuchverband bezeichnete es als „aberwitzig“ und „beschämend“, dass Decker nur auf dem für sie „in mehrfacher Hinsicht belastenden Klageweg durchsetzen konnte, angemessen an dem Erfolg beteiligt zu werden“. Gleichwohl sieht er in dem Urteil „Ansporn und Auftrag“, durch klare Regelungen die Rechte von Autorinnen und Autoren zu sichern, damit es nicht zum Prozess kommen muss.