Annalena Baerbock im Gespräch mit Anton Hofreiter – er will unbedingt Minister werden, der St Foto: AFP/Tobias Schwarz

Der Machtkampf zwischen Cem Özdemir und Anton Hofreiter offenbart einen Konflikt, der lange unter dem Deckel gehalten wurde. Das wird wie früher schon zwischen Realos und Fundis politische Blessuren hinterlassen, meint Christopher Ziedler.

Berlin - Die Auseinandersetzungen zwischen Fundis und Realos haben eine lange Tradition bei den Grünen. Erst dem Duo Annalena Baerbock und Robert Habeck gelang es, stabile Brücken über die grünen Gräben zu bauen. Nun hat sich am Donnerstag zumindest vorübergehend gezeigt, dass der Grundsatzkonflikt trotzdem nie aufgelöst, sondern nur gut versteckt werden konnte. Erst in der Verlängerung, nach einem erbitterten Machtkampf mit Anton Hofreiter, setzte sich Cem Özdemir überraschend durch.

Sowohl Özdemir als auch Hofreiter sehen ihre Zeit gekommen

Das Agrarministerium ist sicher nicht die naheliegende Wahl für ihn gewesen. Trotzdem ist es mehr als nur ein persönlicher Erfolg. Der Mann mit dem besten Grünen-Wahlergebnis wäre der erste Bundesminister mit türkischen Wurzeln. Zudem gibt Özdemir dem Südwesten seine Stimme wieder, zuletzt war kein Ministerium mehr in baden-württembergischer Hand. Das sollte nicht überschätzt werden, weil die Bundesregierung keine Landespolitik macht, aber auch nicht unterschätzt, da eigene Landsfrauen oder -männer eben doch die häufigsten Ansprechpartner für Landesregierungen sind.

In der Partei dürfte die Personalie dennoch Blessuren hinterlassen. Dass der Realo dem Linken Hofreiter vorgezogen wurde, könnte viele junge Neumitglieder irritieren, denen schon die Klimabeschlüsse der Ampel zu wenig radikal sind. Auch sie werden beim Mitgliedervotum über den Eintritt in das neue Bündnis ihre Stimme abgeben.