Noch ist Glühwein unterwegs erlaubt, dies soll sich im Land ändern. Foto: dpa/Jens Kalaene

Schausteller der Ersatz-Weihnachtsmärkte dürfen keinen Glühwein verkaufen. Wird dies nun auch den Gastronomen in Baden-Württemberg untersagt? Minister Lucha (Grüne) setzt sich für ein Verbot ein – Wirte protestieren.

Stuttgart - Nicht lange sollten sie währen, die öffentlichen Glühweinfreuden im Corona-Winter. Dies jedenfalls hat sich Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) vorgenommen. Das saisonale Trendgetränk, das baden-württembergische Gastronomen bisher noch in Städten wie Stuttgart oder Karlsruhe zum Mitnehmen mit grünem Licht der Ordnungsbehörden anbieten dürfen, könnte, kaum erlaubt, bald schon wieder verschwinden auf öffentlichen Plätzen.

Schausteller der Ersatz-Weihnachtsmärkte wie dem Adventszauber in Stuttgart haben protestiert, weil bei ihnen die alkoholischen Heißmacher verboten sind, während drumherum immer mehr Wirte Glühwein to go mit wachsendem Erfolg verkaufen. Was die einen nicht dürfen, ist bei den anderen bisher noch erlaubt. Wenn es nach dem Willen von Lucha geht, wird „gleiches Recht für alle“ bald schon im Land gelten: Dann soll aber keiner mehr Alkohol verkaufen dürfen, der zum Mitnehmen unter freiem Himmel konsumiert wird – weder Schausteller noch Gastronomen.

Erschrocken über „Schlangen und Menschenansammlungen“

Die Bilder des vergangenen Wochenendes haben den Minister veranlasst, eine neue Initiative zu starten. „Meterlange Schlangen und Menschenansammlungen“ seien aus mehreren Städten des Landes gemeldet worden. „Wir suchen daher nun das Gespräch mit den anderen Ressorts und kommunalen Landesverbänden, um das Verbot schnellstmöglich umzusetzen“, erklärt Claudia Krüger, die Sprecherin des Gesundheitsministeriums, unserer Zeitung. Weihnachtsmärkte dürften nicht „durch die Hintertür“ kommen.

Alles andere als begeistert sind die betroffenen Wirte von den neuen Plänen des Grünen, die nicht weit von dem entfernt sind, was Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für Bayern plant. Dort soll nach den Richtlinien des Katastrophenfalls Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen ebenfalls untersagt werden. „Wenn kein Glühwein mehr verkauft werden darf, holen sich die Leute Kaffee to go“, sagt der Gastronom Jörg Mink vom Schloss Solitude, „dann ändert sich erst mal gar nichts.“

„Regelkonformer Verkauf von Glühwein ist unproblematisch“

Seine Kollegen und er, versichert der Wirt, „geben sich große Mühe, damit vor den Ständen die Kunden nicht stehenbleiben“. Man habe alle Sitzgelegenheiten und Stehtische entfernt und sorge mit Absperrbändern dafür, dass sich Menschen nicht zu nahe kämen.

Viel Geld verdient sei mit Glühwein to go ohnehin nicht, erklärt Mink: „Es geht dabei um was anderes. Wir wollen den Menschen in dieser schwierigen Zeit ein klein wenig Freude bereiten. Viel möglich ist momentan nicht. Viele halten es daheim allein nicht aus.“ So sieht es auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). „Der regelkonforme Verkauf von Glühwein to go, also ohne das Angebot von Einrichtungen, die zum Verweilen einladen, ist für sich genommen unproblematisch“, betont Daniel Ohl, der Dehoga-Pressesprecher von Baden-Württemberg. Der Verband trage „begründete, sinnvolle Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung grundsätzlich konstruktiv mit“, erklärt er. Hierzu gehöre das Verbot von Menschenansammlungen im öffentlichen Raum.

Die Wirte hätten beim Glühwein gezeigt, dass sie sehr wohl die Regeln einhalten. Wenige Einzelfälle rechtfertigten ein landesweites Verbot nicht. Ohl: „Daher ist es nachvollziehbar, wenn die Wirte an der bisherigen Praxis mit all den Vorsichtsmaßnahmen festhalten wollen. Ein generelles Verbot des Glühwein-Verkaufs in Innenstädten durch die Landesregierung müsste daher schlüssig und überzeugend begründet werden.“ Nicht bewiesen sei, dass der Verkauf von Glühwein zu den von Lucha angesprochenen Problemen führt.

Klagen Wirte im Falle eines Glühwein-Verbots?

Will der Dehoga beim Verwaltungsgericht klagen, falls das Verbot von Glühwein to go kommt? „Das müssten direkt Betroffene tun“, sagt Ohl, „nicht der Berufsverband.“ Solitude-Wirt Mink will nicht klagen. Dafür seien die Kosten zu hoch. Er setzt darauf, „dass sich Vernunft und nicht Unvernunft durchsetzt“. Die Politik müsse unterscheiden, was sinnvoll ist und was nicht. Es sei niemandem geholfen, wenn die Menschen mit heißem Kaffee in den Bechern und nicht mit Glühwein durch die Städte spazierten.