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Ein Landkreis hat dafür zu sorgen, dass seine Straßen „dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen“. Dem will der Landkreis Esslingen jetzt nachkommen.

Kreis Esslingen - Das Sträßchen zwischen Wolfschlugen und Aichtal-Grötzingen hat seine Reize. Für Autofahrer, die den Blick auf die Alb genießen wollen, und für sportliche Fahrer, die Stoßdämpfer austesten und den Nervenkitzel genießen, wenn sie bei flotter Fahrt einem Traktor auf viereinhalb Meter Breite ausweichen. Auch die Beherrschung von Kurventechnik kann man an mehreren Stellen ausprobieren.

Aber laut Paragraf 9, Absatz 1, hat ein Landkreis dafür zu sorgen, dass seine Straßen nach den „allgemein anerkannten Regeln des Straßenbaus“ zu unterhalten oder zu erweitern sind und „dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen“. Dem will der Landkreis Esslingen nachkommen und ist bereit 3,2 Millionen Euro für den 2,3 Kilometer langen Abschnitt auszugeben. Der Kreistags-Ausschuss für Technik und Umwelt hat am Donnerstag den Grundsatzbeschluss gefasst, den Ausbau zu planen und mit dem Grunderwerb zu beginnen – mit mehr als 100 Eigentümern. Außerdem hat der Ausschuss die Planung für die K 1222 beschlossen, die Verbindung von der B 297 nach Altenriet. Die Herausforderung hier: An der Steigung von neun Prozent eine Lösung für Radfahrer zu finden.

Flurbereinigung ist gescheitert

Ob die Kreisstraße zwischen Grötzingen und Wolfschlugen tatsächlich im Jahr 2023 ausgebaut wird, daran zweifelt nicht nur SPD-Kreisrat Klaus Herzog, früher Bürgermeister in Aichtal. Thorsten König, Leiter des Straßenbauamts, rechnet zumindest mit zähen Grundstücksverhandlungen. Nötig sind sie, weil die Flurbereinigung gescheitert ist.

Die Landwirte in Wolfschlugen und Grötzingen waren daran nicht interessiert. Sie befürchteten, so erklärte Wolfschlugens Bürgermeister Matthias Ruckh, dass nach der Flurbereinigung die Gemüsebauern aus Filderstadt scharf auf die dann größeren und gut erschlossenen Felder würden. Sie würden möglicherweise höhere Pachtpreise an die Eigentümer zahlen, die bislang an örtliche Bauern verpachten.

Sich mit mehr als 100 Eignern zu einigen, sei „fast ein Ding der Unmöglichkeit“, sagte König. Ob er sofort zahle oder erst wenn alle unterzeichnet hätten, wollte Jürgen Menzel (Grüne) wissen. Es fließe gleich Geld und nach erfolgtem Straßenbau werde die benötigte Fläche genau abgerechnet, erklärte König. Ans Scheitern wolle er gar nicht denken, denn dann müsste er die Flächen wieder loswerden und Geld zurückfordern.

Straßentechnisch bietet die K 1222 auch eine Besonderheit. Sie wird auf eine „moderate Fahrbahnbreite“ von sechs Metern ausgebaut, so heißt es in der Vorlage für die Kreisräte. Was weiterhin fehlt, das ist die Mittelmarkierung. Das soll dem Autofahrer signalisieren, dass die Straße bei Begegnungen mit Schwerverkehr immer noch eng ist. Es sei denn, man überfährt die neuen Leitlinien, die jeweils einen halben Meter vom Rand der befestigten Straßenfläche entfernt aufgebracht werden. Durch diese Strich-Lücke-Strich-Malerei im Meterrhythmus soll die Straße optisch schmäler wirken und den Gasfuß mäßigen. Auf dem etwa 200 Meter langen, sanierten Abschnitt von Wolfschlugen bis zum Aussiedlerhof wird dies bereits getestet. Zulässig ist diese Straßenführung für eine Verkehrsstärke von maximal 3000 Fahrzeuge am Tag. Auf der K 1222 sind es derzeit 2200. Die Straßenlinie wird die K 1222 behalten, nur die Kurve am Bitzlenbach soll entschärft werden.

Chaos auf der K 1236

Die Kreisstraße 1236 von Neckartenzlingen nach Altenriet kennt Landrat Heinz Eininger auch schon von mehreren Ortsbesichtigungen. Jetzt soll ein Knopf an die Ausbaupläne gemacht werden. Derzeit gehe es auf der 4,50 Meter breiten Straße besonders chaotisch zu, berichtete Thorsten König, weil die Straße als Umleitungsstrecke für die B 297 genutzt werde. Schon lange diskutiere man auch, wie der Radfahrer vom Neckartal in Richtung Altenriet und Schlaitdorf geführt werden könne. Lange Zeit habe man die Route am Höllenbach bevorzugt, doch dies würde „extrem teuer“, weil die Verbreiterung wie ein Brückenbau ausgeführt werden müsste. Nun soll die K 1236 breiter und radlertauglich werden. Bergauf wird sie zusätzlich zum Randstreifen von 0,5 Meter noch einen Radlerstreifen von einem Meter erhalten. So eine Lösung gebe es bislang nur als Teststrecke, sagte König, aber er wolle beim Regierungspräsidium für die Förderung werben, weil es einen „verhältnismäßigen“ Ausbau darstelle. Für die 1,6 Kilometer lange Strecke sind Kosten von 2,95 Millionen Euro angesetzt. Die Kreisräte stimmten auch diesem Vorhaben einstimmig zu.