Die CDU in Baden-Württemberg muss historische Verluste bei der Bundestagswahl verdauen. Das stiftet im Lager von Landeschef Thomas Strobl Nervosität vor dem Wahlparteitag im November.
Stuttgart - Bei der Südwest-CDU steht am Tag nach der Bundestagswahl Wundenlecken auf dem Programm. Gegenüber dem bisher schlechtesten Bundestagswahlergebnis im Südwesten vor vier Jahren ist die Landes-CDU noch einmal um fast zehn Prozent der Wählerstimmen abgesackt auf 24,8 Prozent. Fünf Direktmandate gingen verloren. Das sind historische Einbußen, und es ist ein weiterer harter Schlag für den einst erfolgsverwöhnten und dauerregierenden Landesverband in Baden-Württemberg.
Schon der Landeschef und Bundesvizevorsitzende Thomas Strobl hat sich am Wahlabend nicht gerade leicht getan, Lichtblicke in der Wahlniederlage zu entdecken. Immerhin ist man bei der Bundestagswahl stärkste Kraft im Land geblieben, nachdem die Christdemokraten sich bei der Landtagswahl im März mit 24,1 Prozent und einem deutlichen Abstand auf die führenden Grünen (32,6 Prozent) zufrieden geben mussten. Außerdem ist das Wahlziel Rot-Rot-Grün im Bund zu verhindern laut Strobl erreicht worden. Und wenn die CDU eine Jamaika-Koalition schmieden und weiterhin den Regierungschef stellen könnte, wäre der Absturz in der Wählergunst auch leichter zu verkraften. „Wenn die CDU die Chance hat, den Bundeskanzler zu stellen, sollten wir sie ergreifen“, sagte Strobl am Wahlabend im Interview mit unserer Zeitung und sicherte Armin Laschet seine Unterstützung für Jamaika-Gespräche zu.
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Wie gehaltvoll sind die Chancen für Jamaika?
Allerdings ist natürlich auch im Südwesten registriert worden, dass der Abstand zwischen SPD als Erst- und Union als Zweitplatziertem im Lauf der Wahlnacht größer geworden ist. „Natürlich kann Opposition ein Ergebnis sein, ich würde es aber für falsch halten, jetzt Opposition als Ziel zu formulieren“, hat denn auch Andreas Jung, Konstanzer Bundestagsabgeordneter und bisher Vize-Fraktionschef im Bundestag in einem Radiointerview am Montag erklärt.
Ob die Chancen auf eine Jamaikakoalition unter Führung von CDU-Kanzlerkandidat und Wahlverlierer Armin Laschet wirklich gehaltvoll sind, wird sich womöglich schon bald erweisen. Als „nüchtern“ wird die Stimmung bei den Christdemokraten im Land beschrieben. „Natürlich gibt es bei uns keinen Jubel. Auch wenn wir in der Südwest-CDU besser abgeschnitten haben als der Bund, ist dieses Wahlergebnis keineswegs zufriedenstellend“, erklärt die Generalsekretärin Isabell Huber auf Anfrage. Am Tag nach der Wahl hat sie viel telefoniert, Wogen geglättet, Trost gespendet, wo immer es nötig war. „Natürlich schmerzt vor allem auch jedes einzelne Mandat, das wir nicht gewinnen konnten.“
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Wackersteine auf dem Weg zur Wiederwahl
Ruhiges Fahrwasser erreicht die Südwest-CDU nach der Niederlage bei der Bundestagswahl jedenfalls nicht so einfach. Mitte November steht ein Wahlparteitag an. Für Baden-Württembergs Innenminister und Vize-Ministerpräsidenten Thomas Strobl, der die CDU seit dem Machtverlust an die Grünen vor zehn Jahren führt, und seine Führungsmannschaft wird die Wiederwahl kein Selbstläufer. Zwar ist es Strobl im Frühjahr gelungen, den Teilmachterhalt für die CDU als Juniorpartner in einer grün-schwarzen Landesregierung zu sichern. Aber dass er für Laschet als Kanzlerkandidaten geworben hat, während viele seiner Parteifreunde im Südwesten Bayerns CDU-Ministerpräsidenten Markus Söder vorzogen, kann sich auf dem Weg zu den Vorstandswahlen im November als weiterer Wackerstein in seinem Rucksack erweisen.
Auf seine persönliche Zukunft angesprochen hat Strobl jedenfalls schon in der Wahlnacht den früheren Ministerpräsidenten Teufel zitiert. „Erst das Land, dann die Partei und ganz zum Schluss die Person“, habe Teufel zurecht immer gesagt. „Jetzt geht es um Stabilität und Verlässlichkeit für Deutschland. Dem gilt unsere ganze Anstrengung.“ Für Personaldebatten, so die Botschaft zwischen den Zeilen, sei jetzt keine Zeit.
Auch Generalsekretärin Isabell Huber argumentiert ähnlich. „Wir müssen jetzt einen Schritt nach dem anderen machen. Deutschland braucht eine stabile und verlässliche Regierung. Union, FDP und Grüne könnten diese bilden und die drängenden Fragen unserer Zeit kraftvoll angehen. Darüber sollten wir sprechen.“
Oettinger stärkt Strobl den Rücken
Der frühere EU-Kommissar und Ministerpräsident Günther Oettinger warnte in Stuttgart vor einer Revolte gegen den Landeschef. Nach dem Wahlergebnis werde es auf dem Landesparteitag im November zwar Druck geben, sagte Oettinger. „Aber ich kann nur raten, dass die Mehrheit dem Druck stand hält und Thomas Strobl bestätigt.“ Er habe selbst kein Stimmrecht mehr, aber sein klarer Rat sei: Nachdem Strobl die CDU in die Regierung geführt habe, wäre es nur logisch, dass er für weitere zwei Jahre die Partei führe. Auch dürfe man Strobl nicht vorwerfen, dass er sich für Armin Laschet stark gemacht habe. „Dass Markus Söder nicht unbedingt immer solidarisch ist, hat man in den letzten Wochen gemerkt“, sagte Oettinger. „Der hat Laschet das Leben nicht immer leicht gemacht.“ Am Montagabend tagen Präsidium und Landesvorstand in Gerlingen. Die erste Aussprache zur Wahlnachlese steht auf der Tagesordnung.