Bei den Ludwigsburger Steillagentagen haben die Besucher bei Führungen, Weinproben und Gesprächen mit Winzern miterleben können, was den Reiz dieser Kulturlandschaft ausmacht.
Wer geunkt hatte, dass bei den Ludwigsburger Steillagentagen am Freitagabend tote Hose herrschen würde, wurde vor Ort schnell eines Besseren belehrt. Trotz der Konkurrenz durch das Fußball-EM-Spiel zwischen Deutschland und Spanien pilgerten zig Besucher zu Fuß, per Rad, mit dem Auto oder via Oldtimer-Shuttle-Bus in Richtung des Veranstaltungsgeländes an den Hängen oberhalb des Neckars auf halbem Weg zwischen Poppenweiler und Neckarweihingen. Obwohl das Event erst zum vierten Mal aufgelegt wurde, hat es also bereits einen großen Stamm an treuen Gästen – die auch am Samstag noch ganz tief in das Herz des Weinbaus eintauchen konnten.
Führungen samt Verkostung
„Wir wollen mit dieser Veranstaltung für die Steillagen sensibilisieren, für die Kulturlandschaft und für die Weine“, sagt Elmar Kunz von Tourismus und Events Ludwigsburg, das die Veranstaltung auf die Beine stellt. Es sei wie ein Tag der offenen Tür in den Weinbergen. Man könne auf eigene Faust durch eine Anbaufläche am Hang spazieren – oder sich einer Führung anschließen. Fünf Euro zahlte man für eine kleine, zehn für die große Runde, bei der es sogar in die markanten Stäffele reinging. Eine Verpflegung und eine Weinverkostung waren dabei inklusive. Außerdem haben die Gäste auf unterhaltsame Weise erfahren, wie der Rebensaft produziert wird, was die Landschaft auszeichnet und vieles anderes mehr. Wer mochte, konnte auch mit einem Segway auf dem Grüß-Gott-Weg an den Trauben entlangdüsen. Ein Angebot, das erstmals im Programm war.
Ganz besonders aufschlussreich war aber, mit denen ins Gespräch zu kommen, die selbst in dem schwierig zu bearbeitenden Gelände ackern. Vor allem dann, wenn es blutige Anfänger wie Bernhard Barth und Simon Gapp sind. Die beiden waren am Stand der Heldenschmiede postiert, einem Projekt zur Wiederbelebung brach liegender Steillagen. Angeleitet von Profis kümmern sich dabei derzeit rund 25 Freiwillige um eine Fläche, die die Stadt Ludwigsburg zur Verfügung stellt. Sie machen sich in der Regel an einem Samstag und einem Mittwoch pro Monat auf in den Weinberg, lernen dort praktisch und theoretisch das Einmaleins des Anbaus. Bernhard Barth ist im eigentlichen Leben Projektleiter bei Bosch und brennt für sein neues Hobby: „Wenn man sich gerne draußen aufhält, ist das natürlich schön. Und es ist entspannend.“ Ähnlich geht es Gapp, der ein Kontrastprogramm zu seinem Beruf als Softwareentwickler gesucht hatte. Er freut sich auch schon auf den ersten selbst produzierten Wein.
Fünf Familien haben die Liebe zum Weinbau entdeckt
Einen Schritt weiter sind die „Steile Helden“, eine Allianz von fünf Familien, die ihr Handwerk wie Barth und Gapp einst bei der Heldenschmiede gelernt haben und nun schon selbst zwei eigene, sogar prämierte Jahrgänge in die Flasche gebracht haben. Ihre Anbaufläche, rund sieben Ar, ist von der Stadt Ludwigsburg gepachtet.
„Ich war von Beginn an Feuer und Flamme“, sagt Jörn Köster, wenn er auf die Anfänge bei der Heldenschmiede zurückblickt. Die Fachleute aus dem Programm stünden auch weiter bei Fragen zur Verfügung, erzählt der Ludwigsburger am Stand von „Steile Helden“. Die Hobbyweingärtner haben einen Rosé und einen Roten aus Trollinger-Trauben in petto, wollen sich als Nächstes an einen Blanc de Noirs und einen Sekt wagen. Und wie ist das, den ersten eigenen Wein aufzumachen? „Es ist ein absolutes Hochgefühl und erfüllt uns auch mit Stolz“, sagt der 45-Jährige.
Stolz dürften auch die Weingärtner Marbach sein, die auf der Veranstaltung mit dem „Heldenglück“ einen brandneuen Rosé ausschenkten. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Tropfen, dessen Wurzeln in dem Projekt Heldenschmiede liegen, bei dem die Genossenschaft aus der Schillerstadt als fachkundiger Partner mit im Boot ist. Die Trauben für das neue Erzeugnis waren von Teilnehmern an dem Programm hochgepäppelt worden. Antje Friedrich, Marketingleiterin der WG, beschreibt den Rosé unter anderem als fruchtig. Charakteristisch bei dem „sehr filigranen“ Tropfen sei zudem ein „schöner, langer Nachklang“.
Zu den weiteren Attraktionen gehörte das Glücksrad des Landratsamts, bei dem es Preise rund um den Wein zu gewinnen gab. Und nicht zu vergessen: die spektakuläre Aussicht auf die Zugwiesen, die die Besucher stehend oder entspannt von den bereitstehenden Liegestühlen aus genießen konnten.