Gerd Weil aus Ostfildern hat Markus Müller vor 18 Jahren mit einer Knochenmarkspende das Leben gerettet. Foto: Ines Rudel

Mit einer Stammzellenspende hat Gerd Weil aus Ostfildern (Kreis Esslingen) vor 18 Jahren einem ostfriesischen Jungen das Leben gerettet. Seitdem sind die beiden eng befreundet und beide hoffen, dass sie mehr Menschen als Spender registrieren lassen.

Wie er zum Lebensretter wurde, wie schön sich das auch heute noch jeden Tag anfühlt, und wie einfach es war, zu helfen, das erzählt Gerd Weil gerne und bei vielen Gelegenheiten. Mit einer Stammzellenspende hat er im Jahr 2007 einem Kind aus Norddeutschland das Leben gerettet. Der 59-Jährige aus Ostfildern möchte mit seiner Geschichte andere Menschen motivieren, seinem Beispiel zu folgen und sich bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren zu lassen. „Mund auf, Stäbchen rein – der Aufwand ist gering“, sagt er.

Zwei Jahre lang dürfen sich Spender und Empfänger nicht kennenlernen

Gerd Weil hatte sich 1999 bei einer Aktion in der Firmenkantine registrieren lassen – und nie mehr daran gedacht. Bis er im Jahr 2006 einen Brief bekam, dass er als Spender infrage kommen könnte. Entscheidend für den Erfolg einer Stammzelltransplantation ist laut DKMS vor allem der Grad der Übereinstimmung der Gewebemerkmale zwischen Spender und Patient. Anfangs gehörte er noch zu den 100 Personen, die infrage kommen, dann zu den letzten zehn, am Ende war er der Treffer. Auf die Anfrage der DKMS, ob er auch tatsächlich spenden wolle, zögerte der Bankfachwirt keine Sekunde. „Logisch mache ich das.“ An diesen Satz erinnert sich der 59-Jährige noch gut. Bis dahin war alles noch anonym.

Ein Stammzellbeutel der DKMS. Foto: DKMS

Dass er einem an Blutkrebs erkrankten Siebenjährigen aus Ostfriesland, fast gleich alt wie sein eigener Sohn, das Leben rettet, hat er erst nach der Stammzellenentnahme erfahren. Weitere zwei Jahre dauerte es, bis diese Daten auch Namen und Gesicht bekamen. Denn so lange gibt es eine Sperrfrist, in der Spender und Empfänger nichts voneinander wissen dürfen. Die Eltern des kleinen Markus aus Rechtsupweg schrieben ihm damals einen rührenden Brief. Seitdem sind die beiden Familien befreundet, besuchen sich trotz der Entfernung regelmäßig und laden sich gegenseitig zu Familienfesten ein. Markus Müller ist längst erwachsen und gilt als geheilt. Erinnerungen an die schwere Zeit, als sein Leben am seidenen Faden hing, an mehrere Chemotherapien und an den Kampf, als sein Körper nach der Knochenmarkspende anfangs heftige Abwehrreaktionen zeigte, hat der 24-Jährige nur noch verschwommen. Doch er weiß, wie viel Glück er gehabt und wie viel er seinem Spender zu verdanken hat. „Wie ein Sechser im Lotto“, sagt Markus Müller. Der Tag der Spende ist für seine Familie wie ein zweiter Geburtstag.

Mulmiges Gefühl vor der Operation

Gerd Weils Weg führte zunächst in ein Krankenhaus. Das Knochenmark wurde ihm in einer Spezialklinik in Nürnberg entnommen. „Im Krankenhaus wurde mir dann doch mulmig.“ Ihm stand schließlich eine Operation unter Vollnarkose und ein dreitägiger Krankenhausaufenthalt bevor, obwohl er kerngesund war. Eine aufmerksame Krankenschwester hat seine Sorgen wahrgenommen und ihn mit auf eine Tour durchs Krankenhaus genommen. Auch auf einer Station für schwerkranke Kinder waren sie. „Als ich das gesehen habe, war mir klar, wie klein meine Probleme doch sind, alle Bedenken waren weg“, erzählt Gerd Weil am Esstisch seines Hauses im Scharnhauser Park. Die DKMS habe sich rührend um ihn gekümmert, es gab Blumen für ihn und später ein Essenspaket mit blutbildenden Lebensmitteln.

Die Schmerzen nach der OP waren schnell weg

Nach der Operation, bei der ihm rund ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch aus dem Beckenkamm entnommen worden war, habe er Rückenschmerzen gehabt. „Aber das war locker auszuhalten“, sagt Gerd Weil. Nach wenigen Tagen waren auch die verschwunden. „Ich habe mich gefühlt wie vorher“, sagt der 59-Jährige, nur beim Sport habe er ein paar Wochen lang weniger Power gehabt. Es gibt laut DKMS zwei verschiedene Methoden für die Spende: die periphere Stammzellentnahme und die Knochenmarkentnahme wie bei Gerd Weil. Die Entnahmeart hänge unter anderem von der Diagnose des Patienten ab.

„Ich bin sehr froh, dass ich helfen konnte“, sagt Gerd Weil rückblickend. Den Tag, als er Markus und seinen Eltern gegenüberstand, wird er nie vergessen. „Ich habe noch nie so viel Dankbarkeit erfahren“, sagt er.

Kampf gegen den Blutkrebs

Weltkrebstag
In Deutschland erkrankt alle zwölf Minuten ein Mensch an Blutkrebs, weltweit alle 27 Sekunden. Für viele ist eine Stammzellspende die letzte Chance auf ein Überleben. Um die Chancen auf einen Treffer im weltweiten Suchlauf zu steigern, sucht die DKMS dringend weitere Spenderinnen und Spender. Allein im Jahr 2025 scheiden aus Altersgründen rund 150 000 Menschen aus der DKMS in Deutschland aus – eine Steigerung um 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Jede und jeder Einzelne kann helfen“, appelliert die Organisation anlässlich des Weltkrebstages, der immer am 4. Februar stattfindet.

Stammzellen spenden
Es gibt zwei verschiedene Methoden, um lebensrettende Stammzellen zu spenden: die periphere Stammzellentnahme und die Knochenmarkentnahme. Die Entnahmeart hängt auch von der Diagnose des Patienten ab. Die Knochenmarkentnahme kommt bei etwa zehn Prozent der Stammzellspenden zum Einsatz. Mittlerweile werden bei über 90 Prozent der Spender die Stammzellen über ein spezielles Verfahren aus dem Blut gewonnen. Dafür wird ähnlich wie bei einer Dialyse ein Zugang in die Armenvenen gelegt. Eine Registrierung ist für gesunde Menschen zwischen 17 und 55 Jahre jederzeit unter dkms.de möglich.