Sobald die Handwerker – wie hier bei der Probesanierung an der Zollberg-Realschule – PCB-belastete Fugen ausbauen müssen und die Giftstoffe dann durch die Luft schwirren könnten, muss die Baustelle aufwendig abgegrenzt werden. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Zehn Monate nachdem die massive PCB-Belastung der Zollberg-Realschule publik wurde, hat die Stadt 600.000 Euro für Beseitigung von Schadstoffen an Schulen und Kitas ausgegeben.

EsslingenZehn Monate, nachdem teilweise alarmierende PCB-Befunde nicht nur die Esslinger Schulhäuser, sondern auch das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern, Eltern und Technischem Rathaus extrem belastet haben, scheint wieder Ruhe eingekehrt zu sein. „Bislang sind wir noch mit einem blauen Auge davongekommen“, gibt Rathaussprecher Roland Karpentier die Einschätzung von Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht wieder. „Aber wir müssen uns natürlich jedem neuen Ergebnis stellen.“

Bisher ist das Haupthaus der Zollberg-Realschule das einzige städtische Gebäude, das die Stadt aufgrund einer extrem hohen Belastung mit polychlorierten Biphenylen, darunter auch das dioxinähnliche PCB 118, abreißen und neu bauen lassen muss. Kostenpunkt: zwischen 14 und 17 Millionen Euro je nach Größe. Der Container-Campus, den die Schüler seit dem vergangenen Jahr übergangsweise bezogen haben, ist da noch nicht dabei: Eine Million Euro stecken im Aufbau, 800 000 Euro überweist die Stadt jährlich an Miete. Für den Abbruch des Hauptbaus kalkuliert man mit einer Million Euro.

Insgesamt hat der Eigenbetrieb Städtische Gebäude Esslingen (SGE) bislang rund 600 000 Euro für Schadstoffmessungen, Gutachten und Sanierungsarbeiten an Esslinger Schulen, Kitas und Sporthallen ausgegeben, erläutert der Technische Leiter Oliver Wannek. Immerhin hat er schon alle Schulhäuser untersuchen lassen, die vom Bautypus und der Bauzeit (1962 bis 1980) her die Verwendung von polychlorierten Biphenylen – kurz PCB – in den Fugen zwischen Betonfertigteilen, in Deckenplatten oder Anstrichen vermuten ließen. Auch die städtischen Kitas sind bis auf drei Einrichtungen, die jetzt im Februar noch beprobt werden, alle abgearbeitet. Da die Stadt aber die Untersuchungen auf alle möglichen Schadstoffe ausgeweitet hat, stehen noch rund 14 weitere Schulgebäude auf der Liste. Dazu kommen fünf weitere Sporthallen, die noch im Laufe dieses Jahres unter die Lupe genommen werden sollen. Und ganz am Ende dann die städtischen Verwaltungsgebäude.

In diesen Tagen erwartet Wannek die Ergebnisse der Schadstoffuntersuchungen an der Seewiesenschule. Ersten Wasserstandsmeldungen zufolge liegen sie im grünen Bereich. Noch im Februar sollen in der Grundschule Mettingen, der Schillerschule Berkheim und der Herderschule Oberesslingen Proben gezogen werden – ebenso in den Kindertageseinrichtungen in der Sulzgrieser Straße 124, in der Berkheimer Ulrichstraße 23 und in der Schulstraße. Wannek: „Bei den Kitas haben wir bislang kein PCB gefunden.“ Allerdings sind die Balken in der Beutauklinge mit einem PCP-haltigen Mittel gestrichen worden. PCP steht für Pentachlorphenol, das gerne in Holzschutzmitteln verwendet wurde und als krebserregend eingestuft wird. „In einem Raum in der Kita liegen die Ergebnisse leicht über dem Richtwert“, so Wannek. Der Anstrich soll im Februar oder März versiegelt werden – in allen anderen Räumen mit Balken ebenso. Wannek: „Alle anderen Kitas liegen unter Nutzungsbedingungen im grünen Bereich. Wir müssen baulich dort nichts mehr machen.“

Zurück zum PCB, den polychlorierten Biphenylen. Die Sporthalle der Zollberg-Realschule hatte die Stadt in den Sommerferien gründlich reinigen und mit einer Lüftungsanlage bestücken lassen. Die Fugen, an die man herankam, wurden abgedeckt oder ausgebaut. Unbehandelt sind derzeit noch die Stellen, die hinter einer Holzwand verborgen sind. Obwohl die Messungen in der Halle nach den Eingriffen im grünen Bereich liegen, wird die Wand in eine Schadensliste aufgenommen. Auf der sammelt der SGE noch notwendige oder wünschenswerte Eingriffe, ordnet sie nach Dringlichkeit und arbeitet sie dann ab. Nicht immer können die Handwerker sofort anrücken. Und sobald PCB-Fugen nicht nur abgeklebt, sondern auch entfernt werden, muss das in einem abgegrenzten Schwarz-Weiß-Bereich über die Bühne gehen. Das ist aufwendig und im laufenden Schulbetrieb nicht immer möglich.

So konnten im Flachbau der Realschule Oberesslingen noch nicht alle Fugen entfernt werden, teils wurden sie nur überklebt. In einem Klassenzimmer liegt der Wert deshalb noch mit 440 Nanogramm pro Kubikmeter Luft etwas über dem Vorsorgewert von 300 Nanogramm. Wannek: „Spätestens im Sommer werden wir diese Fuge noch entfernen.“ Das gilt auch für Reste, die in einem Klassenzimmer der Grundschule St. Bernhardt noch für leicht erhöhte Werte sorgen. In der dortigen Sporthalle hat man in der Holzverkleidung zudem PCP gefunden. Wannek: „Allerdings ist das in der Luft nicht nachweisbar, wir müssen baulich nichts machen. Wir nehmen aber auch das in unseren Schadenskatalog auf.“ In den beiden Umkleideräumen der Turnhalle des Georgii-Gymnasiums sind indessen leicht erhöhte PCB-Werte gemessen worden. Die Fugen sollen in den Sommerferien ausgebaut und neu gemacht werden.

Annähernd grünes Licht kann die Stadt mittlerweile für die Grundschule Sulzgries geben. Das ist die Schule, die der SGE auf Anregung einer Mutter 2017 als allererste Schule auf PCB hin untersuchen und dann sanieren ließ. Lediglich in einem Treppenhaus sei noch ein leicht erhöhter Wert festzustellen, so Wannek. Man werde untersuchen, woran es liege. Die eingebauten und laufenden Lüfter sollen jedenfalls kein Dauerzustand sein, bekräftigt der SGE-Chef. „Wir werden eine zeitgemäße Lüftungsanlage bekommen, wie sie heute überall Standard ist“, ergänzt Schulleiterin Ursula Weinzierl.