Mit 13:9-Stimmen hat der Wernauer Gemeinderat eine neue Sporthalle auf Eis gelegt. Weitere Planungen, die das Vorhaben hätten konkretisieren können, finden nicht statt. Sportlerinnen und Sportler sind sauer – wollen aber weiterkämpfen.
Eine Gemeinderatssitzung zum städtischen Haushalt, die mehr als 200 Besucherinnen und Besucher anlockt, hat es in Wernau vermutlich noch nie gegeben. Dass so viele, und vor allem so viele junge Leute gekommen waren, hatte einen Grund: Wieder einmal ging es um den Bau einer neuen Sporthalle, genau genommen um eine Planungsrate in Höhe von 200 000 Euro, die in den Etat eingestellt worden war – für die CDU, Freie Wähler, SPD und Grüne allerdings einen Sperrvermerk beantragt hatten.
Mit 13:9-Stimmen – die Wernauer Bürgerliste (BL) und die Jungen Bürger (JB) hatten sich einhellig dagegen ausgesprochen – wurde der Antrag beschlossen, womit weitere Planungen, und nur darum ging es in diesem ersten Schritt, bis auf weiteres – und anders als das in der jüngeren Vergangenheit zu erwarten gewesen war – auf Eis gelegt sind. Nach langen Jahren mit unzähligen Gesprächsrunden, Arbeitskreisen, Workshops und Absichtsbekundungen schien an der neuen Sporthalle, nach einer Bürgerbeteiligung im vergangenen Jahr, der oft zitierte Knopf dran zu sein.
Unschöne Überraschung für die Sportvereine
Zumindest wurde, als ein Bürgerforum im Dezember eine rasche Umsetzung des Projekts forderte, kein Contra laut. So kam der fraktionsübergreifende Antrag für die Vertreter der Sportvereine völlig überraschend – und ohne dass im Vorfeld jemand mit ihnen darüber gesprochen hätte. Die Folge war ein offener Brief, in dem sie ihren Unmut äußerten und eine Rücknahme des Antrags verlangten. Gefolgt von der Mobilisierung vieler Sportlerinnen und Sportler, denen das Thema unter den Nägeln brennt, die sich aber in der Ratssitzung äußerst diszipliniert und zurückhaltend verhielten. Grund, die eine oder andere Anmerkung los zu werden, hätte es dabei schon während der insgesamt eineinhalbstündigen Haushaltsreden gegeben. Denn es zeigte sich rasch, dass CDU, Freie Wähler, SPD und Grüne an ihrem Ansinnen festhalten würden. „Können wir uns angesichts der uns vorliegenden Haushaltszahlen eine solche Sporthalle überhaupt leisten?“, fragte CDU-Fraktionschef Jens Müller rhetorisch und beantwortete die Frage mit „Wir sehen hier leider ein großes Fragezeichen“.
Auch sein Ratskollege Jürgen Haas von den Freien Wählern betonte, „dass eine schuldenfinanzierte Sporthalle andere Projekte aus dem Pflichtaufgabenbereich über Jahre blockieren würde, was wir nicht verantworten können“.
Steimer: Hinhaltetaktik wird von der Bürgerschaft nicht akzeptiert
Petra Binz erklärte für die SPD: „Wir können eine weitere Freiwilligkeitsleistung erst in Angriff nehmen, wenn klar ist, wie deren Finanzierung auch in den Folgejahren verantwortlich umgesetzt werden kann.“ Seitens der Grünen betonte Nicolai Boldt: „Niemand ist generell gegen eine Sporthalle. Aber die Priorisierung und die Finanzierung der Aufgaben muss stimmen, gerade in diesen Dimensionen.“
Die BL-Fraktionsvorsitzende Sabine Dack-Ommeln sah das ganz anders: „Für uns sind konkrete Planungen immer sinnvoll und erforderlich, es sei denn, man will, ohne qualifizierte Beratung, von vornherein und grundsätzlich gar keine Sporthalle bauen.“ Und Matthias Steimer (JB) appellierte: „Treten Sie von diesem Antrag zurück. Geben Sie den Weg frei für den weiteren Prozess. Es geht nicht nur um den Bau einer Halle. Es geht darum, unserem Auftrag als Gemeinderat gerecht zu werden, Verantwortung zu übernehmen und eine Entscheidung zu treffen.“ Eine Hinhaltetaktik würde die Bürgerschaft nicht akzeptieren, ergänzte er.
Frust und Wut bei den Sportlerinnen und Sportlern
Genau das wurde, nachdem der Antrag trotz aller Gegenreden eine Mehrheit gefunden hatte, draußen vor der Stadthalle deutlich: Frustration, Resignation und Wut brachen sich in vielen Aussagen der enttäuschten Sportlerinnen und Sportler Bahn. „Da hätten die sich das Gesülze über die Bedeutung des Ehrenamts besser gespart“, schimpfte eine ältere Frau, während einem jungen Handballer, an der Trainingsjacke unschwer zu erkennen, ein „voll in die Fresse“ entfuhr. Dies wiederum waren noch zwei der wenigen zitierfähigen Äußerungen.
Mit dem Wort „fassungslos“ beschrieb Thomas Bäurle seinen Seelenzustand. Der Vorsitzende des HC Wernau war nach der Entscheidung völlig konsterniert. „Jahrelange Arbeit für die Katz“, sagte er kopfschüttelnd und suchte nach den richtigen Worten. Diese fanden der TSV und der HC dann am anderen Tag wieder und verfassten eine gemeinsame Stellungnahme. In dieser ist von einem „Schlag ins Gesicht des Vereinssports“ die Rede. Wer dieses Projekt stoppe, müsse erklären, wie der Vereinssport in Wernau – ohne Platz, ohne Perspektive – künftig funktionieren solle.
Die Vereine wehren sich zudem „gegen unsachliche Vorwürfe von Teilen des Gemeinderats, sie seien gegen Kindergartensanierungen oder ein Altenheim“. Wer das gegeneinander ausspiele, handle unverantwortlich. Solche Aussagen seien halt- und respektlos gegenüber den vielen Ehrenamtlichen, die sich in den Wernauer Sportvereinen engagierten. „Sport ist kein Luxus, sondern ein essenzieller Bestandteil unserer Gesellschaft“, heißt es in der Stellungnahme, in der zudem bedauert wird, dass Bürgermeisterin Christiane Krieger in dieser zentralen Frage keine Stellung bezogen und sich nicht klar positioniert habe.
Der TSV und der HC schließen ihr Statement mit einer Forderung und einem Versprechen: „Wir fordern endlich Lösungen. Fördermittel, Kooperationen, Eigenleistungen – es gibt Wege, wenn der Wille da ist. Wir werden weiterkämpfen!“
Gestrichen oder gesperrt – was ist der Unterschied?
Streichung
Werden in einem städtischen Haushalt komplette Positionen, die zuvor von der Verwaltung in das Zahlenwerk eingepreist worden sind, durch einen Gemeinderatsbeschluss kassiert, tauchen diese im Etat auch nicht mehr auf. Sollte im Laufe des jeweiligen Jahres erkannt werden, dass eine der ursprünglich eingeplanten Maßnahmen notwendig ist, sind bei höheren Summen eine neuerliche Diskussion, ein entsprechender Beschluss und ein sogenannter Nachtragshaushalt erforderlich.
Sperrung
Wird ein Haushaltsposten mit einem Sperrvermerk versehen, werden die eingestellten Gelder zwar nicht aus dem städtischen Etat gestrichen, allerdings dürfen davon auch keine Ausgaben getätigt werden. Das Geld ist gewissermaßen „eingefroren“ bis die geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. Bei einer Stellenbesetzung oder bei einer konkreten Baumaßnahme mag dieses Abwarten einen Zeit- und womöglich auch einen Erkenntnisgewinn bringen. Bei einem Planungsvorhaben ist das jedoch schwieriger, da oft gerade mit einer solchen Sperre verhindert wird, dass man zu neuen Erkenntnissen gelangt. Aufgehoben werden kann ein solcher Sperrvermerk indes durch einen einfachen Gemeinderatsbeschluss.