In dieser Gruppe der Turnabteilung des TV Hochdorf geht äußerst heterogen zu. Vor allem was das Alter angeht. Foto: Katja Eisenhardt

In der Turnabteilung des TV Hochdorf gibt es eine besondere Gruppe: Hier trainieren 14-Jährige gemeinsam mit Senioren über 80. Die Jungen profitieren von den erfahreneren Turnern. Und der sportliche Ehrgeiz macht kein Halt vor dem Alter.

Mit Leichtigkeit geht Hans Bachhofer in den Handstand. Ein paar Meter weiter turnt Hans Roos eine Reck-Übung, sein Bruder Otto Roos schaut ganz genau hin, ob sie auch sauber ausgeführt wird. Was nach einem normalen Turntraining klingt, ist dennoch etwas Besonders. Denn die drei Sportler sind zwischen 75 und 83 Jahre alt.

Das Alter ist überhaupt eine Besonderheit dieser Hochdorfer Turnergruppe. Deren Altersspanne reicht von den 14-jährigen Mädels über Erwachsene in ihren 40ern bis zu den Senioren über 80. Hans Roos ist mit 83 Jahren der Älteste. „Das gibt es in umliegenden Vereinen so unseres Wissens nach nicht“, sagt der acht Jahre jüngere Otto Roos.

Ältere geben jüngeren Turnern wichtige Tipps

Zweimal pro Woche trainiert die Gruppe in der Breitwiesenhalle, jeder für sich an seinen Geräten und doch im Team. Denn der Austausch untereinander ist ein wichtiger Bestandteil. Man gibt sich gegenseitig Tipps und Hilfestellung, schaut auf die Feinheiten der geturnten Übungen – auf das, was gut klappt, und jenes, was noch verbesserungsfähig ist, gerade im Hinblick auf die Wettkämpfe. Dabei profitieren die Jüngeren der Truppe von der Erfahrung der Älteren.

An diesem Abend sind Lotta, Carla (beide 14) und Marie (18) die Jüngsten beim Training. Die Mädels gehören zu den Rhythmischen Sportgymnastinnen und der Showtanzgruppe des Vereins. Im Turntraining üben sie die für den Showtanz benötigten Bodenelemente. „Das ist für uns eine gute Ergänzung und man bekommt gute Tipps“, sagt Marie. Altersmäßig sei die gemischte Gruppe die einzige Option. Denn in der Jugendabteilung reiche das Turnangebot nur bis 13 Jahre.

Sport gehört gerade für die Älteren fest zum Leben

Diese Trainingsmöglichkeit schätzen auch Anja Schauerhammer, Silke Weber und Annette Eberle, alle in ihren 40ern. Anja Schauerhammer ist über einen gemeinsamen Trainerlehrgang mit Otto Roos auf die Gruppe aufmerksam geworden und kommt extra aus Holzheim. Silke Weber stammt aus Wernau. „Wir haben altersübergreifend Spaß am selben Sport und motivieren uns gegenseitig“, sagen die Frauen. Annette Eberle ist zudem Leichtathletin, ebenso wie Arnold Watzin (76). Beide Hochdorfer nutzen das Turntraining während der Winterzeit. „Da gehören dann auch Dehn- und Kraftübungen dazu“, so Watzin, der mit der Leichtathletik in jungen Jahren angefangen hat. „Ab dem Frühjahr trainieren wir wieder draußen am Aspen. Da muss allerdings dringend die Aschenbahn gerichtet werden, die ist durch das Befahren mit schweren Maschinen während des Baus der Flutlichtanlage und der Sanierung der Beregnungsanlage sehr in Mitleidenschaft gezogen worden“, betont Annette Eberle.

Hans Bachhofer (82) hat 1961 in Kirchheim mit dem Turnen angefangen. Der altersgemischten Hochdorfer Gruppe hat er sich angeschlossen, als es für sein Alter in seinem Wohnort kein Turnangebot mehr gab. Ans Aufhören denkt auch er nicht, der Sport gehört besonders für die Älteren der Gruppe seit Jahrzehnten fest zum Leben dazu. Otto und Hans Roos turnen seit ihrer Kindheit: „Ich habe mit neun angefangen, Otto mit sechs Jahren“, erzählt Hans Roos. In den Jahren nach Kriegsende habe es im Ort nicht mehr viel gegeben, so der 83-Jährige, „aber zum Turnen konnte man“.

Nach zwei Herzinfarkten weitertrainiert

Bis heute sind die Brüder ohne größere Unterbrechungen dabei geblieben. Nicht einmal zwei Herzinfarkte konnten Hans Roos ausbremsen: „Sobald es ging, habe ich wieder trainiert und werde es weiterhin tun, solange die Knochen mitmachen. Für das Herz ist die Bewegung sowieso wichtig“, sagt er und lacht. Alle in der Gruppe sind sichtlich fit – das regelmäßige Ganzkörpertraining scheint zu wirken.

Der sportliche Ehrgeiz ist auch bei den Ältesten ungebrochen, bis heute gehören Wettkämpfe dazu. So konnte Hans Roos von seinen frühen Turnerjahren in der 2. Bundesliga bis ins hohe Alter viele Erfolge bei Meisterschaften feiern. Bis zur Senioren-Weltmeisterschaft war er mit von der Partie. In den Vitrinen des heimischen Kellers stapeln sich die Medaillen und Pokale, erfährt man. Vielleicht kommen noch weitere dazu.