In Waiblingen sollen die verschiedenen Angebote der Musikerziehung an einem Ort gebündelt werden. Foto: Patricia Sigerist

Das Projekt, das Räume bündeln und Kultur mitten Waiblingen erlebbar machen soll, stand kurz vor dem Aus. Nun geht es doch weiter – mit konkreten Planungsschritten.

Die Stadt Waiblingen macht Ernst mit einem ambitionierten Kulturprojekt. Nachdem das geplante „Haus der Musik“ im Februar noch wegen der klammen Haushaltslage ausgebremst wurde, gibt der Gemeinderat nun grünes Licht für die nächsten Planungsschritte. Der Sperrvermerk im Haushaltsplan wurde aufgehoben.

Die Entscheidung fiel einstimmig. Selbst jene Stimmen, die sich kritisch zur Dimension des Projekts äußerten, wie die FDP-Fraktionsvorsitzende Julia Goll, verweigerten dem Vorhaben nicht die Zustimmung. Goll merkte jedoch an: „Fast 1000 Quadratmeter – geht’s vielleicht eine Nummer kleiner?“ Oberbürgermeister Sebastian Wolf entgegnete, man habe die ursprünglichen Planungen bereits reduziert. Außerdem sei die aktuelle Konzeption nicht in Stein gemeißelt – sie diene lediglich als Grundlage für eine vertiefte Planung.

Kulturreform in Waiblingen: Effiziente Raumgestaltung für Musik

Der Reformdruck ist spürbar: Aktuell finden Unterricht, Proben und musikalische Frühförderung an 42 verschiedenen Orten in ganz Waiblingen statt. Die Musikschule Unteres Remstal, das Städtische Orchester, der Philharmonische Chor und zahlreiche Nachwuchsbands nutzen ein unübersichtliches Geflecht an Räumen – von Schulgebäuden über Kirchen bis hin zum Feuerwehrhaus. Zwar erlaubt diese dezentrale Struktur Nähe zu den Stadtteilen, doch sie ist organisatorisch aufwendig und in vielerlei Hinsicht ineffizient.

Der Waiblinger Kulturamtsleiter Thomas Vuk, selbst Musiker, hat das Konzept ausgearbeitet. Foto: Gottfried Stoppel

„Wir sprechen hier nicht über Luxus, sondern über Notwendigkeit“, betont der Kulturamtsleiter Thomas Vuk. Die Ausweitung schulischer Angebote, insbesondere im Zuge des ab 2026 geltenden Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung, verdränge zunehmend externe kulturelle Nutzer aus Schulräumen. Hinzu komme, dass viele der genutzten Räume weder akustisch noch logistisch für musikalisches Arbeiten geeignet seien.

Ordnung ins Proben- und Unterrichtswirrwarr bringen

Ein neues Haus der Musik soll nun Ordnung in dieses Proben- und Unterrichtswirrwarr bringen. Statt 42 Räume an 17 Standorten reichen laut Verwaltung künftig 15 Räume an einem Standort aus – dank effizienterer Nutzung und optimierter Planung. Die Ortschaften sollen dennoch einbezogen bleiben: Je ein Standort in den Ortsteilen ist weiterhin vorgesehen.

Als geeignetster Ort für das Musikhaus wurde der Galerieparkplatz identifiziert – zentral gelegen, städtisch im Eigentum und verkehrlich gut angebunden. Der Parkplatz dient bislang als wichtiges Bindeglied zwischen Altstadt, Kulturhäusern und Einzelhandel. Sein Verlust als ebenerdige Fläche wird durch den Bau eines Parkdecks auf dem verbliebenen Areal kompensiert. Eine Tiefgarage, wie zunächst diskutiert, soll es aus Kostengründen nicht geben. Die Stadtverwaltung warnt: Zusätzliche Nutzungen oder ein größeres Bauvolumen würden das Projekt unnötig verkomplizieren und verteuern.

Kultur- und Kreativquartier Waiblingen: Haus der Musik als Zentrum

Auch städtebaulich passt das Haus der Musik ins Bild: Es würde das kulturelle Band zwischen Galerie Stihl, Kunstschule, Haus der Stadtgeschichte und Kulturhaus Schwanen am Remsufer stärken – und das Kultur- und Kreativquartier von Waiblingen deutlich aufwerten.

Doch das Projekt will mehr sein als ein funktionaler Neubau. Es soll ein Zentrum werden, das musikalische Bildung, kulturelle Teilhabe und interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht. In der Konzeption ist vom Ausbau der musikalischen Früherziehung, von Angeboten der Musiktherapie und von Projekten zwischen Pop und Klassik die Rede. Denkbar seien auch offene Angebote, wie niederschwellige Proberäume für Jugendliche oder digitale Musikformate. Selbst KI-gestütztes Recording findet in den Überlegungen seinen Platz.

Raumprogramm und Architekturwettbewerb: Schritte zur Kulturzukunft

Derzeit werde ein „fiktives Raumprogramm“ entwickelt, das die tatsächlichen Bedarfe und Nutzungen analysieren und optimieren soll. Danach folgt eine Grobstudie – für deren Erstellung die nun freigegebenen 100 000 Euro aus dem Haushalt 2025 verwendet werden. In einem nächsten Schritt soll ein Architekturwettbewerb folgen. Erst dann könne man über konkrete Kosten sprechen. OB Wolf betont: „Sie geben mit Ihrem Votum keine Grundsatzentscheidung über das Projekt. Sie geben nur die weitere Planung frei.“

Dass dieses Projekt überhaupt wieder auf dem Tisch liegt, ist bemerkenswert. Im Februar hatte die Stadt unter heftigem finanziellem Druck gestanden: Der Gewerbesteuerhebesatz wurde erstmals seit 14 Jahren erhöht – eine schmerzhafte Entscheidung, die auch in Teilen des Gemeinderats mit Bauchgrimmen aufgenommen wurde. „Uns fehlen drei Millionen Euro für einen genehmigungsfähigen Haushalt“, erklärte damals Stadtkämmerer Fatih Ozan.

Umso bemerkenswerter erscheint nun der einmütige Wille, Kultur nicht einfach dem Rotstift zu opfern. Das Haus der Musik soll – so die Verwaltung – nicht nur Bildungsort sein, sondern auch ein Frequenzbringer für die Innenstadt, ein Ort der Begegnung und Inspiration. Im besten Fall wird es ein akustisches Herzstück der Stadt.