Jürgen Merz ist selbstständiger Gärtnermeister und Esslinger Stadtrat. Um Beruf und politisches Ehrenamt unter einen Hut zu bringen, muss er viel Zeit und Engagenemt investieren.
EsslingenEigentlich hatte er gar nicht vor, in die Kommunalpolitik zu gehen. Doch dann hat ihn der damalige CDU-Stadtrat und heutige Bundestagsabgeordnete Markus Grübel gefragt, ob er nicht Lust hätte, im Gemeinderat zu arbeiten. Allerdings: Kurz zuvor war Jürgen Merz schon von anderer Seite die gleiche Frage gestellt worden, und er entschied sich sowohl für das politische Ehrenamt – als auch für die Freien Wähler. Das liegt nun bald 15 Jahre zurück, und für den selbstständigen Gärtnermeister war es gelegentlich schwierig, gleichzeitig Unternehmer und Stadtrat zu sein. Denn beide Aufgaben fordern viel Zeit und Engagement. Trotzdem möchte er die Zeit im Esslinger Stadtparlament nicht missen und tritt im Mai wieder zur Wahl an.
„Die Leute kennen mich“
Vielen Menschen muss man den Gärtnermeister nicht erst lange vorstellen. Jeden Mittwoch und Samstag in Esslingen und freitags zuerst in Plochingen und dann in Aichwald: Dort baut Jürgen Merz jeweils seinen Stand mit Schnittblumen und Topfpflanzen auf – viele Stammkundinnen und Stammkunden warten schon auf ihn. „Die Leute kennen mich“, sagt der 57-Jährige, was auch für das Amt eines Stadtrats sicherlich kein Nachteil ist. Wenn man von Nachteil überhaupt reden will, dann sind es seine Arbeitszeiten und seine ausgesprochen anspruchsvolle Ware, die keine Wochenenden und keinen Feiertag duldet. Dreimal pro Woche geht es für Merz um vier Uhr morgens auf den Großmarkt. Auf den Märkten in Esslingen und Plochingen ist er schon um fünf Uhr präsent, denn der Stand baut sich nicht alleine auf. Und die Ware, die er in seiner eigenen Gärtnerei hegt und pflegt, verzeiht keinen Wassermangel und will alltäglich umsorgt werden – in den Sommermonaten darf es denn auch nachts um 22 Uhr noch mal ein belebender Nachschlag sein. Und auf dem Friedhof gibt es für Merz dreimal pro Woche ebenfalls genug zu tun. Ohne seine Frau, die immer wieder zupackt, wäre so ein Leben zwischen Politik und Petunien gar nicht möglich. Dafür ist er seiner Simone dankbar.
Mit diesem Programm, das er zusammen mit seinem fünfköpfigen Team bewältigt, sind viele Menschen bereits hinreichend ausgelastet. Zumal ihm auch seine Arbeit bei der freiwilligen Feuerwehr wichtig ist, und das schon seit 40 Jahren. Wenn er im Mai wieder gewählt wird, dann will er bei der Feuerwehr aufhören. Schweren Herzens, denn dort hat er viel gelernt. „Zuverlässigkeit“, nennt Jürgen Merz ein Beispiel. Hinzu kommt eine Grundhaltung, die ihn sowohl bei der Feuerwehr als auch im Gemeinderat beflügelt: „Man will eben immer helfen.“
Anfangs, als frisch gekürter Kommunalpolitiker, hat sich Jürgen Merz zuviel zugemutet. Esslinger Stadtrat, Kreisrat, Mitglied im Bürgerausschuss RSKN und dann auch noch Vorsitzender des Esslinger Wochenmarktvereins. Auch jemand, der „das Schaffen gewohnt“ ist, kann auf Dauer nicht auf jeder Hochzeit eine gute Figur abgeben. Also hat er reduziert, auch weil die Arbeit als Stadtrat anspruchsvoller wird. Um mit einer immer professioneller agierenden Stadtverwaltung mithalten zu können, bedarf es guter Vorbereitung und der laufenden Kommunikation mit den Fraktionskolleginnen und -kollegen.
Aber auch dann läuft es nicht immer so, wie Jürgen Merz das gern hätte. Die zurückliegenden Flächennutzungsplanberatungen sind aus seiner Sicht „ziemlich holperig gelaufen“. Sorgen bereitet ihm die Entwicklung der Innenstadt, weil er die Gefahr sieht, dass sie langsam ausblutet. Deutliche Kritik äußert er, wenn es um die Kommunikation der Verwaltung mit den Bürgerinnen und Bürger geht: „Das muss besser werden, die Verwaltung muss offener sein und die Leute informieren.“ Ganz wichtig sei es, die Menschen in ihrem Gefühl zu bestärken, ernst genommen zu werden.
Woraus Jürgen Merz für sein politisches Amt Kraft schöpft, ist „die Umgangsweise zwischen den Mitgliedern des Gemeinderats“. Die empfindet er als menschlich, was auch seinem Naturell entspricht. Mit Ideologie hat er nichts am Hut. Deshalb fällt es ihm auch nicht schwer, jemanden als Vorbild zu bezeichnen, der einem anderen politischen Lager angehört. Wolfgang Drexler, der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete und amtierende Esslinger Stadtrat, sei so einer. „Ich schätze ihn sehr, er hat viel für seine Stadt erreicht“, sagt Merz.
Auch wenn die vergangenen Jahre in jeder Hinsicht arbeitsreich waren: „Ich würde es auf jeden Fall wieder machen.“ Schon weil damit viele Begegnungen mit Menschen verbunden seien, nennt Merz eine Triebfeder für sein berufliches und ehrenamtliches Engagement. Möglicherweise werden solche Begegnungen während der kommenden Jahren auch im weiteren Umfeld eine Rolle spielen. Denn die Familie hat Zuwachs erhalten: in Form eines Wohnmobils.
In dieser Serie stellt die EZ Gemeinderäte und -rätinnen sowie Kreisräte und -rätinnen aus verschiedenen Gemeinden vor. Sehr junge Ratsmitglieder, sehr erfahrene Räte, Personen mit unterschiedlichsten Erfahrungshorizonten.
Zur Person
Jürgen Merz gehört dem Esslinger Gemeinderat mit Ende der laufenden Legislaturperiode 15 Jahre lang an und stellt sich im Mai zur Wiederwahl für die Freien Wähler. Fünf Jahre lang war er Kreisrat, bis vor sechs Jahren gehörte er dem Bürgerausschuss RSKN an, zudem war er Vorsitzender des Esslinger Wochenmarktvereins. Seit etwa 40 Jahren ist Jürgen Merz Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Esslingen. Im Gemeinderat engagiert er sich im Ausschuss für Technik und Umwelt, im Sportausschuss sowie für die Bereiche Verkehrsbetrieb, Stadtentwässerung und Baubetrieb. Der selbstständige Gärtnermeister Jürgen Merz ist 1962 in Esslingen geboren, dort zur Schule gegangen, er ist verheiratet und hat zwei Kinder.