Die SPD bot zu Beginn ihrer Anhörung eine Führung am möglichen Neubau-Standort in der Küferstraße an und viele kamen. Foto: Kaier - Kaier

In der Diskussion über den künftigen Standort der Esslinger Stadtbücherei favorisiert die Verwaltung einen Neubau zwischen Küferstraße und Kupfergasse. Dorthin hat nun die SPD zum Lokaltermin gebeten.

EsslingenDie Diskussion über die Zukunft der Esslinger Bücherei ruft immer mehr Bürger auf den Plan. Entsprechend groß war der Andrang bei einer Anhörung der SPD: Rund 130 Besucher kamen in die Schickhardthalle – so viele wie zu keiner anderen Anhörung der vergangenen Wochen. Fast noch mehr hat viele zuvor ein Lokaltermin in der Küferstraße bewegt. „Lassen Sie diesen Ort auf sich wirken und überlegen Sie, wie ein Büchereigebäude hier aussehen könnte. Spüren Sie die Enge mit 2,50 Metern Abstand zum Nachbargebäude und denken Sie an das Baurecht und daran, was das für die Menschen heißt“, empfahl SPD-Stadtrat Klaus Hummel den Besuchern, von denen viele erstmals dort waren und wenig Begeisterung erkennen ließen. Anschließend im Alten Rathaus waren die Befürworter einer Modernisierung und Erweiterung des bisherigen Standorts im Bebenhäuser Pfleghof ganz eindeutig in der Mehrheit. „Ein so klares Votum habe ich selten er lebt“, staunte der Landtagsabgeordnete Wolf gang Drexler nach einer Probeabstimmung.

Rückkehroption offenhalten

Klaus Hummel ließ keinen Zweifel, dass nicht nur der von der Verwaltung empfohlene Neubaustandort, sondern auch der von vielen Bürgern geschätzte Bebenhäuser Pfleghof nicht unproblematisch ist. An beiden Standorten gebe es Probleme mit dem Denkmalschutz: „Fragen Sie uns nicht, weshalb die Verwaltung das bis heute nicht mit dem Landesdenkmalamt geklärt hat.“ Die Lage eines Neubaus und seine geringe Präsenz entlang der Küferstraße sowie das schmale Foyer, das dort nur möglich ist, sind für Hummel ebenso fragwürdig wie die Gebäudeform – „zwei lange Schläuche“. Stadträtin Christa Müller fürchtet: „Dort einen städtebaulichen Akzent zu setzen, wird sehr schwierig.“ Und eine Zuhörerin meinte nur: „Gruselig.“ Für die SPD ist klar: „Ein Umzug dorthin lohnt sich für die Bücherei nur, wenn es deutlich mehr Fläche gibt als in der Heugasse.“ Doch mit Blick auf die Vergangenheit des Areals, wo einst das Franziskanerkloster stand, fürchten die Sozialdemokraten, dass sich die mögliche Fläche an der Küferstraße deutlich reduzieren könnte. Deshalb fordern sie: Egal, welche Adresse der Gemeinderat wählt – bis alle Risiken geklärt sind, dürften am anderen Standort keine Tatsachen geschaffen werden, die eine Umkehr verhindern.

Dass die SPD ganz bewusst auf externen Rat verzichtet hatte, betonte Stadtrat Richard Kramartschik: „Niemand kennt die Bücherei besser als ihre Nutzer und Besucher.“ Fraktions-Chef Andreas Koch will „eine Lösung, die zu Esslingen passt“. Er denkt an eine Verbindung von Tradition und Moderne – und an eine Bücherei, die Vorzüge wie Akzeptanz, Aufenthaltsqualität, Atmosphäre und Barrierefreiheit bietet. Gerade die Atmosphäre komme in der bisherigen Diskussion viel zu kurz – ebenso wie die Zukunft des Bebenhäuser Pfleghofs, sollte die Bibliothek ausziehen: „Er muss in öffentlicher Hand bleiben“betonte Koch. „Seine Renovierung kostet weitere Millionen, und die muss man einberechnen.“ Taschenspielertricks zugunsten des Neubaus werde die SPD nicht mitmachen. Das fand bei den Zuhörern viel Beifall. „Wie kann man solch eine weitreichende Entscheidung treffen, ohne diese Frage zu beantworten?“, monierte einer. Dass beim Umbau des Pfleghofs ein Interimsquartier nötig werde, das die Stadt bisher nicht nennen konnte, nimmt Hummel gelassen: „Solange nur der Pfleghof alleine in der Diskussion war, war das auch kein Problem. Da muss uns die Stadt eine Lösung bieten.“ Einige aus dem Publikum rieten, „ sich etwas Zeit zu nehmen und nochmals über den Standort nachzudenken“. Doch da bremst die SPD: „Die Diskussion dauert seit 20 Jahren, ohne dass etwas passiert wäre. Wir können der Bücherei keine weitere Verzögerung zumuten.“ Bis Ende der Woche will sich die SPD für einen Standort entscheiden.

Eineinhalb Stunden lang hatten die Bürger das Wort. Manche fragten nach, viele bekannten sich klar zum Bebenhäuser Pfleghof, einige wenige plädierten für den Neubau. Eine Dame forderte vehement Barrierefreiheit einschließlich der Wege zur künftigen Bücherei. Für Klaus Hummel ist klar, „dass es daran an beiden Standorten keine Abstriche geben darf“. Zwei Anwohnerinnen der Küferstraße warben für den Umzug dorthin und dafür, nicht am Alten festzuhalten, sondern offen zu sein für Neues. Das quittierte eine Zuhörerin im Hinausgehen mit der Bemerkung: „Wenn Sie glücklich verheiratet sind, lassen Sie sich auch nicht scheiden, um mal etwas Neues zu probieren.“ Eine Architektin warb dafür, ihrer Zunft zu vertrauen, die auch an dieser Stelle einen reizvollen und flexiblen Neubau entwerfen könne. Das sei kein Argument, fand ein anderer: „Ein historisches Gebäude mit moderner Nutzung zu verbinden, kann ebenso reizvoll sein.“ Die allermeisten, brachen jedoch eine Lanze für die Modernisierung des Pfleghofs und betonten die einzigartige Atmosphäre, die man in der Küferstraße angesichts der Enge des Baugrunds nie erreichen werde. „Die Bücherei wäre dort nur ein Lückenfüller“, fand eine Dame. „Ich wäre beleidigt, wenn ich als Bibliothek so behandelt werden würde.“