Foto: Literaturarchiv Marbach - Literaturarchiv Marbach

Albert Dulk (1819 bis 1884) war Apotheker und Schriftsteller, Freidenker und Revolutionär, Sozialist, Extremsportler, Abenteurer und ein Freigeist, der sein Leben lebte, wie es ihm gefiel. Das Esslinger Kulturamt und die Württembergische Landesbühne erinnern mit einer Veranstaltungsreihe an Dulk.

EsslingenSeine Biografie liest sich spannender als viele Romane: Albert Dulk (1819 bis 1884) war Apotheker und Schriftsteller, Freidenker und Revolutionär, Sozialist, Extremsportler, Abenteurer und das, was man heute gern einen „Womanizer“ nennt. Doch trotz seines wild bewegten Lebens und seiner vielen Begabungen ist er inzwischen vor allem Kennern ein Begriff. Aus Anlass von Dulks 200. Geburtstag am 17. Juni hat das Esslinger Kulturamt zusammen mit der Württembergischen Landesbühne und dem Autor Ulrich Stolte eine vierteilige Veranstaltungsreihe organisiert, die Facetten von Dulks Leben und literarischem Wirken beleuchten soll. Dass man sich in Esslingen an diesen eigenwilligen Geist erinnert, ist kein Zufall: Am Jägerhaus hatte Dulk 1880 ein Waldhäuschen gemietet, um in den Sommermonaten zurückgezogen zu schreiben. Nach seinem Tod wurde das Dulkhäusle zum Erinnerungsort der Sozialdemokratie, doch mit der Zeit geriet es ins Abseits und verfiel. Erst 2011 wurde das Häuschen von engagierten Handwerkern und Bürgern nach altem Vorbild wieder aufgebaut. Eine dauerhafte Nutzung fand sich bislang nicht.

Esslingens OB Jürgen Zieger sieht in Albert Dulk „eine sehr beeindruckende Persönlichkeit“. Und er hätte nichts dagegen, wenn das Dulkhäusle stärker in den Fokus rücken würde. Doch im Rathaus tut man sich schwer: „Das Dulkhäusle ist nicht so einfach zu bespielen. Es liegt etwas abseits – da muss man leider mit Vandalismus rechnen. Deshalb verbietet es sich, wertvolle Erinnerungsstücke dort dauerhaft auszustellen. Für Veranstaltungen ist es zu klein, es fehlt an der nötigen Infrastruktur, und wegen der Lage direkt an der viel befahrenen Römerstraße wären auch Veranstaltungen im Sommer vor dem Haus kaum möglich, weil es einfach zu laut ist.“ Zieger mag nicht ausschließen, dass sich irgendwann ein praktikables Nutzungskonzept finden lässt. Bis dahin bleibt das Dulkhäusle ein Erinnerungsort – Schautafeln erinnern an Albert Dulk.

Der Journalist und Autor Ulrich Stolte wurde schon als Jugendlicher auf Albert Dulk aufmerksam. Als er das Dulkhäusle entdeckt hat, wollte er mehr über den Namensgeber wissen – seither beschäftigt er sich intensiv mit Leben und Werk von Albert Dulk. „Er war ein Mann voller Talente, die sich leider zum Teil gegenseitig blockierten“, sagt Stolte. Derzeit arbeitet er an einem Romanprojekt mit dem Arbeitstitel „Der unglaubliche Dulk“. Das Buch ist noch in Arbeit – am 13. September gibt Stolte Einblick in sein Werk (siehe unten). „Albert Dulk hätte es im Leben leicht haben können, doch er ist nie den einfachen Weg gegangen“, weiß Stolte. „Deshalb tun sich so viele bis heute schwer mit ihm.“ Das weiß auch der OB: „Gäbe es nicht das Dulkhäusle, wäre er auch in Esslingen noch viel weniger bekannt.“ Umso wichtiger ist Jutta Bogdahn-Klotz, der kommissarischen Leiterin des städtischen Kulturamts, die vierteilige Reihe „Dulk200“: „Es ist uns ein Anliegen, verschiedene Facetten des Menschen, des Revolutionärs, Schriftstellers und Freigeists Albert Dulk zu beleuchten.“ Dass dann auch sein ganz spezielles Verhältnis zu Frauen nicht unerwähnt bleiben wird, liegt auf der Hand.

Für Friedrich Schirmer, den Intendanten der Württembergischen Landesbühne, ist Albert Dulk eine Figur wie Cyrano de Bergerac: „Dulk war gradlinig, mutig, talentiert und ging keiner Rauferei aus dem Weg. Wir können glücklich sein, so jemanden hier zu haben.“ Bereits 1988 hatte die WLB Dulks „Lea“ inszeniert – ein fünfteiliges Drama über den Juden Joseph Süß Oppenheimer nach einer Novelle von Wilhelm Hauff. „Nach 1933 hat sich kein Theater wieder an dieses Werk gewagt“, sagt Schirmer, der gern an die Esslinger Inszenierung zurückdenkt. In der Reihe „Dulk200“ werden Sabine Bräuning und Reinhold Ohngemach, die 1988 auf der Bühne standen, am 9. November an die „Lea“-Inszenierung erinnern. Ihre szenische Lesung findet an diesem geschichtsträchtigen Datum in Zusammenarbeit mit den Freunden jüdischer Kultur statt.

Erkundungen auf den Spuren einer schillernden Persönlichkeit

Ein authentisches Bild einer so facettenreichen Persönlichkeit wie Albert Dulk zu zeichnen, ist nicht leicht. Aus Anlass seines 200. Geburtstags finden bis Jahresende an verschiedenen Orten in Esslingen vier Veranstaltungen statt, die auf unterschiedliche Weise an das Leben und Wirken des Schriftstellers, Revolutionärs, Sozialisten und Freidenkers erinnern.

„Drei über Dulk“ ist eine szenische Lesung überschrieben, die am Freitag, 12. Juli, um 19 Uhr im Bad des Schwimmsportvereins Esslingen (SSVE) auf der Neckarinsel beginnt. Die Schauspielerinnen Schirin Brendel, Regina Lebherz und Barbara von Münchhausen werden zusammen mit Schwimmern des Vereins Werke von Dulk rezitieren. Die Auswahl der Texte hat Sabine Brandes übernommen, die sich während ihrer Zeit im Esslinger Kulturamt intensiv mit Albert Dulk und seinem Wirken beschäftigt hatte. „Sein Leben ist ein Roman“, schrieb die Schriftstellerin Isolde Kurz 1918 über Albert Dulk. Damit umreißt sie, dass seine Biografie nicht nur durch seine Arbeit als Dramatiker, Publizist und Politiker geprägt war, sondern auch durch sein ungebundenes Leben als Womanizer und Extremsportler, als Freigeist und Abenteurer. Jahrzehnte seines Lebens verbrachte er gleich mit drei Frauen: Johanna Dulk, Pauline Butter und Else Bussler liebten ihn und lebten – teilweise zu dritt – mit ihm zusammen, hatten Kinder von ihm und teilten den Alltag mit ihm. Dieser Aspekt seines Leben ist Ausgangspunkt der Veranstaltung im Vereinsbad des SSVE: Was wäre, wenn Hannchen, Ini und Else an einem sonnigen Nachmittag zusammen im Schwimmbad wären? Wenn sie sich an den Geliebten erinnern, der als erster Schwimmer den Bodensee durchquerte, sich Alberts „Selbstverfassten Lebenslauf“ gegenseitig vorlesen und eine kleine Zeitreise in sein Werk unternehmen würden?

Mit weiblichem Blick erkunden die drei Schauspielerinnen Dulks Vita und sein Werk, sie lesen Auszüge aus Dramen, Reden, Gedichten und Briefen. Und ab und zu kommt ein junger Schwimmer vorbei. Der Eintritt kostet fünf Euro, Vereinsmitglieder des SSVE sind kostenlos dabei.

„Der unglaubliche Dulk“ist ein Romanprojekt von Ulrich Stolte, das der Autor am Freitag, 13. September, ab 20 Uhr im Schauspielhaus der WLB vorstellt.

„Der Apfelstrudel fällt nicht weit vom Königsberger Klops“ heißt das Motto einer literarischen Wanderung mit Gerhard Polacek zum Dulkhäusle. Treffpunkt ist am Sonntag, 20. Oktober, um 10 Uhr beim Amtsgericht in der Ritterstraße.

„Lea“ ist ein Drama in fünf Akten, das Albert Dulk 1848 veröffentlicht hatte. Inspiriert durch eine Novelle von Wilhelm Hauff, erzählt Dulk auf seine eigene Weise die Geschichte des Juden Joseph Süß Oppenheimer. Schauspieler der WLB werden dieses Werk in einer szenischen Lesung am Samstag, 9. November, im Schauspielhaus der WLB vorstellen.