Miniaturbäder aus verschiedenen Zeiten und in ganz unterschiedlichen Ausführungen sind im Ebersbacher Museum zu sehen. Foto: /Katja Eisenhardt

Bis zum 5. März zeigt das Stadtmuseum Ebersbach (Kreis Göppingen) die Ausstellung „In meiner Badewanne bin ich Kapitän“ mit Miniaturbädern des Eislinger Sammlers Roland Schmitt – ein heißer Tipp für kalte Tage.

Von Blech über Holz bis Kunststoff, von neutralen Weiß- und Beige- über Pastelltöne bis hin zu ganz knalligen Farben, von einer rein zweckmäßigen Einrichtung bis hin zu dekorativen Ansprüchen: Über drei Stockwerke verteilt erwartet die Besucher des Stadtmuseums „Alte Post“ in Ebersbach (Kreis Göppingen) eine besondere Ausstellung. Rund 100 ganz unterschiedlich gestaltete Miniaturbadezimmer aus verschiedenen Jahrzehnten zwischen den Anfängen des 20. Jahrhunderts bis heute bieten einen spannenden Einblick in den Wandel von Hygienestandards und optischen Trends in Badezimmern im Laufe der Zeit.

Zur Verfügung gestellt hat die Ausstellungsstücke der Eislinger Sammler Roland Schmitt, selbst viele Jahre als Kunsterzieher und Gymnasiallehrer für Kunst tätig und mit der Bäderhistorie – sowohl jener des realen Lebens als auch jener der Miniaturausgaben – bestens vertraut. Schmitt stieß in den 1970er-Jahren während seines Studiums der Kunstgeschichte in Stuttgart auf eine Fotografie des Werks „Fountain“ des französischen Objektkünstlers Marcel Duchamp aus dem Jahr 1917, ein handelsübliches um 90 Grad gekipptes Urinal, das zweckentfremdet wurde.

Verschiedenste Formen und Kuriose Ausführungen

Seither fasziniere ihn der Themenblock rund um WCs, Bäder, Sanitär und die Stadtentwässerung im Allgemeinen. Seine Sammlung von Miniaturtoiletten in den verschiedensten Formen und teils kuriosen Ausführungen sowie seit etwa 2005 zudem von kompletten Miniaturbädern ist beachtlich. Auf der Suche nach neuen Besonderheiten wird Schmitt vor allem im Internet fündig: „Neben Deutschland findet man die Miniaturbäder vor allem in Frankreich, den USA, Asien und Russland. Ich war selbst überrascht, was es alles gibt.“ Deutschlandweit stellt er eine Auswahl seiner Sammlung immer wieder aus, wie zurzeit noch bis 5. März im Ebersbacher Stadtmuseum.

Die ältesten Blech-Puppenbadezimmer der Ausstellung stammen aus der Zeit um 1910 und sind noch recht spartanisch ausgestattet. „In der Realität gab es bis etwa 1910 zum Beispiel in Ebersbacher Wohnungen und Häusern noch kein fließendes Wasser und daher auch keine Einbaubäder“, erklärt der Museumsleiter Uwe Geiger: „In der wilhelminischen Zeit von 1890 bis 1918 waren Bäder allgemein noch nicht so ausgestattet oder überhaupt vorhanden. Extra Badezimmer hatten höchstens die betuchten Familien, der normale Bürger badete bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts in Holzzubern oder Blechwannen, die zum Beispiel in der Küche standen und mit einem Krug Wasser von Hand befüllt werden mussten.“

Ein „Prachtbad“ des Göppinger Herstellers Märklin

Erst ab den 1920er- und 1930er-Jahren gab es Bäder auch in Neubauten, zum Standard gehörten sie erst ab den 1950er-Jahren, nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Sammler Roland Schmitt, 1952 in Ulm geboren, erinnert sich selbst gut daran, vor der Einrichtung eines richtigen Badezimmers als Kind zunächst noch in der Waschküche gebadet zu haben, „nahe dem Heizraum. Das warme Wasser reichte dann immer für eine Wannenbefüllung.“

Ein Ausstellungsstück, auf das Roland Schmitt besonders stolz ist, ist das „Prachtbad“ des Göppinger Herstellers Märklin, ein aus Blech gefertigtes Miniaturbad aus dem Jahr 1925. „Das ist in der Gestaltung mit richtigen Armaturen und seiner Komplettausstattung mit einer Badewanne, Dusche und Toilette exklusiver. Und sogar dank Wassertanks richtig mit Wasser bespielbar. Solch eine Badausstattung gab es in der Realität zu der Zeit höchstens in Villen“, sagt Schmitt.

Mit dem Kunststoff hielten knallige Farben Einzug

Haushaltseinrichtungen wie die Puppen-Badezimmer aus den 1920er-Jahren waren zu der Zeit ein zentrales Element in der Spielwarenproduktion der 1859 gegründeten Firma Märklin. Heute ist diese vor allem durch ihre Modelleisenbahnen bekannt. Den Wandel in der Technik, etwa für die Warmwasseraufbereitung vom Holzkohleofen bis hin zum Gasdurchlauferhitzer und Boiler, spiegeln die Miniaturbäder ebenso wider wie die Trends in der Farbgestaltung. Während bei den ersten Modellen häufig neutrale Weiß- und Beigetöne als Synonym für die Reinheit dominieren, kamen in den 1940er- und 1950er-Jahren dunklere Kacheln bis hin zu schwarzen Fliesen in Mode. In den 1960er-Jahren wurde es pastellig – Lego, Playmobil und Barbie prägten schließlich in den 1970er und 1980er-Jahren bei den Miniaturbädern die Vorstellungen der Kinder von Sauberkeit und Hygiene. Mit dem Kunststoff hielten dann später auch knallige Farben Einzug.

Die Bäder seien mehr Dokumente des Zeitgeschehens als Spielzeug, sagt Roland Schmitt, „blättert man die heutigen Spielzeugkataloge durch, sind Bäder im Gegensatz zur Zeit nach den Weltkriegen nicht mehr so sehr im Trend. Damals kam dem Bad und seiner Entwicklung eben auch im wahren Leben eine größere Bedeutung zu.“

Von der Poststation zum Heimatmuseum

Serie
Winterzeit ist Drinnenzeit – aber an tristen Tagen muss niemand zu Hause auf dem eigenen Sofa verweilen. Wir haben uns in der Region Stuttgart auf die Suche nach Ausflugstipps und Aktivitäten gemacht, die auch bei Kälte und Schmuddelwetter zum Hinfahren und Mitmachen einladen. Wetten, dass auch für Sie etwas dabei ist?

Nutzung
Im Jahr 1986 erwarb die Stadt Ebersbach das denkmalgeschützte Gebäude in der Martinstraße, um darin ein Heimatmuseum zu errichten. Nach umfangreicher Sanierung konnte das Stadtmuseum „Alte Post“ im Jahr 1996 eröffnet werden. Öffnungszeiten: donnerstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, eine Kontaktaufnahme ist unter Telefon 071 63 /16 11 51 möglich.

Ausstellung
Die Sonderausstellung mit den Miniaturbädern des Sammlers Roland Schmitt (www.miniaturtoiletten.de) ist bis zum 5. März 2023 zu sehen. Unterschiedlichste Badezimmer in Miniaturform geben dabei einen Einblick in die Kulturgeschichte der Hygiene.