Landtagspräsidentin Muhterem Aras (links), OB Frank Nopper (Mitte) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir beim Sommerfestival. Foto: Max Kovalenko/Max Kovalenko

Das Sommerfestival der Kulturen zieht täglich bis zu zehntausend Zuhörer und Besucher an und bestätigt nach der zweijährigen Corona-Pause Grenzen seinen Ruf als eines der schönsten Stuttgarter Feste.

„Bühne frei für Engin“: Als Rolf Graser, der Geschäftsführer vom Forum der Kulturen am Freitag, dem vierten Tag des Sommerfestivals der Kulturen, das Trio Engin mit deutsch-türkischem Indie-Pop als erste Gruppe ankündigte, hatten die Zuhörer auf dem Marktplatz schon fast alle Plätze besetzt. Und gaben sie auch so schnell nicht mehr frei.

Fasziniert und begeistert von Engin Devekiran (Gesang, Gitarre), David Knevels (Bass) und Jonas Stiegler am Schlagzeug, die in Mannheim zuhause, aber von der vibrierenden Metropole Istanbul inspiriert sind. „Sie zeigen, dass türkische Musik ihren festen Platz in der deutschen Musiklandschaft verdient“, hatte Kerem Arpad vom deutsch-türkischen Forum sie vorgestellt. Umso mehr, als sie mit ihren auch auf Deutsch gesungenen Songs eine bewegende emotionale Offenheit zulassen, wenn sie von Einsamkeit, ihren Stärken und Schwächen und vor allem von der Suche nach ihrer Identität singen.

Seit 2001 fester Bestandteil

Diese Verbindung, die Musik über Grenzen hinweg schafft und zum gegenseitigen Verständnis beiträgt, macht nicht nur für Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Bündnis 90/Die Grünen) das Festival der Kulturen „zu einem der schönsten Feste in Stuttgart“. Keines habe sie versäumt, seit es 2001 aus der Taufe gehoben wurde und die ersten beiden Jahre noch im Innenhof des Instituts für Auslandsbeziehung im Alten Waisenhaus stattfand, ehe es den Marktplatz eroberte. Dass sich seither hier im Herzen der Stadt die gesamte Stadtgesellschaft treffe, dass hier wirklich hochkarätige internationale Bands auftreten und Tausende sechs Tage lang friedlich feiern, das sei ein Schatz, der Stuttgarts erfolgreiche Integrationspolitik bestätige.

Als langjährigen Stammgast beim Festival der Kulturen kann sich auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bezeichnen. Einen Rundgang zwischen einem Besuch auf dem Hof des Bauernverbandspräsidenten Joachim Ruckwied bei Heilbronn – „ich durfte mir einen Kindheitstraum erfüllen und Mähdrescher fahren, aber die Trockenheit ist katastrophal“ – einem Einsatz als Koch bei der Volkshochschule und vor der Verabschiedung der Bio.Vélo.Route hat er sich auch in diesem Jahr nach der zweijährigen Corona-Pause nicht nehmen lassen.

Mitbringsel für die Kinder

Mit geduldigem Zuhören zum Beispiel bei Marianne Frank-Mast, die das Festival für mehr Aufmerksamkeit für die von ihr gegründete Schule für Mädchen in Indien nutzt, um Spender wirbt und Spielzeugboote verkauft, die in Indien aus Blech hergestellt werden. Özdemirs Kinder, 12 und 16, dürfen sich über dieses Mitbringsel freuen.

Wie geht es, wie läuft das Geschäft? Auf diese Frage des Ministers kam in allen Imbissständen mit internationalen Spezialitäten ein überzeugendes „sehr gut“.

Der Marktplatz wird zum Club

„Es läuft wunderbar, wir haben jeden Tag acht- bis zehntausend Besucher und Zuhörer auf dem Platz“, schwärmt Pressesprecherin Charlotte Kreuter. Natürlich gebe es Hits unter den Bands, die koreanische Gruppe ADG7 habe am Donnerstag nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch den hübschen Kostümen entzückt, und bei Chico Trujillo, der Band mit Nueva Cumbia Chilena, sei vor allem die lateinamerikanische Community vor Begeisterung kaum mehr zu halten gewesen. Da wird der Marktplatz zum Club.

Nachdem am Freitag auf Benin eine türkische Gruppe mit der Sängerin Nihan Devecioglu und dann Bim, ein Kollektiv beninischer Künstlerinnen folgte, haben am Samstag Ursula Moreno & Antonio Andrade aus Malaga mit Flamenco und mehr (16.30 Uhr), Koz Mostra aus Griechenand (18.30 Uhr) und um 20.45 Uhr Dudu Tassa & Kuwaitis, Jewish-Arabic Cross-Culture mit Iraq’n, ihren Auftritt. Das Finale am Sonntag beginnt schon um 11 Uhr mit Tänzen und Musik der Welt, bis 17 Uhr geboten von den Stuttgarter Migrantenvereinen. Den Ausklang bestreiten um 18 Uhr die Kerekes Band mit Ethno Rock aus Ungarn und um 20.15 Uhr Rumba de Bodas aus Bologna, eine der angesagtesten Bands der italienischen Worldpop-Szene mit einer temperamentvollen Mischung aus Latin, Balkan, Swing, Ska und Reggae.