E-Scooter bevölkern Städte – ein Dekra-Standard soll dazu beitragen, dass diese Fahrgeräte sicher und umweltfreundlich sind. Foto: dpa/Britta Pedersen

Schmutzige Abgase, unsichere Datenverbindungen, Veränderungen der Auto-Software: Dekra erschwert solche Machenschaften und sieht sich durch gesellschaftliche Trends getragen.

Stuttgart - Der Stuttgarter Dekra-Konzern festigt seine Stellung als unangefochtener Weltmarktführer bei Autoprüfungen und inspiziert nun erstmals auch in China Autos, Lastwagen und Busse. Jahr für Jahr will das Unternehmen dort 100 000 Fahrzeuge auf ihre Verkehrssicherheit prüfen, sagte Dekra-Chef Stefan Kölbl in Stuttgart. Damit wird die erste Prüfstation, die das Unternehmen in diesem Jahr dort eröffnete, auf Anhieb auch gleich die größte weltweit werden.

Diese Station soll zugleich auch besonders modern sein: „Da die Fahrzeugprüfung in China arbeitsteilig organisiert und teilautomatisiert ist, können wir dort pro Stunde und Prüfspur etwa 20 Fahrzeuge inspizieren“, erklärt Kölbl. In Deutschland sind es dagegen nur zwei bis drei. Außer bei Autoprüfungen sieht sich Dekra auch insgesamt bei Tests, Prüfungen und der Erteilung von Zertifikaten als weltweit führende nicht börsennotierte Expertenorganisation.

Weltmarktführer mit großem Abstand

Innerhalb von zehn Jahren hat Dekra die Zahl der weltweit geprüften Fahrzeuge von 22 auf 26 Millionen gesteigert und ist damit fast doppelt so groß wie der zweitgrößte Anbieter der Welt, der auf 14 Millionen kommt. Zum Umsatzwachstum des vergangenen Jahres von drei Prozent, das der Konzern zum Jahresende voraussichtlich erreicht haben wird, hat der chinesische Markt weit überproportional beigetragen. Dort stiegen die Erlöse um 18 Prozent – nicht zuletzt deshalb, weil das Unternehmen der Konkurrenz Marktanteile abnehmen konnte.

Nicht nur im riesigen chinesischen Markt ist Dekra ins Prüfgeschäft eingestiegen, sondern auch im Vatikan, wo man in einer eigenen Station exklusiv alle der rund 400 Fahrzeuge prüft. Darunter ist auch das Papamobil auf Basis eines Dacia, auf dem sich Papst Franziskus den Gläubigen zeigt.

Das Wachstum wird von fast allen Geschäftsbereichen getragen und ist weitestgehend durch bessere Geschäfte und nicht etwa durch Zukäufe entstanden. Gäbe es angesichts der flauen Konjunktur, wie sie vor allem in der Autobranche anzutreffen ist, nicht die Krise der Zeitarbeit, wäre das Wachstum noch deutlich stärker ausgefallen. Ohne Berücksichtigung der Zeitarbeit liegt der Umsatz um fünf Prozent über dem des Vorjahres. Die Zahl der Beschäftigten stieg um 500 auf nun 45 800. Zusammen erwirtschafteten sie einem Umsatz von 3,43 Milliarden Euro.

Auch an neuen Trends partizipiert das Unternehmen erheblich – etwa an dem stark wachsenden Markt der E-Scooter, wie sie in immer mehr Städten massenweise zur Verfügung gestellt werden. Hier will das Unternehmen Ordnung in das Chaos bringen und hat als erste Expertenorganisation weltweit einen sogenannten Standard für sichere Mikromobilität aufgestellt. 120 Prüfpunkte sollen dafür sorgen, dass die Anbieter solcher Dienstleistungen sicher und umweltfreundlich arbeiten. Dazu gehören nicht nur Anforderungen an die Fahrgeräte selbst, sondern auch an die Art und Weise, wie sie geladen und transportiert werden. Immer mehr Städte wollen den E-Scooter-Wildwuchs auch dadurch beschneiden, dass sie die Einhaltung von Standards verlangen, wie sie nun das Stuttgarter Unternehmen anbietet. Zugleich hat Dekra vier bundesweit tätigen Anbietern innerhalb eines halben Jahres rund 600 Zeitarbeitnehmer überlassen, mit denen diese ihre Personalinfrastruktur aufbauen.

Umweltschutz und elektronische Sicherheit

Der Dekra-Chef sieht sein Unternehmen mit Blick auf gesellschaftliche Megatrends gut aufgestellt. Denn sowohl das international wachsende Umweltbewusstsein als auch die steigende Bedeutung digital vernetzter Geräte einschließlich der sich immer stärker auf elektronische Assistenzsysteme stützenden Fahrzeuge rufen nach einer überprüften technischen Qualität.

Kölbl bekräftigte seine Forderung nach einem „ungefilterten Zugang zu sicherheits- und umweltrelevanten Fahrzeugdaten“, die er vor einigen Tagen bereits im Interview mit unserer Zeitung erhoben hatte. Er hält es für unerlässlich, dass Autohersteller die Software nicht nachträglich durch Updates verändern können, ohne dass dies einer Prüfung durch neutrale Experten unterliegt. Diese benötigten dafür unbedingt einen Zugang zu den Daten, der nicht über die Rechner der zu überwachenden Autohersteller führt.