Michael Kraus hat nur ein Ziel – den Aufstieg. Foto: Pressefoto Baumann

Nach der Umstellung auf der Spielmacherposition marschiert Handball-Zweitligist SG BBM unaufhaltsam in Richtung Tabellenspitze.

Bietigheim-Bissingen - „Ja, es ist einiges passiert“, sagt Hannes Jon Jonsson und muss schmunzeln. Er spricht vom wundersamen Wandel seiner Mannschaft. Anfang November stand der Handball-Zweitligist SG BBM Bietigheim mit 8:12 Punkten da, hatte acht Zähler Rückstand auf einen Aufstiegsplatz, aber nur ein Zwei-Punkte-Polster auf die Abstiegsränge. Jonsson sagte damals, es sei „dumm und arrogant, jetzt vom Aufstieg zu reden“. Und dann? Dann startete sein Team eine Serie mit 22:2 Punkten nacheinander und ist vor dem Heimspiel am Sonntag (17 Uhr) gegen den VfL Lübeck-Schwartau nur noch wegen der schlechteren Tordifferenz von Aufstiegsrang zwei entfernt. Es ist also einiges passiert bei der SG BBM.

„Es war chaotisch“

Was genau? „Vor allem war es wichtig, die Ruhe zu bewahren“, betont Geschäftsführer Bastian Spahlinger. Doch damit war es nicht getan. Der Trainer sorgte seinerzeit vor der Partie gegen den Spitzenreiter HSC 2000 Coburg für klare Verhältnisse. Er legte sich auf Michael „Mimi“ Kraus als Spielmacher fest. Bis dahin war der Weltmeister von 2007 mal im linken Rückraum aktiv, mal auf der Mitte, Jonas Link genauso. „Es war chaotisch“, so Jonsson. Im Spiel eins nach dem Ende des Wechselspiels gab’s ein 27:23 gegen Coburg – mit weiteren elf Spielen Abstand lässt sich feststellen: Dieser Sieg hat die Blockade gelöst. Plötzlich stand die Abwehr kompakt, es kehrte die Spielfreude zurück und auch die Effizienz im Angriff.

„Es hat einfach seine Zeit gebraucht, bis wir ins Rollen kommen“, sagt Kraus. Bei seiner Analyse für die eindrucksvolle Wende spielt auch der dramatische Abstieg am letzten Bundesliga-Spieltag eine nicht unbedeutende Rolle. „Von einer Sekunde auf die andere hieß es für uns: zweite Liga statt erste Liga, Konstanz statt Kiel. So einen Tiefschlag wegzustecken ist nicht einfach.“ Hinzu kam, dass Kraus seine anfänglichen Verletzungsprobleme besser in den Griff bekam und endlich richtig aufdrehen konnte: „Wenn du in der zweiten Liga nicht immer am Limit spielst, gewinnst du nicht. Es geht mit unglaublich viel Herz und Emotionen zur Sache.“ Längst hat sich der 36-Jährige darauf eingestellt. „Klar bekomme ich einiges auf die Mütze, aber ich steuere das Ganze inzwischen gut, spiele viel mit Auge und habe in Patrick Rentschler und Jonathan Fischer zwei überragende Kreisläufer.“

Torwart-Tausch als Signal

Es läuft also bei der SG BBM. Gelingt die sofortige Rückkehr in die Bundesliga? „Es ist alles offen, auf den ersten sechs Plätzen geht es brutal eng zu“, sagt Jonsson. Der Verein hat Rückenwind und mit der vorzeitigen Verpflichtung von Torwart Aron Edvardsson vom Zweitligisten HSV Hamburg (im Tausch mit Jonas Maier) ein klares Signal gesetzt, dass es in dieser Runde hochgehen soll. „Wir hatten Luft nach oben auf dieser Position. Deshalb war es ein schönes Zeichen des Vereins“, räumt der isländische Coach zufrieden ein.

Sein Vertrag läuft bis 2021. Der Familienvater traut der SG BBM nicht nur den Aufstieg zu, er glaubt auch, dass sich der Verein eine Etage höher etablieren könnte. „Der Abstand zwischen dem ersten Drittel in der zweiten Liga und dem letzten Drittel der ersten Liga ist geringer geworden“, glaubt der 40-Jährige, „wenn wir die finanziellen Möglichkeiten clever nutzen, ist vieles möglich.“ Fest steht, dass Rückraumspieler Paco Barthe vom spanischen Erstligisten Bidasoa Irun zurückkehrt. Offen ist die Zukunft von Kraus. „Er ist 36 und überlegt ganz genau, was er in Zukunft macht“, sagt Jonsson. Der Weltmeister selbst lässt sich nicht in die Karten blicken: „Ich weiß nur eines: Ich will mit der SG BBM den Aufstieg schaffen.“