Gemma Arterton als Barbara Parker in „Funny Woman“ Foto: Sky/Ben Blackall

Willkommen im London der Swinging Sixties! „Funny Woman“ auf Sky macht aus Nick Hornbys Roman „Miss Blackpool“ die Feel-good-Serie der Saison.

Die Schönheitskönigin hat den Blues. An einem kühlen Sommertag des Jahres 1964 steht sie im knappen Badeanzug am Pier eines Badeorts in der britischen Provinz und bekommt eine dieser hässlichen Schärpen umgehängt, mit denen Männer Frauen gerne dekorieren, wenn sie diese wie Hühner bei einer Geflügelzüchter-Leistungsshow für preiswürdig halten. Die Menschen im Publikum gaffen, grinsen oder schütteln den Kopf, und die anderen Teilnehmerinnen des Schönheitswettbewerbs applaudieren mit gequältem Lächeln, als Barbara Parker zur Gewinnerin des „Miss Blackpool“-Wettbewerbs gekürt wird.

Bittersüße Pop-Art-Leistungsschau

Doch genau in diesem Moment wird Barbara klar, wie absurd das ist, was sie da gerade macht, wie unwohl sie sich fühlt, als Ware ausgestellt zu sein wie ein Truthahn im Schaufenster einer Metzgerei. Und das ist dann auch der Moment, in dem sie beschließt, das Küstenkaff, ihre Familie und ihren Verlobten hinter sich zu lassen und den Zug nach London zu nehmen. Sie will nicht die schönste Frau von Blackpool sein, sondern die lustigste Frau Großbritanniens werden.

Geschichte einer Emanzipation

„Funny Woman“ ist die Feel-good-Serie der Saison. Weil sich die Ausstattung, die Kostüme und der Soundtrack wunderbar in den 1960er Jahren austoben und die Serie zu einer Art Pop-Art-Leistungsschau machen, zum Fest aus grellbunten Farben, schrillen Kleidern und Frisuren und zuckersüßen Melodien. Weil mit bittersüßem Humor die Geschichte von Barbara (Gemma Arterton) erzählt wird, die in London zunächst in einem Kaufhaus arbeitet, dann vom Theateragenten Brian (Rupert Everett) entdeckt wird, den Künstlernamen Sophie Straw annimmt und beim ersten Vorsprechen für eine TV-Show alle Beteiligten so grandios zum Lachen bringt, dass sie in Windeseile Karriere macht. „Funny Woman“ illustriert aber auch wunderbar die Geschichte einer Emanzipation, handelt von einer Frau, die sich dagegen wehrt, die Rolle zu akzeptieren, die ihr die Gesellschaft zuweisen will, die ausbricht aus dem Korsett dessen, was sich angeblich für eine Frau gehört und was nicht. Und Platz für eine zart-verschnörkelte Lovestory gibt es auch noch.

„The Marvelous Mrs. Maisel“ und „Funny Woman“

Wer viel Zeit vor dem Fernseher mit Serien verbringt, dürfte bei „Funny Woman“ einige Parallelen zu der Amazon-Prime-Dramedyserie „The Marvelous Mrs. Maisel“ erkennen. Darin beschließt die jüdische Hausfrau Midge Maisel (Rachel Brosnahan) im New York der 1950er Jahre Komikerin zu werden. Ihr wird genauso wie Barbara in „Funny Woman“ die Rolle der Spaßmacherin zunächst nicht zugetraut. Und in beiden Serien will eine von Männern dominierte Unterhaltungsindustrie den Aufstieg von Frauen wie Midge oder Barbara mit allen Mitteln verhindern – damit diese ja nicht die Macht des öffentlichen Verlachens des anderen Geschlechts erhalten.

Gemma Artertons bittersüß-komische Leichtigkeit

Gemeinsam haben die beiden Serien zudem, dass die Hauptdarstellerinnen zuvor nicht durch komische Rollen aufgefallen sind, den Part der Titelheldin aber mit großartigem Witz füllen. Wie Rachel Brosnahan gelingt es auch Gemma Arterton, die 2008 als Strawberry Fields in „James Bond 007: Ein Quantum Trost“ berühmt wurde, die Figur, die sie spielt, mit einer bittersüß-komische Leichtigkeit auszustatten. Menschen, die nicht nur fernsehen, sondern auch Bücher lesen, wissen aber natürlich, dass „Funny Woman“ nicht der Versuch des Bezahlsenders Sky ist, am Erfolg von „The Marvelous Mrs. Maisel“ anzuknüpfen, sondern die Adaption eines Romans von Nick Hornby („High Fidelity“, „Fever Pitch“, „About a Boy“) ist.

„Funny Girl“ wird „Funny Woman“

Auf Deutsch ist der Roman im Jahr 2014 unter dem Namen „Miss Blackpool“ erschienen. Im Original hieß er „Funny Girl“. Dass „Funny Girl“ nun zu „Funny Woman“ wird, könnte damit zu tun haben, dass Sky es in Zeiten von geschlechtssensibler Sprache für unangebracht hält, eine erwachsene Frau (Woman) weiterhin als Mädchen (Girl) zu bezeichnen – eine Entscheidung, die diese Comedyserie noch sympathischer macht.

Funny Woman: Von diesem Freitag an ist die komplette Staffel beim Streamingdienst Wow und über Sky Q im Original und in deutschen Synchronisierung auf Abruf verfügbar.

Filme nach Büchern von Nick Hornby

Ballfieber (1997)
 Colin Firth spielt die Hauptrolle in der Fußball-Romanze.

High Fidelity (2000)
 John Cusack als Plattenladenbesitzer.

About a Boy (2002)
 Hugh Grant freundet sich mit einem Jungen an.

An Education (2009)
 Bei dem Film, der die Geschichte einer Beziehung einer 16-Jährigen zu einem 30-Jährigen erzählt, gibt es keine Romanvorlage. Das Drehbuch stammt aber von Nick Hornby.