Studien zeigen: Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke und des Gebärmutterkörpers zur Krebsfrüherkennung haben keinen Nutzen. Foto: Kate - stock.adobe.com/Kukota Ekaterina

Für einige Untersuchungen und Behandlungen beim Arzt muss extra gezahlt werden. Dabei sind sie teils gar nicht sinnvoll und können sogar schaden – beklagen Gesundheitsexperten. Sie wollen diese untersagen. Welche das sein könnten, zeigt dieser Überblick.

Noch vor der Sprechstunde bei der Frauenärztin holt einen die Mitarbeiterin vom Empfang ein: Ob man denn zusätzlich zur jährlichen Kontrolle nicht noch eine Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke und des Gebärmutterkörpers zur Krebsfrüherkennung wünsche? Das sei zwar eine Selbstzahlerleistung, würde aber als optimierte Vorsorge gerne genutzt. Die Patientin stimmt zu – obwohl sie die Untersuchung selbst bezahlen muss. Doch die Sicherheit, dass alles in Ordnung bei ihr ist, sei ihr das wert, sagt sie.

Ein Trugschluss, wie Gesundheitsexperten beklagen: „Die Untersuchung hat als Früherkennung keinen Nutzen“, heißt es aktuell vom Patientenbeauftragten der Bundesregierung Stefan Schwartze. Er würde diese individuellen Gesundheitsleistungen – kurz IGeL genannt – gerne reglementieren. Und nicht nur diese: „Leistungen, die von den medizinischen Fachgesellschaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen und gehören verboten, auch im Rahmen von IGeL.“ Was Fachärzte dazu sagen und welche Selbstzahlerleistungen ebenfalls kritisch zu sehen sind, zeigt diese Übersicht:

Welche IGeL gibt es?

Der größte Teil der in der Praxis durchgeführten IGeL sind Früherkennungs- oder Vorsorgeuntersuchungen. Manche dieser Untersuchungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen nur in bestimmten Risikofällen oder bei begründetem Krankheitsverdacht. Es gibt auch Leistungen, die auf Wunsch des Patienten erfolgen, ohne dass sie medizinisch notwendig sind – etwa sportmedizinische Untersuchungen oder Reiseimpfungen. Der jüngste IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes Bund (MDB) aus dem Jahr 2023 hat 55 dieser Gesundheitsleistungen bewertet, 53 Leistungen schließen mit „tendenziell negativ“, „negativ“ oder „unklar“ ab. Für den Nutzen gibt es meistens keine ausreichende Evidenz. Lediglich zwei Selbstzahlerleistungen schneiden mit „tendenziell positiv“ ab: nämlich die Akupunktur zur Migräneprophylaxe und die Lichttherapie bei Winterdepression.

Wie beliebt sind IGeL bei Patienten?

Wurden vor einigen Jahren IGeL vor allem an Versicherte ab 50 Jahren verkauft, gibt es inzwischen eine gestiegene Nachfrage insbesondere bei jüngeren Patienten. So gaben 73 Prozent der 20- bis 39-Jährigen an, IGeL zu kennen. Jeder Zweite schätzt dabei die Leistungen als wichtig für den Erhalt der Gesundheit ein – und gibt dafür Geld aus: So werden häufig Pauschal- und Kombiangebote der Praxen genutzt, bei denen mehrere Leistungen zu einem vergünstigten Paketpreis angeboten werden. So gibt es etwa einen Nierencheck, der Blut- und Ultraschalluntersuchungen vergünstigt anbietet. Typisch sind auch zusätzliche Ultraschalluntersuchungen für Schwangere.

Wie sinnvoll sind IGeL bei Post oder Long Covid?

Bisher wurden vom MDB zwei Therapieangebote bewertet, die Symptome wie Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit lindern sollen: die sogenannte H.E.L.P.-Apherese, auch Blutwäsche genannt, und die Hyperbare Sauerstofftherapie. Bei beiden sei der Nutzen unklar, heißt es seitens des IGeL-Monitors. Denn zur Blutwäsche konnten in den medizinischen Datenbanken keine Studien gefunden werden. Zur Hyperbaren Sauerstofftherapie gebe es zwar eine Studie, aus der aber kein Nutzen abgeleitet werden konnte. Daher empfiehlt der MDB, diese Therapien nur im Rahmen von Studien anzubieten. Das entspricht den Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften.

Von welchen IGeL wird abgeraten?

Neben dem Ultraschall zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter wird auch die sogenannte Durchblutungsfördernde Infusionstherapie beim Hörsturz vom IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes Bund als „negativ“ bewertet: Studien haben gezeigt, dass die Patienten nach der Behandlung nicht besser hören als die Kontrollgruppe. Zudem können die eingesetzten Mittel aber Nebenwirkungen haben. Auch gibt es rund 20 weitere Selbstzahlerleistungen, die als tendenziell negativ bewertet werden – etwa die Augenspiegelung mit Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung, EKG zur Früherkennung einer koronaren Herzerkrankung, MRT zur Früherkennung bei Alzheimer oder der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs.

Warum werden schädliche IGeL überhaupt angeboten?

Das kann sich auch Michaela Eikermann, Bereichsleiterin Evidenzbasierte Medizin beim MDB, nicht erklären: „Es ist sehr schwer, einen Zugang zu den Ärztinnen und Ärzten zu erhalten, die ein solches Screening anbieten.“ Ihrer Erfahrung nach werde auch von den Medizinern der Nutzen des Screenings überschätzt und der Schaden für geringer erachtet als er tatsächlich ist. „In ihrer Praxis sehen sie oft, dass das, was sie tun, Erfolg hat. Das ist aber noch lange kein Beweis für den Nutzen einer Methode, sondern nur ein subjektiver Eindruck.“ Auch spiele häufig die Erwartung von Patientinnen eine Rolle, alles im Kampf gegen Krebs getan zu haben und die Annahme, dass Screening die krankheitsspezifische Mortalität senken kann.

Wie verhalten sich Patienten richtig?

„IGeL sind niemals dringend“, warnen sowohl die Verbraucherzentralen als auch der MDB. Daher sollten sich Patienten erst einmal umfassend über die geplante Gesundheitsleistung informieren. Vor allem die Konsequenzen falscher oder unnötiger Befunde – weitere Untersuchungen bis hin zu Operationen – sind nicht zu unterschätzen und können belastend sein. In erster Linie sollte dies über den behandelnden Arzt geschehen, der aufklären sollte, wie groß der zusätzliche Nutzen gegenüber der Kassenleistung ist.