SEK- und BFE-Polizisten beim Vorgehen gegen einen „Reichsbürger“ in Boxberg-Bobstadt. Foto: 7aktuell.de/Hessenauer

Polizeigewerkschaft GdP fordert von Innenminister Thomas Strobl (CDU) nach dem SEK-Einsatz gegen einen „Reichsbürger“ bei Boxberg bessere Ausrüstung für die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten. Der Minister lobt das Vorgehen der Eliteeinheit.

In der Sitzung des Innenausschusses des Landtages war Minister Thomas Strobl (CDU) voll des Lobes für das Spezialeinsatzkommando (SEK) des Landes. Das habe einen tollen Job gemacht, als es in der vergangenen Woche die Wohnung eines „Reichsbürgers“ in Boxberg durchsuchen sollte. Der anfängliche Routineeinsatz entwickelte sich zu einem minutenlangen Feuergefecht zwischen den Polizisten und dem Rechtsextremen.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Land sieht den „vorbildlich absolvierten Einsatz in Boxberg“, hat aber auch entdeckt, dass der Einsatz eine „Fähigkeitslücke bei der Landespolizei ebenso dramatisch wie besorgniserregend offenbart: Wie inzwischen üblich, wurde das SEK auch bei diesem Einsatz durch Kräfte einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) unterstützt. Das gehört inzwischen ebenso zum Alltag dieser spezialisierten Einheit wie frühmorgendliche Durchsuchungen und Razzien, die diese Einheit eigenverantwortlich wahrnimmt.“ Allerdings, so der Vorwurf, sei die Einheit dafür im Gegensatz zu jenen anderer Bundesländer nur ungenügend ausgebildet und -gerüstet.

„Obwohl sich die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) als spezialisierte Zugriffseinheit, als Serviceleister für Kriminal- und Schutzpolizei in Lagen mit erhöhtem Gefährdungsgrad längst vollumfänglich etabliert hat, warten die Angehörigen dieser Einheiten leider bis heute auf eine entsprechende Ausrüstung, die auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist“, kritisiert Gundram Lottmann, Landesvorsitzender der Organisation.

Keine spezielle Ausrüstung für 6-Uhr-Maßnahmen

Im Gegensatz zu den Einheiten nahezu aller anderen Bundesländer seien die sechs baden-württembergischen BFE für sogenannte 6-Uhr-Maßnahmen, also Durchsuchungen im Morgengrauen, jedoch nicht ausgerüstet. „Wir können alle froh sein, dass es in der Vergangenheit nicht zu schweren oder sogar tödlichen Verletzungen gekommen ist.“ Bei der geplanten Durchsuchung hatte der Täter sich annähernde Polizisten des SEK beschossen, einen von ihnen in die Oberschenkel geschossen. Dabei waren auch die die Eliteeinheit unterstützende BFE gefährdet gewesen: Nach Recherchen unserer Zeitung fanden Ermittler selbst in einem in deutlicher Entfernung zum Tatort abgestellten Streifenwagen eines Diensthundeführers einen Einschuss am Frontstoßfänger. Zudem sicherten Kriminalisten Einschüsse an einem anderen Haus.

In der Wohnung des „Reichsbürgers“ entdeckten Polizisten ein umfangreiches Waffenarsenal und Munition, die die Schutzwesten durchschlagen könnte, mit denen die Polizistinnen und Polizisten der BFE ausgestattet sind. Das Innenministerium des Landes, fordert Lottmann vor diesem Hintergrund, müsse „die BFE des Landes nach dem Vorbild von Bundesländern wie Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen ausstatten und ausbilden, damit auch hierzulande die Beamtinnen und Beamten der BFE sicher für Leib und Leben den Bürgerinnen und Bürgern durch die Bewältigung komplexer Lagen dienen können“.

Deshalb möchte GdP-Chef Gundram Lottman die Beamtinnen und Beamten der BFE mit besserer ballistischer Ausrüstung gegen Beschuss gerade mit Gewehren und Munition mit hoher Energie ausgerüstet wissen. Für Einsätze in lebensbedrohlichen Lagen will der Gewerkschafter die BFE-Beamten mit Mitteldistanzwaffen, sprich mit Gewehren, ausstatten. Das gemeinsame Vorgehen von SEK und BFE, bei dem Polizisten einer BFE zuvor durch das SEK genommene Teilabschnitte eines Hauses, einer Schule oder eines Waldes weiter sichern, will er in der sogenannten Funktionssicherung festschreiben. Zudem fordert er eine Erschwerniszulage für die etwa 300 BFEler im Land.

Baden-Württemberg im Bundesgleich hinten

Forderungen, die in Ländern wie Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen längst umgesetzt sind. In der BFE-Fachgruppe der Bund-Länder-Arbeitsgruppe wurden Baden-Württembergs BFE deshalb auch auf den hinteren Plätzen im Bundesvergleich eingeordnet.

Ein Umstand, der Innenminister Strobl in dem für die Vorbereitung des Innenausschusses übersandten Report des Landespolizeipräsidiums verschwiegen wurde. Überhaupt ist das Papier in etlichen Passagen sehr vage, lückenhaft, in politischer Diktion statt Umstände beschreibend formuliert. Es verschweigt Sachverhalte, die zu einer umfassenden politischen Bewertung – erst recht im Parlament – notwendig sind.