Foto: Illumination/Universal Pictures - Illumination/Universal Pictures

Mit seinem Kinderbuch „Der Grinch“ hat der US-Autor Dr. Seuss, der eigentlich Theodor Seuss Geisel hieß, Generationen junger Leser begeistert, und auch im Kino war der zottelige grüne Titelheld schon häufiger zu sehen. Nun bringen Scott Mosier und Yarrow Cheney den Klassiker als Trickfilm wieder auf die Leinwand.

EsslingenWeihnachten ist das Fest der Liebe – und damit ist es finsteren Seelen ein Dorn im Auge. Einer von denen, die jedes Jahr zum frohen Fest ihr Unwesen treiben, ist „Der Grinch“. Den hat sich der amerikanische Kinderbuchautor Dr. Seuss in den 50er-Jahren ausgedacht – seither hat er Generationen von Kindern auf schaurig-schöne Weise fasziniert. Nach einer Trickfilm-Version von 1966 wurde „Der Grinch“ dank Ron Howards Realverfilmung im Jahr 2000 mit Jim Carrey in der Hauptrolle vollends zum Kino-Hit. Nun bringen Scott Mosier und Yarrow Cheney den Kinderbuch-Klassiker erneut in einer animierten Version auf die Leinwand – und sie spielen all die Möglichkeiten aus, die die Trickfilmtechnik heute bietet. Visuell kann sich dieser Weihnachtsfilm sehen lassen – schade nur, dass seine Macher viel Weichzeichner verwendet haben.

Hoch über dem Städtchen Whoville hat sich der Grinch mit seinem Hund Max in eine Höhle zurückgezogen, weil ihm die Vorstellung von strahlenden Kindergesichtern, Harmonie und Festtagsfreuden unterm Tannenbaum gar nicht behagt. Weihnachten ist für ihn der blanke Horror, weil er damit nur schlechte Erinnerungen verbindet. Deshalb würde der grün behaarte, zynische Miesepeter das frohe Fest am liebsten aus dem Kalender streichen. Bislang ist es ihm immer gelungen, sich von Festtagsfreuden fernzuhalten. Doch diesmal hat er all seine Vorräte schon vor Heiligabend ratzeputz weggemacht, und so hat er keine andere Wahl, als hinunter ins Dorf zu stapfen. Was er dort sieht, geht ihm derart auf den Keks, dass er beschließt, Weihnachten zu stehlen. Doch er hat die Rechnung ohne die kleine Cindy-Lou gemacht, die länger wach geblieben ist, weil sie hofft, dem Weihnachtsmann zu begegnen, dem sie endlich mal dafür danken will, dass er so gut zu ihrer heillos überarbeiteten Mutter ist. Und mit ihren herzensguten Absichten kommt Cindy-Lou dem Grinch mächtig in die Quere ...

Dass Chris Meledandri und seine Animationsfilm-Schmiede Illumination Entertainment die Geschichte verfilmt haben, ist kein Zufall – immerhin ist es nicht das erste Werk von Dr. Seuss, dem die Trickfilmer Leben hauchen: Mit „Horton hört ein Hu!“ und „Der Lorax“ haben sie früher schon Bücher aus dem Fundus des Kinderbuchautors auf die Leinwand gebracht. Und dass sie es verstehen, Trickfilme groß rauszubringen, haben die Marketingstrategen von Illumination mit Produktionen wie den „Minions“, „Sing“, „Pets“ oder den Filmen der „Einfach unverbesserlich“-Reihe bereits bewiesen. „Von einem sehr frühen Alter an fühlte ich mich zu Figuren hingezogen, die eine böse Seite an sich hatten“, verrät Meledandri. „Vor allem zu Figuren, denen man gerne dabei zusah, wie sie diese auslebten, am Ende aber trotzdem zu ihrer guten Seite zurückfanden. In vielen Filmen von Illumination Entertainment gibt es eine ganze Reihe wiederkehrender Figuren, die alle etwas Besonderes und einen gewissen Biss haben. ‚Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat’ war prägend für mich,

denn ich wuchs in einem Haushalt auf, in dem es reichlich Bücher von Dr. Seuss gab. Geschichten wie die vom Grinch erzählt man zwar seinen Kindern, aber man hat wegen dieser subversiven, rebellischen Seite der Figur auch selbst Spaß daran. Diese Geschichte wird einfach nie alt. Es gibt da etwas an diesem Humor, das mich sehr begeistert, egal wie oft ich die Geschichte zuvor schon gelesen oder die Figur des Grinchs schon gesehen habe.“

Alte Wunden heilen schwer

Schon deshalb fühlte sich Meledandri den Intentionen des Kinderbuchautors, der eigentlich Theodor Seuss Geisel hieß, verpflichtet: „Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine Figur, die als Kind seelisch verletzt wurde. Da er selbst keine Freude mehr empfinden kann, hat er es sich zur Mission gemacht, auch anderen die Freude zu nehmen. Und obwohl das nicht im ursprünglichen Text enthalten ist, war es meiner Meinung nach eine unterschwellige Absicht Theodor Geisels. Die Manifestation des seelischen Schmerzes ist eine Figur, die sich in die Einsamkeit zurückgezogen und die Gesellschaft um sich herum aufgegeben hat. Man braucht dann eine vollkommen unschuldige und optimistische Figur, um ihn später wieder ins Leben zurückzuführen, sich anderen zu öffnen und wieder an das Gute zu glauben.“

Das ist der Hauptunterschied zu früheren „Grinch“- Verfilmungen: Scott Mosier und Yarrow Cheney schlagen versöhnlichere Töne an als Dr. Seuss im Buch. Seine Kritik an der Kommerzialisierung des Weihnachtsfests ist eher ver-

halten, und auch der zottelige grüne Miesepeter kommt viel sympathischer rüber, als man es bislang gewohnt war. Wo ihn Jim Carrey in der Realverfilmung anfangs als ziemlich fiesen Störenfried zeichnet, dem man bis zu seiner späten Läuterung nur wenig Sympathisches abzugewinnen vermag, ist im neuen „Grinch“ von Anfang an Verständnis für den im Grunde armen Kerl da, den die Umstände seines früheren Lebens zu dem gemacht haben, was er heute ist. Und der bei allem, was er gegen Weihnachten unternimmt, niemals so durch und durch böse und gemein wirkt, wie man ihn bislang kannte.

Die Drehbuchautoren Michael Lesieur und Tommy Swerdlow betonen die humorvolle Seite der Geschichte und lassen die dunkle Seite des Grinch in den Hintergrund treten. Stattdessen schwingt viel mehr Verständnis für einen vom Leben Gebeutelten mit. Dazu passen die Synchronstimmen: Im US-Original leiht Benedikt Cumberbatch der Titelfigur seine Stimme, in der deutschen Version ist es der Komiker Otto Waalkes, und dem kann nun wirklich keiner böse sein. So ist der neue „Grinch“ vor allem ein unterhaltsamer, handwerklich gut gemachter und familientauglicher Weihnachtsfilm, der nicht von ungefähr keinerlei Altersbeschränkung auferlegt bekommen hat.

Die Macher von Trickfilm-Erfolgen wie „Minions“, „Pets“ oder der „Einfach unverbesserlich“-Reihe haben sich mit „Der Grinch“ einen weiteren Kinderbuch-Klassiker vorgenommen, der im Vergleich zu früheren Verfilmungen weichgespült daherkommt. Das macht „Der Grinch“ zu einem harmlosen, aber durchaus unterhaltsamen Weihnachtsfilm für die ganze Familie.