Die Republikaner wollen Donald Trump nicht zur Ordnung rufen. Foto: dpa/Andrew Harnik

Die führenden Republikaner lassen den Ex-Präsidenten seine Angriffe auf die US-Verfassung durchgehen. Nur wenige in der Partei wagen zu widersprechen.

Der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, schweigt ebenso wie der Führer der GOP im Senat, Mitch McConnell. Noch weniger fühlte sich Parteichefin Ronna McDaniel veranlasst, die Äußerungen des Mannes zu kommentieren, der seinen erneuten Anlauf auf das Weiße Haus erklärt hat.

Trump hatte am Wochenende in Großbuchstaben auf seinem hauseigenen Netzwerk „Truth Social“ gepostet: „BEISPIELLOSER BETRUG VERLANGT BEISPIELLOSE ARZNEI.“ Der Ex-Präsident nahm Bezug auf eine Äußerung des neuen Twitter-Eigentümers Elon Musk, der angekündigt hatte, er werde offenlegen, wie der Kurznachrichtendienst vor den Wahlen 2020 die Meinungsfreiheit unterdrückt habe. Tatsächlich fand sich bisher nichts in den internen Dokumenten, was auf die Begünstigung einer Seite im Wahlkampf hindeuten könnte.

Trumps Mantra von den gestohlenen Wahlen

Trump nahm das zum Anlass, seine Lüge von den „gestohlenen Wahlen“ zu wiederholen und die Außerkraftsetzung der US-Verfassung zu verlangen. „Ein massiver Betrug dieser Art und dieses Ausmaßes erlaubt die Aufhebung aller Regeln, Vorschriften und Artikel, auch derjenigen, die in der Verfassung stehen“, heißt es in dem Post. „Unsere großartigen Gründer wollten und würden falsche und betrügerische Wahlen unter keinen Umständen dulden!“

Das Weiße Haus reagierte umgehend auf den beispiellosen Angriff eines Ex-Präsidenten auf die Verfassung. Sprecher Andrew Bates erklärte, Trump habe „ein unantastbares Dokument“ infrage gestellt, „das seit mehr als 200 Jahren garantiert, dass in unserem großen Land Freiheit und Rechtsstaatlichkeit herrschen.“

Klare Worte fand auch der künftige Führer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries. Die Äußerungen Trumps seien „außerordentlich“ und stünden für die Identitätskrise der Republikaner. „Das war eine merkwürdige und extreme Äußerung“, sagte Jeffries im US-Fernsehen. Die Republikaner müssten sich entscheiden, ob sie sich von ihm lossagen und zu einer Form von Vernunft zurückkehren wollten „oder den Pfad des Extremismus beschreiten“. Damit nahm Jeffries indirekt auch Bezug auf ein Abendessen Trumps mit dem weißen Nationalisten Nick Fuentes und dem Rapper Kanye West, die beide zuletzt durch antisemitische Äußerungen aufgefallen waren.

Die Kritik kommt nur aus der zweiten reihe

Deutlich wurden bei den Republikanern nur Politiker aus der zweiten Reihe oder solche, die wegen ihrer Trump-kritischen Haltung ihre Mandate und Funktionen in der Partei eingebüßt hatten. Die Co-Vorsitzende des Untersuchungskomitees zum 6. Januar Liz Cheney, die im neuen Kongress nicht mehr vertreten sein wird, nannte Trump einen „Feind der Verfassung“. Ihr Kollege Adam Kinzinger, der auf seinen Wahlkreis in Illinois verzichtete bezeichnete Trumps Äußerung als „verrückt“.

Unabhängige Experten, wie Laurence Tribe von Harvard Law School, werten Trumps Angriff als verräterisch. „Er sagt das Mitgedachte laut“, meint der Staatsrechtler. Der Ex-Präsident führe sich wie einer auf, der einen Coup anstrebe. „Er will alles aus dem Weg räumen, was im Weg steht, ihn allmächtig zu machen.“