Beim hochverschuldeten Batteriehersteller aus Ellwangen regieren mittlerweile die Banken mit. Der nächste Manager wird ausgewechselt, Beschäftigte bangen um ihre Stellen.
Wenn die Varta AG am nächsten Mittwoch ihre Jahresbilanz für das vergangene Jahr öffentlich machen wird, dürften weitere böse Überraschungen ausbleiben. Was schiefläuft beim Batteriehersteller aus Ellwangen, ist nach mehreren Gewinnwarnungen in den vergangenen Monaten ja längst bekannt. Der Jahresumsatz 2022 werde, hieß es bei Vorstellung der Zahlen nach dem dritten Quartal, wohl auf 805 bis 820 Millionen Euro sinken – von 903 Millionen Euro 2021. Drastischer sind die Gewinnaussichten. Noch 55 bis 60 Millionen Euro seien zu erwarten, prognostizierte das Management zum Jahresende. Gemessen am Vorjahr ist das ein Minus von annähernd 80 Prozent. Offensichtlich ist das viel zu wenig, um weiter in den international umkämpften Markt für Akkus und industrielle Batterien zu investieren – und zugleich Verbindlichkeiten abzubauen. Ende September war die Varta AG mit annähernd 900 Millionen Euro verschuldet. Der Aktienkurs rauschte in den Keller.
Allzu überraschend war es deshalb nicht, als Varta Ende März den früheren Knaus-Tabbert-Manager Marc Hundsdorf zum neuen Finanzvorstand berief. In der Führungsetage ist damit ein Personalkarussell in Gang gekommen. Vergangenen Herbst hatte bereits der langjährige Vorstandssprecher Heribert Schein zur Seite treten müssen, er wurde von Markus Hackstein abgelöst.
Folgenschweres Gutachten von KPMG
Gut möglich, dass der Austausch des Finanzvorstandes mit dem Druck der Kreditbanken zu tun hat – und mit dem Mehrheitsaktionär Michael Tojner. Tojner, der Varta über seine österreichische Holding Montana Tech Components kontrolliert, hat Ende März weitere 2,2 Millionen Aktien im Gesamtwert von 51 Millionen Euro gekauft.
Die Kapitalerhöhung war die dringende Empfehlung von Gutachtern des Beratungsunternehmens KPMG, die im Bankenauftrag geprüft hatten, ob Varta überhaupt noch sanierungsfähig ist. Nun sieht alles danach aus, dass die Kreditinstitute ihre Finanzierung unter angepassten Konditionen bis 31. Dezember 2026 verlängern. Lediglich letzte Bankengremien müssten noch zustimmen, teilte Varta mit.
Die Angst vor dem Personalabbau geht um
Der Gegenpreis allerdings ist hoch. Um zurück in die Erfolgsspur zu kommen, kündigt Vorstandschef Hackstein harte Maßnahmen an. Dazu gehörten „die Neuverhandlung bestehender Lieferkonditionen“, aber auch „Kosteneinsparungen im Personalbereich“. Schon letzten Oktober ist damit angefangen worden, am Standort Nördlingen wurden rund 500 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Ursprünglich war die Maßnahme bis April befristet, jetzt teilt ein Varta-Sprecher mit: „An unserem Standort Nördlingen herrscht weiterhin Kurzarbeit.“
Dem Vernehmen nach mussten zuletzt Leiharbeiter gehen, unter den 4700 Mitarbeitern herrscht Unruhe. Fabian Fink, Gewerkschaftssekretär der IG Metall, sagt: „Die Ankündigung, dass Kosteneinsparungen im Personalbereich unausweichlich seien, hat bei den Kolleginnen und Kollegen Unruhe und Besorgnis ausgelöst.“
Geplatzter Traum von der Gigafabrik
Keine Hoffnung macht derzeit ein geplanter neuer Geschäftsbereich mit Lithium-Ionen-Rundzellen für Luxussportwagen. Eine groß angekündigte „Gigafabrik“ in Nördlingen liegt seit letztem Herbst auf Eis. Außer dem Hersteller Porsche hat sich bis heute offenbar kein E-Autobauer auf Verträge einlassen wollen. „Für einen Aufbau einer solchen Fertigung in diesem Maßstab wären wir auf Partner für die Finanzierung angewiesen“, so der Firmensprecher.
Nun will sich Varta verstärkt dem Stammgeschäft mit Energiespeichersystemen für Haushalte, Konsumentenbatterien und kleinen Lithium-Ionen-Knopfzellen, wie sie in Hörgeräten oder Bluetooth-Kopfhörern zur Anwendung kommen, widmen. Das wird schwierig genug. Bekanntlich war Varta zunächst exklusiver Lieferant für den US-Riesen Apple, der die Knopfzellen aus Ellwangen in seine Airpods einbaute. Doch mit Einführung der zweiten Generation seiner kleinen Kopfhörer vergrößerte Apple seinen Lieferantenkreis, die Schwaben verloren ihre starke Stellung.
Der Ausblick bleibt auch dieses Jahr mau
Mit großen Plänen und Ankündigungen dürfte es damit nichts werden, wenn Varta am Mittwoch neue Zahlen präsentiert und dabei auch einen Ausblick gibt. Ein Umsatz bis Ende 2023, der leicht über dem Vorjahr liegt, hieß es zuletzt, sei schon ein Erfolg.