Ein baden-württembergisches Schulprojekt macht von sich reden: Scora. Es wendet sich gegen Antisemitismus und Rassismus und setzt auf Verständigung und persönliche Kontakte von Schülern aus Deutschland, Israel, Indien und den USA.
Das Lob von Talya Lador-Fresher, der israelischen Generalkonsulin in Süddeutschland, fiel überschwänglich aus. Es gäbe „wunderbare Projekte“ gegen Hass und Ausgrenzung, sagte die Diplomatin jüngst im Gespräch mit unserer Zeitung und verwies auf das Projekt „Scora“. Doch was ist „Scora“? Die fünf Buchstaben stehen für „Schools opposing racism and antisemitism“. Auf Deutsch: Schulen, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus wenden. 2019 wurde das Projekt gestartet.
Ausgangspunkt war ein gemeinsamer deutsch-israelischer Fachtag in Ludwigsburg, bei dem Giora Salz, ein Landrat aus dem Oberen Galliläa, die Schulpräsidentin des Regierungsbezirks Stuttgart, Claudia Rugart, bat: „Lass uns mehr daraus machen!“. Und die machte mehr draus – mit Unterstützung des Kultusministeriums, der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg und zivilgesellschaftlicher Akteuren: nämlich ein ambitioniertes Programm, das sich gegen Hass wendet und zur Verständigung beitragen will. Angesiedelt ist es im Verein für nachhaltige Bildung und Schulentwicklung.
Ein Programm, drei Projekte
Unter der Überschrift „Scora – yes we care!“ vereint das Programm drei unterschiedlich gelagerte Projekte: eines für Schulpartnerschaften (Scora twin), ein Schul-Netzwerk gegen Antisemitismus (Scora net) sowie Jugendbegegnungswochen (Scora meet), wie sie jetzt in Stuttgart unter Beteiligung deutscher, israelischer, indischer und amerikanischer Schülerinnen und Schülern stattgefunden haben. Das Ganze steht unter der Schirmherrschaft von Landtagspräsidentin Muhterem Aras, die betont: „Unser Gemeinwesen lebt von Vielfalt. Diskriminierung darf darin keinen Platz haben.“
Die drei Projekte in Kürze: Scora twin bringt Schulen aus Israel und Baden-Württemberg miteinander in Kontakt. 20 Schulpartnerschaften sind bisher entstanden – auch unter beruflichen Schulen. „Wir wollen an unseren Schulen aktiv daran arbeiten, dass Antisemitismus und Rassismus keinen Platz haben“, sagt Scora-Leiterin Rugart. Sie verfolgt einen mehrdimensionalen Ansatz. Es geht um Erinnern und um das Voneinanderwissen in der Gegenwart. „Das Gedenken der Opfer der Shoa ist Bestandteil unserer Projektarbeit. Ebenso wichtig ist uns, modernes jüdisches Leben in Baden-Württemberg und in Israel kennenzulernen.“ Zudem würden Lehrerinnen und Lehrer befähigt, mit Antisemitismus und Rassismus umzugehen und eine „diversitätsfreundliche Schulkultur“ zu etablieren.
Scora net stellt im weitesten Sinne ein Veranstaltungsformat dar, das bereits mehr als 100 Schulen in Baden-Württemberg erreicht. Angeboten werden Zeitzeugengespräche, Filmvorführungen, Diskussionsrunden, Lesungen, pädagogische Tage oder auch ein virtuelles Formate für Lehrkräfte zum Thema 7. Oktober 2023 und seinen Folgen. Thematisiert wird zudem das moslemisch-jüdische Verhältnis, in dem jugendliche Tandems Schülern von sich berichten. Dahinter steht die Überlegung, dass der direkte persönliche Kontakt das beste Mittel gegen Vorurteile ist.
Bei Scora meet schließlich handelt es sich um das Format einer internationalem Jugendbegegnung, die 2023 erstmals in Heilbronn stattgefunden hat, und nun in Stuttgart – aus Sicherheitsgründen in kleinerem Maßstab als ursprünglich geplant.
Hoffnung auf stetige Förderung durch das Land
Das Programm ist mittlerweile etabliert. Aus Sicht von Claudia Rugart hat sich Scora „sehr dynamisch entwickelt und besitzt ein großes Potenzial im Kampf gegen Antisemitismus“. Die Bekanntheit von Scora und Anfragen aus Schulen nähmen zu, neue Projekte seien in Vorbereitung. Erfreut registrierte Rugart nicht nur das Lob der israelischen Generalkonsulin, sondern auch die Tatsache, dass der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume Scora als „vorbildliches Bildungs- und Begegnungswerk“ würdigte. Dass der Landtag auch in diesem Doppelhaushalt wieder pro Jahr rund 65 000 Euro eingestellt hat, sieht sie als Wertschätzung der Arbeit von Scora an. Ihre Hoffnung ist, dass die Förderung im Haushalt verstetigt und aufgestockt wird, um auch Personal finanzieren zu können kann: „Scora wird von Ehrenamtlichen getragen. Für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit bräuchten wir aber wenigstens zwei Teilzeitkräfte.“