Auf dem Esslinger Marktplatz ist Start der tagesfüllenden Etappe. Für E-Bike-Fahrer sind die Steigungen kein Problem. Wer ohne Motor in die Pedale tritt, kommt dagegen gut ins Schwitzen. Fotos: Gramberg (5) Quelle: Unbekannt

Von Greta Gramberg

Es hört sich verlockend an: „Genau richtig für Genuss-Radler, die Naturerlebnis und Radfahren mit regionalen Spezialitäten verbinden wollen“, schreibt die Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg über den Württemberger Weinradweg. Insgesamt 355 Kilometer lang führt der Weg von Niederstetten im Hohenlohischen bis nach Rottenburg am Neckar. Wer nicht übernachten will, sondern einen Tagesausflug vorhat, kann sich aber auch eine der vorgeschlagenen Etappen aussuchen. Eine führt von Remseck bis nach Esslingen - oder andersrum, wie es beliebt. Die Tour ist laut Webseite 55 Kilometer lang, von mittlerem Schwierigkeitsgrad, dafür gibt es in den Kategorien Erlebnis und Landschaft sechs Sternchen.

Start ist gegen halb zehn morgens am Marktplatz Esslingen. An der Frauenkirche vorbei führt der Weg steil den Berg hoch. Wer kein E-Bike und eine mittlere Kondition hat, schiebt bis es hoch über Esslingen wieder nach unten geht. Über Mettingen, Uhlbach und nach Rotenberg geht das Auf und Ab weiter. Bei der Grabkapelle ist so die erste längere Verschnaufpause nötig - dabei ist erst ein Bruchteil der Strecke geschafft. Im Anschluss führt der Weg wieder ab und auf, an Untertürkheim vorbei auf der Hauptautostraße Richtung Fellbach. Aufgepasst: Hier lässt sich leicht die Abbiegung zurück in die Weinberge verfehlen. Leider ist der Weg nicht immer eindeutig beschildert. Allerdings macht es im Nachhinein betrachtet eh mehr Sinn von Rotenberg aus in den höheren Weinberglagen nach Fellbach zu fahren: Die Steigung ist geringer, es fahren weniger Autos und die Aussicht ist besser.

Ab Fellbach sind die Höhenunterschiede, die man mit dem Fahrrad bergab rollen und wieder erklimmen muss, dann nicht mehr ganz so groß. Statt durch Weinberge führt der Weg nun entlang von Schrebergärten und Feldern. Aber es zeigt sich dennoch, dass die Etappe zu ambitioniert ist, um die vielen Möglichkeiten auf der Wegstrecke wirklich auskosten zu können: Wir haben in Strümpfelbach keine einzige der charmanten Nuss-Bronzestatuen gesehen, für das Steinzeitmuseum in Kleinheppach war keine Zeit und mit unserem Picknick haben wir es nicht mehr aus Korb raus ins Grüne geschafft. Viel Wein lässt sich so auf dem Weinradweg auch nicht kosten - dabei gibt es im Remstal viele gute Winzer. Ohne weitere Pause geht es ab da bis zum Ziel, durch Waiblingen, Fellbach und entlang dem schönen grünen Neckarufer mit breiten Radwegen. Gegen 17.30 Uhr erreiche ich erschöpft den Hechtkopf in Neckarrems - meine Begleiter haben in Stuttgart-Mühlhausen aufgegeben.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Strecke tatsächlich landschaftlich schön ist und es viel zu erleben gibt. Doch wer nicht ausgesprochen sportlich ist, kein E-Bike hat oder einfach auf dem Weg auch mal etwas besichtigen will, sollte diese Etappe lieber in kleinere Etappen unterteilen. Dann ist der Weinradweg auch etwas für Genuss-Radler.

1. Uhlbach ist der erste mögliche Halt auf unserer Strecke. Nach den ersten Auf- und Abstiegen tut eine eine kleine Pause ohnehin gut - der schöne Ortskern mit viel Fachwerk bietet sich da an. Im Weinbaumuseum Stuttgart lässt sich die Zeit beim Verschnaufen vertreiben. Leider war es bei unserer Ankunft noch geschlossen. Es öffnet von Donnerstag bis Samstag ab 14 Uhr, sonntags ab 11 Uhr.

2. Der Weg seit unserem ersten Halt ist zwar kurz - aber er hat es in sich. Nach dem steilen Aufstieg nach Rotenberg, während dem wir die Drahtesel teilweise schieben mussten, genießen wir den Ausblick von der Grabkappelle aus.

3. Die erste längere Pause legen wir in Strümpfelbach ein. Hier kommt auch endlich der Wein zum Radweg: Zahlreiche Winzer bieten auf ihren Gütern Verkostungen an. Wir selbst machen Rast beim Bioland zertifizierten Weingut Idler an der Ortsdurchfahrt. Aber nicht nur zum Schlemmen ist der schöne Weinstädter Teilort einen Besuch wert, es gibt auch was zu sehen. Denn die Künstlerfamilie Nuss hat sich hier ausgetobt: Zwischen Weinreben und Getreidefeldern stehen zahlreiche bronzene und steinerne Skulpturen. Bildhauer Karl Ulrich Nuss zeigt in einem Museum die Familien-Sammlung mit Malereien hochkarätiger Künstler des Südwestens aus dem 19 und 20. Jahrhundert. Geöffnet ist sonntags von 14 bis 17 Uhr. Wer den Künstler selbst treffen mag, kann am dritten und fünften Wochenende im Monat Glück haben.

www.karl-ulrich-nuss.de

4. Eineinhalb Stunden später wird es Zeit für die nächste Pause, in der Gemeinde Korb. Mitten im Ort liegt die Vinothek Weinkorb, sofort erkennbar an ihrer speziellen Fassade im Flechtmuster. Hier werden vor allem Weine der verwandten Güter Singer und Bader ausgeschenkt - und man kann sich einen Picknickkorb vorbestellen. Unsere Wahl fällt auf die vegetarische Variante mit einem frischen Secco, regionalem Hart- und Weichkäse, einem fluffigen Baguette und Obst. Dazu gibt es eine Wanderkarte mit der man sich auf zu den Korber Köpfen machen kann, wo man ebenfalls auf einem Skulpturenpfad wandeln kann, dessen Exponate allerdings jährlich wechseln. Wer auf dem Weg zum Picknick noch Puste und Lust auf Geschichte hat, für den lohnt sich ein Blick ins Steinzeitmuseum im Ortsteil Kleinheppach - eine der bedeutendsten heimatkundlichen Privatsammlungen des Landes.

www.korb.de

www.weinkorb.de

5. Remseck ist Ziel dieser Etappe des Württemberger Weinradweges. Wohlverdient für die, die durchgehalten haben. Am Zusammenfluss von Rems und Neckar lässt sich das Ende des Tages mit Blick auf zwei futuristische Fahrrad- und Fußgängerbrücken auch genießen. Entweder bei einem kühlen Bier auf dem Hechtkopf oder am Neckarstrand.

Tipps und Informationen

Rückreise: Wenige Minuten vom Zielpunkt entfernt liegt die Haltestelle „Neckargröningen“, von wo aus die Stadtbahnlinie U 14 zum Stuttgarter Hauptbahnhof führt. Von dort aus gibt es mehrere öffentliche Verkehrsmittel nach Esslingen.

Karte und GPS-Track gibt es im Internet auf den Seiten der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg unter http://bit.ly/2viCxSN. Es empfiehlt sich, sich gut vorzubereiten, um sich nicht zu verfahren.

Weitere Sehenswürdigkeiten: Der Weinweg Fellbach informiert über Kultur, Historie und Natur des Weinbaus. Auch in der Yburg in Kernen-Stetten ist Kunst von Karl Ulrich Nuss zu sehen. Im Weinstädter Ortsteil Beutelsbach zeugt die Ruine auf dem Kappelberg von der mutmaßlich ersten Stammburg der Württemberger.