Die Deutsche Bahn will dieses Jahr aus den roten Zahlen fahren Foto: dpa/Marijan Murat

Der Staatskonzern hat seine Verluste verringert – auch dank Milliardenhilfen. 2022 rechnet die Bahn mit 130 Millionen Fahrgästen in den ICE und Intercitys.

In Kriegs- und Pandemiezeiten rücken auch auf der Bilanzpressekonferenz des Staatskonzerns wirtschaftliche Ergebnisse an die zweite Stelle. Zumal die Deutsche Bahn AG angesichts der humanitären Katastrophe für die Ukraine „die größte Hilfsaktion“ in der Unternehmensgeschichte gestartet hat, wie Konzernchef Richard Lutz zu Beginn der Videokonferenz betonte. Jeden zweiten Tag fahre derzeit ein Zug mit Hilfsgütern gen Osten, um den Menschen zu helfen. Und mit dem Help-Ukraine-Ticket seien bereits mehr als 200 000 Geflüchtete kostenlos mit Bahnen und Bussen gefahren. Zudem biete der Konzern Arbeitsplätze an.

Die Corona-Zeiten hinterlassen in der DB-Bilanz erneut tiefe Spuren. Alle Sparten außer der Lkw-, Luft- und Seefrachtspedition Schenker und der hoch subventionierten Infrastruktur schreiben hohe Verluste. Allein im Fernverkehr liegt das operative Minus (EBIT) bei 1,79 Milliarden Euro, die Güterbahn DB Cargo fuhr ein weiteres hohes Defizit von 481 Millionen Euro ein. Der Regionalverkehr steckt mit 417 Millionen Euro ebenfalls weiter im Minus. Schenker dagegen verdoppelte dank hoher Frachtpreise in der Pandemie fast den Gewinn auf 1,25 Milliarden Euro und auch die Infrastruktur (Netz, Bahnhöfe, Energie) brachte dank der Abgaben der Nutzer und hoher Zuschüsse ein Plus von 504 Millionen Euro.

DB-Spitze: Prognosen sind mit erheblichen Unsicherheiten belastet

So schaffte es der Konzern, die Gesamtverluste unterm Strich von zuvor 5,7 Milliarden Euro auf noch 900 Millionen Euro zu verringern. Allerdings trugen dazu auch fast 2,2 Milliarden Euro anteilige außerordentliche Erträge bei, die der Bund aus der Steuerkasse als Trassenpreisförderung und Corona-Hilfe für die Branche beisteuerte, wie Finanzvorstand Levin Holle erläuterte.

Lutz und Holle bleiben dennoch optimistisch: 2022 soll der Konzern aus den roten Zahlen fahren und im operativen Geschäft die schwarze Null schaffen. Hier lag das Minus 2021 vor Steuern und Zinsen bei 1,6 Milliarden Euro (EBIT). Der Umsatz soll von 47,3 auf 48 Milliarden Euro zulegen. Die DB-Spitze betont aber, dass die Prognosen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet seien.

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Die Bilanz des Transportriesen bietet ohnehin sehr viel Spielraum zur Gestaltung der Ergebnisse. Vom Ziel, die Fahrgastzahlen bis 2030 zu verdoppeln, ist man seit Corona weiter entfernt denn je. Dieses Jahr rechnet die Bahn mit 130 Millionen Fahrgästen in den ICE und Intercitys – nach 82 Millionen im vergangenen Jahr. 2019 waren fast 151 Millionen Reisende mit den DB-Zügen unterwegs. Dieses Jahr rechnet die Bahn mit 130

Im Regionalverkehr sank die Kundenzahl auf 1,12 Milliarden Mitfahrer. Bis 2030 sollen es 2,5 Milliarden sein. Lutz begrüßt daher politische Hilfsaktionen wie das angekündigte 9-Euro-Ticket für Busse und Bahnen im Nahverkehr.

Angesichts von Nettofinanzschulden von 29,1 Milliarden Euro und einem Schuldenberg von rund 35 Milliarden Euro inklusive Pensionsverpflichtungen steht sowohl ein Verkauf von Schenker als auch der verlustreichen britischen Bus- und Bahntochter Arriva zur Debatte. Auch in der Regierung gibt es dazu aber Meinungsverschiedenheiten. Derzeit gebe es bei Schenker „keine Verkaufsgespräche“, so Holle. Bei Arriva werde der für 2024 geplante Verkaufsprozess vorbereitet.

Bahn baut so viel wie nie zuvor

Trotz Verlusten wird weiter viel in die Schiene investiert und laut Lutz „so viel gebaut wie nie zuvor“. Die Bruttoinvestitionen wuchsen um fast sieben Prozent auf 15,4 Milliarden Euro, ein neuer Rekord. 95 Prozent davon flossen den Angaben zufolge ins Kerngeschäft mit der Schiene, anders als in früheren Jahren, als Busfirmen und Speditionen zugekauft wurden. Selbst steuerte der Konzern davon 6,3 Milliarden Euro bei.

Bei der lange vernachlässigten Infrastruktur gibt es großen Sanierungs- und Ausbaubedarf, die bereitgestellten Milliarden kann die DB teils nicht mehr zeitnah verbauen, weil Planung um Umsetzung viel Zeit benötigen. Das größte Projekt Stuttgart 21 wird derweil immer teurer. Lutz erklärte, man gehe aktuell aber davon aus, dass der erweiterte Kostenrahmen von bis zu 9,8 Milliarden Euro bis zur geplanten Eröffnung Ende 2025 ausreiche. Die Finanzierung der DB-Eigenbeiträge in Milliardenhöhe werde aber „die Verschuldungslinie belasten“.

Kritiker von Stuttgart 21 verweisen auf Probleme beim Brandschutz

Die Kritiker von S 21 verweisen dagegen weiterhin auf große Probleme besonders beim Brandschutz in den 59 km Tunnel und im künftigen Tiefbahnhof, die verharmlost würden. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen dagegen fordert von der Regierung zeitnahe Reformen. „Die DB AG in ihrer jetzigen Verfassung ist nicht zukunftsfähig, mangelnde Effizienz ist nicht pandemiebedingt“, erklärte Geschäftsführer Peter Westenberger.