Blick von der Schelmenklinge in Richtung Schnait. Foto: /Greta Gramberg

Die Schelmenklinge bei Aichelberg ist ein nur noch wenigen geläufiges Naturdenkmal. Die Schlucht mitten im Wald wird immer tiefer.

Die Schelmenklinge? Wer sich in Aichwald umhört, blickt bei diesem Wort oft in fragende Gesichter. Nur die Alteingesessenen kennen den Begriff. Oder zumindest den Ort nach einer Beschreibung. Kein Wunder. Schließlich ist diese Schlucht unterhalb der Kläranlage im Ortsteil Aichelberg heutzutage von oben aus nur schwer zugänglich. Es braucht ein bisschen Mut, festes Schuhwerk – und am besten einen ortskundigen Führer.

Ein solcher ist Werner Stumpp. Der 63-Jährige ist gebürtiger Aichelberger und arbeitet seit 28 Jahren bei den Kläranlagen der Gemeinde Aichwald, die mittlerweile allerdings an den Zweckverband Gruppenklärwerk Wendlingen übergegangen sind. Stumpp läuft sicheren Schrittes am backsteinernen Wasserhäuschen vorbei zu einem alten Betonpodest und blickt hinab in die verwinkelte Schlucht. Die Klinge führt bis in den Weinstadter Ortsteil Schnait, wo es bei Starkregen in den vergangenen Jahren gerne mal zu Überschwemmungen gekommen ist und Naturliebhaber die Schnaiter Wasserfälle bewundern können.

Klinge wird immer größer

Doch am obersten Punkt der Klinge ist an diesem Sommermorgen nicht mal ein Rinnsal zu sehen. „Früher ist hier mehr Wasser gelaufen“, sagt Stumpp. Die Schelmenklinge war wie der ganze Wald für ihn und seine Freunde ein Spielplatz. Heute kommen an diese Stelle eher Hundebesitzer zum Gassigehen.

Wer etwas Wasser sehen will, muss einige hundert Meter unterhalb vom Waldweg aus durchs Dickicht gehen. Die Klinge speist sich aus einigen Quellen in Aichelberg, vor allem aber auch dem gesäuberten Wasser des Klärwerks. Auch wenn hier derzeit kaum ein Wasserlauf zu sehen ist, höhlt es doch den Stein: „Die Schelmenklinge ist heute viel größer und auch gefährlicher als in meiner Kindheit“, sagt Werner Stumpp. Alleine sollte sich besser niemand hier hinunter wagen.

Diese Entwicklung sei nicht ungewöhnlich, weiß Ansgar Voorwold, Leiter des Aichwalder Bau- und Umweltamtes, der sich von Berufs wegen mit der Beschaffenheit des Schurwaldes beschäftigt hat. Durch die sandstein- und tonlastigen Böden sei die Versickerungsleistung der Böden per se geringer als anderswo. Der Boden kann also weniger Regenwasser aufnehmen – und wird ausgewaschen. Klingen wie die unter Aichelberg, die immer größer werden, seien ein Spezifikum dieser Ecke des Schurwaldes, sagt Voorwold. Die zunehmende Trockenheit und häufiger Starkregen der vergangenen Jahre würden diese Entwicklungen zudem forcieren.

Gemeinde war gegen Naturdenkmal

Mittlerweile ist der Teil der Schelmenklinge auf Aichwalder Gemarkung als eines von kreisweit 670 Naturdenkmalen ausgewiesen. Damit steht sie aufgrund ihrer Seltenheit und Eigenart unter Naturschutz. Einst hatte sich die Gemeinde noch dagegen gewehrt. 1994 sprach sie sich nach einem Mehrheitsbeschluss des Gemeinderates in einer Stellungnahme dagegen aus, die Schelmenklinge zum Naturdenkmal zu machen. Man befürchtete damals, die Ableitung der Abwässer der Kläranlage könnte beeinträchtigt werden, wie einem Zeitungsbericht aus dieser Zeit zu entnehmen ist. Die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes entschied dennoch pro Naturdenkmal – und die Kläranlage steht noch immer.

Wer die Schelmenklinge erkunden will, muss nicht den gefährlichen Weg von Aichelberg aus wählen. Wenn es zuvor nicht gerade stark geregnet hat, ist sie von Schnait aus besser zugänglich. Der Einstieg befindet sich etwas oberhalb des Weinstädter Teilortes am sogenannten Eselsweg, auf dem früher die Aichelberger ihr Mehl aus der Mühle im Tal von Eseln nach oben tragen ließen. „Das ist grandios, ich habe es selbst schon mal gemacht“, rät Ansgar Voorwold.