Sie waren am schnellsten: Jana Deufel aus Schwenningen und Jannick Belz aus Gundelsheim-Höchstberg. Foto: Werner Kuhnle

Musik, Tanz, Umzug und Wettkämpfe auf dem Stoppelfeld – den Besuchern des Traditionsfestes wird wie immer viel geboten. Ministerpräsident Kretschmann und Bundesagrarminister Özdemir sagen Schäfern Unterstützung der Politik zu.

Die festliche Stimmung vibriert schon am frühen Samstagvormittag durch die Stadt: Um den Marktplatz vor dem Markgröninger Rathaus gruppieren sich zu den Klängen des Posaunenchors immer mehr Menschen, nicht wenige in Trachten und historischen Gewändern.

Erwartet wird Landrat Dietmar Allgaier. Als Nachfolger der Markgröninger Vögte holt man ihn symbolisch oberhalb des Schlosses ab und geleitet ihn mit der Kutsche auf die Bühne vor dem Rathaus. Neben dieser steht die Zunftlade bereit – eine verzierte Holztruhe mit Eisenbeschlägen, auf der ein Schaf thront. Sie ist neben der Zunftfahne eine der Insignien, die am Tag des Markgröninger Schäferlaufs feierlich an die Schäfer übergeben werden.

Ausflug in die Vergangenheit

Die Moderatoren Christiane Liebing und Günther Mertz erläutern abwechselnd die Geschichte der Schäfer und des Festtags. Merzt thematisiert gleich zu Beginn warum die Hauptakteure – die Schafe – heuer fehlen: Wegen der Blauzungenkrankheit musste schon das Leistungshüten am Freitag ausfallen. Nicht zum ersten Mal wie Mertz erläutert. Die beiden Weltkriege, Corona und im vergangenen Jahr ein Unwetter hatten das Hüten ebenfalls verhindert.

Mit der Zunftfahne entführt Christiane Liebing in die Vergangenheit, sie war einst ein Einwilligungssymbol der Obrigkeit und erlaubte den Schäfern das Tanzen. Überliefert sei das ausschweifende Verhalten der Schäfer am Tag des Schäferlaufs, wobei der Schäfertanz nur Mitgliedern der Zunft erlaubt gewesen sei. Da es früher keine Sozialversicherung gegeben habe, sei die Zunft eine wichtige Absicherung für die Schäferfamilien gewesen.

Bunte Röcke. . . Foto: Werner Kuhnle

Zurück im Heute hebt Bürgermeister Jens Hübner in seiner Rede hervor, wie schnell und flexibel die Stadtverwaltung auf das abgesagte Leistungshüten reagiert und gemeinsam mit den Vereinen ein Alternativprogramm auf die Beine gestellt hat.

Landrat Dietmar Allgaier bringt der Tradition folgend ein Gedicht mit auf den Marktplatz und reklamiert in seinen Versen, für das hervorragende Wetter verantwortlich zu sein. Allgaier, seit wenigen Wochen auch Präsident des VfB Stuttgart, reimt außerdem darüber, mit dem Club Deutscher Meister zu werden. Eine Aussicht, die die Umstehenden selbstredend mit Applaus honorieren.

Auch für den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der dem Fest an diesem Samstag zusammen mit seiner Frau Gerlinde und Bundesagrarminister Cem Özdemir einen Besuch abstattet, hat er eine Zeile parat: „Wir werden dem Winfried heute zeigen, was er dann niemals vergisst / Nämlich: dass der Markgröninger Schäferlauf etwas ganz Besonderes im Ländle ist.“

Angeführt von Stadtkapelle und Spielmannszug setzt sich schließlich der Festumzug auf dem Marktplatz in Bewegung. Die Festkutschen mit der Prominenz folgen. Ihnen schließen sich Blumenkinder, Wasserträgerinnen, Tanz- und Trachtengruppen, Musikvereine, Festwagen und Reiter an.

Die Besucher verteilen sich über die historische Altstadt, in der die Marktbeschicker an etwa 140 Ständen ihre Waren anbieten: Man findet Haushaltskram, Seifen, Schmuck, Gewürze, Kleider, aber auch viele Produkte und Erzeugnisse vom Schaf.

Der Verein für Schäfereigeschichte informiert über neuere Forschungen, etwa zur Wanderschäferei. Im Schlosshof und der Turnhalle des örtlichen Gymnasiums bieten Händler und Händlerinnen Kunsthandwerk an. Gegessen wird an zahlreichen Ständen oder Lauben, in denen auch die Markgröninger Vereine bewirten.

Unterstützung für Schäfer

Am frühen Nachmittag ziehen die Besucher meist in kleinen Gruppen Richtung Stoppelfeld dem Höhepunkt des Festtages entgegen. Dort kommt auch der Festzug an. Ein Auszug aus dem Festspiel „Vom treuen Bartel“ erzählt zunächst die Sage vom Ursprung des Schäferlaufs. Dann messen sich Markgröninger Kinder und Jugendliche unter lautem Anfeuern des Publikums im Sackhüpfen und Wassertragen.

Anschließend haben die Ehrengäste das Wort. Der Beruf des Schäfers sei kein leichter und alles andere als romantisch, konstatiert der Landesvater: „Die Beweidung durch Schafe trägt aber wesentlich dazu bei, dass die Heiden nicht verbuschen, die Artenvielfalt gestärkt und bewahrt wird und hilft, die für unser Land typischen, schönen Landschaften zu erhalten.“ Kretschmann sichert den Schäfern Unterstützung bei den Impfungen gegen die Blauzungenkrankheit zu.

Özdemir erzählt, dass er sich als kleiner Junge sehnsüchtig gewünscht habe, einmal beim Schäferlauf in Bad Urach mitlaufen zu dürfen. Erfüllt habe sich dieser Herzenswunsch aber erst vergangenes Jahr bei der 300-Jahr-Feier des Festes. Außerdem äußert sich der Grünen-Spitzenpolitiker zum Thema Wolf. Wenn man über Schäferei spreche, könne man dazu nicht schweigen: „Die Schäfer und Schäferinnen erwarten zu Recht konkrete Hilfe, wenn es Probleme gibt. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe zu organisieren, dass Schafe, Ziegen, Kälber sicher auf der Weide stehen.“ Wenn es konkrete Probleme mit konkreten Wölfen gebe, dann seien Abschüsse notwendig. „Wir dürfen da nicht ewig Zeit verlieren. Deswegen war es ein richtiger Schritt, dass wir die Regeln zur Wolfsentnahme endlich gelockert haben, wir müssen jetzt aber über weitere Schritte reden und den Schutzstatus des Wolfes auf europäischer Ebene anpassen.“

Auch Sackhüpfen ist eine Wettkampf-Disziplin. Foto: Werner Kuhnle

Nach dem traditionellen Hahnentanz geht es schließlich zum Wettlauf um die Krone: Zuerst rennen acht Schäferstöchter und Schäferinnen barfuß übers Stoppelfeld um die Wette. Dann treten die männlichen Kandidaten an. Gewinner sind die 14-jährige Jana Deufel aus Schwenningen und der 16-jährige Jannick Belz aus Gundelsheim-Höchstberg. Markgröningen hat ein neues Schäferkönigspaar – bis zum Schäferlauf im nächsten Jahr.

Besuch beim Schäferlauf in Markgröningen

Plaketten
Um das historische Fest und den Markgröninger Schafhaltungsfonds zu finanzieren, werden Festplaketten für vier Euro verkauft. Nur mit diesen ist ein Besuch auch am heutigen Sonntag, 25. August, von 10 bis 17 Uhr möglich. Im Plakettenpreis ist auch der Eintritt auf das Stoppelfeld am Sonntag enthalten – solange Plätze frei sind.

Montag
Besucher können auch am Montag, 26. August, nach Markgröningen kommen. Der Vergnügungspark öffnet um 14 Uhr, der Krämermarkt um 16 Uhr.