Steht für Erfolg: Christian Streich führte den SC Freiburg fast in die Champions League. Foto: dpa/Tom Weller

Der SC Freiburg steht erstmals im DFB-Pokal-Finale - und vor dem größten Spiel seiner Vereinsgeschichte. Kapitän Günter ist für Trainer Streich ein „Sinnbild“ des badischen Erfolgswegs. Auf dem hat sich der Club weiterentwickelt und ist sich dennoch treu geblieben.

Christian Streich geht regelrecht das Herz auf, wenn er über seinen Kapitän spricht. Die Karriere, die Christian Günter hingelegt hat, sei wie „ein kleines Märchen“, sagt der Trainer des SC Freiburg. Und „ein Sinnbild“ für den Weg der Südbadener. Am Samstag (20.00 Uhr/ARD und Sky) treffen sie im DFB-Pokal-Finale auf RB Leipzig. Es ist das bislang größte Fußballspiel in der Vereinsgeschichte der Freiburger. Und das größte für Streich. Und für Günter. Den Cup der A-Junioren haben sie beide schon gewonnen, 2011 sogar gemeinsam. Nun könnten aus den kleinen Pokalhelden von einst ganz große werden.

Als Günter 17 Jahre alt und er selbst noch Nachwuchscoach beim Sport-Club war, habe er nicht gewusst, ob das Abwehrtalent es später mal in die erste Liga schafft, sagt Streich. Inzwischen ist Günter 269-facher Bundesliga-Profi und sechsmaliger Nationalspieler. Dass es der Linksverteidiger so weit gebracht hat, habe „viel mit seinem Willen und seiner Einstellung zu tun gehabt“, so der Trainer. Der Junge aus dem Schwarzwald, der sich durch Freiburgs Talentschmiede bis ganz nach oben kämpft - ein Fest für jeden Fußball-Romantiker.

„Breisgau-Brasilianer“ verzaubern Fußball-Deutschland

Neben Günter haben auch Nicolas Höfler und Jonathan Schmid unter Streich schon den DFB-Pokal der A-Junioren gewonnen. Am Samstag kehrt das Trio mit seinem langjährigen Coach und Förderer nach Berlin zurück - um eine schon jetzt überragende Saison, in der sich die Freiburger als Liga-Sechster zum fünften Mal für den Europapokal qualifizierten, womöglich noch zu krönen. Günter ist mittlerweile 29, der zentrale Mittelfeldmann Höfler 32 und Außenbahnspieler Schmid 31 Jahre alt. Dass er in dieser Konstellation und dem gleichen Verein nun erneut ein großes Endspiel mit ihnen bestreitet, sei „etwas ganz Besonderes“ und „völlig außergewöhnlich“, findet Streich. Und ganz bestimmt „kein Zufall, dass es in Freiburg so stattfindet“.

Freiburg - zumindest hier ist für viele die mitunter so überhitzte Fußball-Welt noch in Ordnung. Die Badener stehen für Bodenständigkeit und Bescheidenheit, auf gewisse Weise scheint sie jeder sympathisch zu finden. Streich ist dank klarer Meinung, breiten Dialekts und temperamentvoller Auftritte an der Seitenlinie längst zu einer Kultfigur geworden. Auch Ex-Coach Volker Finke war so eine. Unter ihm stürmten die Freiburger in den 1990ern in die Bundesliga und wurden für ihr Kurzpassspiel als „Breisgau-Brasilianer“ gefeiert.

Seither ärgerten sie die Großen trotz finanziell vergleichsweise überschaubaren Mitteln in schöner Regelmäßigkeit. Und auch, wenn sie zwischendurch mal wieder abstiegen, blieben die Freiburger sich und ihren Trainern treu. Sportvorstand Jochen Saier und Sportdirektor Klemens Hartenbach arbeiten seit Anfang der 2000er für den Verein, Streich stieg schon 1995 im Jugendbereich ein und übernahm in der Winterpause der Saison 2011/2012 als Chefcoach die Profis.

Der Schlüssel zum Erfolg

„Ich kann dem Club nur wünschen, dass dieses Trio in der sportlichen Führung ihm noch lange erhalten bleibt“, sagt Finke, der den SC von 1991 bis 2007 trainierte. „Diese Kontinuität und dass sich Christian, Klemens und Jochen schon so viele Jahre und gegenseitig so gut kennen, ist der Schlüssel zum Erfolg“, findet der 74-Jährige.

Mit dem neuen Europa-Park Stadion kam diese Saison noch eine weitere vielversprechende Komponente dazu. „Es ist quasi ein Symbol der neuen Stufe, die der Club erklommen hat“, sagt Finke. Die neue Arena bringt auch neue finanzielle Möglichkeiten mit sich. Der für seine gute Jugendarbeit bekannte SC wird zwar ein Aus- und Weiterbildungsverein bleiben, da sind sich die Verantwortlichen einig. Er hat sich wirtschaftlich aber weiterentwickelt und „ein Stück weit eine andere Flughöhe erreicht“, wie es Finanzvorstand Oliver Leki formuliert.

Wurden den Freiburgern früher nach einer guten Saison sämtliche Leistungsträger weggekauft, geht diesen Sommer womöglich nur einer: Nico Schlotterbeck. Der Jung-Nationalspieler wechselt zu Borussia Dortmund, wird aber durch einen anderen Nationalspieler ersetzt. Eigengewächs und Rückkehrer Matthias Ginter soll die Lücke schließen, die vor nicht allzu langer Zeit vermutlich noch ein Perspektivspieler hätte stopfen müssen. Einer wie Günter. Oder Höfler. Oder Schmid. Als sie noch am Anfang ihrer Erfolgsstory standen, die wie das moderne Freiburger Fußball-Märchen am Samstag in Berlin den vorläufigen Höhepunkt erreichen könnte.